Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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253. An Goethe.

den 4ten December 1796.

Lieber Sohn!

Hir kommt ein gantz Musterhaftes stück Warndörfer Tuch vor den Lieben Augst zu Hembten – Gott laße Ihn dieselben gesund verwachsen und zerreißen – die Infanteri und Cavaleri nebst dem Zuckerwerck erscheint wie es Sitte ist in der Christ woche. Herr Schmidt läßt sich dir bestens empfehlen – du solst keine Sorge wegen des noch nicht angekommenden Kasten haben – er schaffte ihn gewiß herbey. Den ersten theil der Revolution in England von Albrecht habe durch deine Güte erhalten – wenn der 2 theil erscheint; so erbitte mir ihn ebenfals. Der 4te Band von Willhelm Meister wird mit einer Begirde nicht gelesen – sondern verschlungen – Willmer sagt: so hätte er in seinem Leben nichts geleßen, daß ihn so im innerstern bewegt hätte – genung eins reißts dem andern aus der Hand – mich hat es auserordendtlich ergötzt – jetzt fange ich an es vom Anfang zu behertzigen – den den Faden kan man ohnmöglich im Gedächnüß behalten – alles freut sich auf die Fortsetzung. Von meinem Thun und Lassen ist übrigens nicht viel zu erzählen – als daß ich Gott sey danck wohl und vergnügt bin – Meine gute Freunde und Bekandte sind alle wieder hir – Sophie Bethmann ist nun in aller Form Frau von Schwartzkopf u. s. w. Ich bin Ihre ausgewählte Freundin – und die Vertraute vom gantzen Hauß – Eße oft in Gesellschaft von Mama la Roche daselbst – genung ich ammusire mich so gut es gehen will – die alte Montags Gesellschaft ist auch wieder im gang – ins Commedien-spiel wird auch gegangen – zu Hauß bin ich sehr fleisig – stricke – Klöpple Spitzen – besorge meine kleine Geschäffte – Eße – trincke – Schlaffe – das ist so ohngefähr mein |: beynahe Schlaraffen :| Leben. Lebe wohl! Grüße dein gantzes Hauß – und behalte Lieb

deine
treue Mutter
Goethe.


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