Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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367. An August von Goethe

den 26ten Augst 1805

Lieber Augst!

Vermuthlich hast du geglaubt dein Stammbbuch machte die Reiße um die Welt – und ist doch nur aus einer Straße in die andre hin und her marschirt – allein die Leute wollen in ein Buch darinen solche große Nahmen stehn, sich nicht prostituiren und auch was prächtiges sagen – warten von Tag zu Tag auf Inspirationen geths so ists gut – geths nicht; so machen sie es so gut sie können – das mag die Ursach des verzögers seyn – Ergötze dich an den allerley Einfällen und Gedancken – Moritz Bethmanns seines hat mir sehr gefallen – und die Handschrift ist prächtig. Ließel danckt Tausenmahl vor Herrmann und Dorothea – das war ein großer Jubel!!! Vermuthlich ist das Blatt von Frau Stock verlegt worden – hirbey kommt ein anders – Bitte doch den Vater daß Er Ihr etwas zum Andencken drauf schreibe – sage Ihm wie viele Freundschaft das gantze Hauß dir erzeigt hat – das wird ein Sporn mehr seyn Ihr diese Freude zu machen. Freund Tesche wird wohl in seinem Leben keine Antwort über sein Lustspiel erhalten – wahrscheinlich hat Er selber Verzicht drauf gethann – denn Er fragt kein Wort mehr. Montags den 1 ten September ißt Karl wieder mit mir nach der alten Gewohnheit und nach alter Art und Weiße. Was macht Ihr denn alle zusammen? seyd Ihr wohl? was macht der Vater, wie ist Ihm der Aufenthalt in Halle bekommen? gebt einmahl Kunde und Nachricht davon – Habt Ihr denn auch solches Regenwetter – bey uns ists alle Tage Regen – Wind – Sturm u. s. w. die Leute die in Gärten wohnen finden dißmahl ihr Conto nicht. Ein junger Mensch 16 Jahr alt Conrad Wenner von hir gebürtig und von angesehnenen Eltern die Handels Leute sind – hat einen unwiederstehligen Trib Schauspieler zu werden – alle Vorstellungen dagegen helfen nichts – ich werde ein schlechter Kaufmann – aber ein großer Schauspieler das fühle ich – nun haben die Eltern nachgeben – nun ist die Frage, wo soll Er sein Probestück machen? in Franckfurth geths aus sehr begreiflichen Ursachen nicht wohl an – Mann hätte also Lust Ihn nach Weimar zu schicken und dort zu erproben – ob sein Gefühl Wahrheit oder Narrheit sey – will nun dein Vater erlauben – daß Er komme und Ihm einige kleine Rollen zur probe geben; so wird die Nerwandschaft es mit Danck erkennen – denn betrügt sich der Junge Mensch – so kan Er erst 16 Jahr alt noch zeitig genung ein anders Geschäfte anfangen – es verstehts sich von selbst daß Er umsonst seine proben ablegt – noch eins! Ich bin im Nahmen des jungen Menschen irre geworden Er heiß mit dem Zunahmen Friederich – seine Mutter ist eine gebohrne Wennern. Heut über acht Tage geht die Meße an – Garnerin wird auf der Pfingweide in die Höhe steigen – da Er in der gantzen Welt herum zieht; so kommt Er gewiß auch nach Weimar – ich werde |:da ich vor 20 Jahren den Blanchart nicht gesehen habe:| in einen gelegenen Garten gehn – außer diesem weiß ich dieße Meße nichts besonders – eine erstaunliche Hütte wird zwar auf dem Paradeplatz aufgebaut – sind aber weiter nichts als Springer – Seiltäntzer – dieses Hals brechende Mettje kan ich aber nicht ausstehn – ich werde demnach bey meinem Schauspiel bleiben. Herr Unzelmann hat hir ohne Beyfall 3 Rollen gespilt – und das gantze Publicum wünschte Ihm eine glückliche Reiße – zu seinem Unglück sahen wir in der nehmlichen Zeit den großen Cursächsischen Schauspieler Ochsenheimer – den sogar Ifland mühe haben würde herunter zu spielen. Da hast du Lieber Äugst einen Langen Brief – Alle Freunde und bekantten grüßen dich – besonders diejenige die ist und bleibt

deine treue Großmutter Goethe

N. S. An Vater und Mutter Tausend Grüße.


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