Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

351. An Goethe.

den 30ten November 1804

Lieber Sohn!

Dein Lieber Brief hat mir doppelte Freude gemacht – erstlich wegen des guten Inhalts – Eures allerseitigen wohlseyns und der geschwinden rückantwort wegen des Heiligen Christ, da denn jetzt alles mit Zeit und Muße auf das beste besorgt werden kan. Zweytens daß der gantze Brief von deiner eigenen Hand war daraus ich ersahe, daß du noch wie ehemahls so schön schreibst, daß es vor mich eine Lust war diesen Lieben Brief anzuschauen. Wenn du ein Exemplar von Cellini übrig hast; so schicke es mir – es soll mich sehr freuen.

Herr Thesche ist ein unglückseliger papa – Iffland hat den armen wicht entweder verlohren – oder verbrand denn Er läugnet grade weg es empfangen zu haben – weiß weder Tittel noch sonst was. Nun ist zu befürchten daß es in Weimar eben so zugeht – Ach! erbarme dich doch – und laß den armen Menschen nicht in Verzweiflung fallen – glaube aber ja nicht daß was du mir sonst schuld gabst – noch jetzt meine Mode ist |: nehmlich wie du mir besonders beym Doctor Jung seiner Hirtenschleuder schuld gabst – ich ersparte den Leuten eine Ohrfeige – damit sie ein Loch in Kopf bekämen :| Nein das thue ich nicht mehr so viel und starck – freylich gantz und gar ist dieser guthmüthig fehler nicht aus getilgt – ja es kommt noch zu weilen der fall – daß ich wie der Pater Brey die Wand glatt mache um mein Gesicht – oder meinen Steiß drauf zu mahlen – Ich dencke nun so: gantz schlecht ist nicht leicht etwas – da hebe ich denn das gute heraus und sage Baal Semen, das mögen sie dann vor Balsam nehmen – Jetzt genung und aber genung und zu was anderm. Ich gratulire Euch von Hertzen zu der Vortreflichen Erbprintzeß – es wäre aber ein Wunder wens anders wäre – was ist die Mutter – was der Kayser – was sind das vor herrliche Menschen! Gott seegne Sie!! Das Christkindlein soll zu rechter Zeit erscheinen – den Confect sollen die Spitz buben dißmahl ungefreßen laßen – die Schachtel wird Ambalirt – was mich am meisten geärgert hat waren die Pomerantzen Schaalen, die ich vor meine Liebe Tochter selbst ausgesucht hatte – und die der schwere wegen oben lagen – und also am ersten in ihre Diebs finger fielen – aber wie gesagt – dißmahl solls anders werden. Lieber Sohn! Wenn also ein päckgen in Wachstuch eingenäth erscheint; so mache es allein auf – damit vorher die Herrlichkeit nicht eclat wird. Daß die Castanien Euch behagen freut mich, ja das wahr ein herrliches Jahr! Lebe wohl! Grüße deine Lieben hertzlich und freundlich von

Eurer allen Mutter u großmutter Goethe.

N. S. Zu befehlen habe ich weiter nichts, als wenn dir etwas gutes und schönes zu leßen vorkommt – an mich zu dencken – Den Neujahrs Tag wird Tell von Schiller bey uns aufgeführt. Da denckt Abens um 6 uhr an mich – die Leute um und neben mir sollen sich nicht unterstehen die Naßen zu putzen – das mögen Sie zu Hauße thun.


 << zurück weiter >>