Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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301. An Goethe.

Den 12ten October 1800

Lieber Sohn!

Hir kommen in 2 Kistger 12 Pfund Croneburger Castanien – da sie immer mit dem Wein gleichen schritt halten; gibts sehr wenige und ich war froh durch Gernings Freund den Pfarrer in Croneburg diese zu erhalten – verzehre sie mit den Lieben die bey dir sind, gesund und frohen Muthes. Meine Liebe Tochter hat mir ein hertzliches liebes Briefgen geschrieben davor dancke Ihr – ich freue mich jederzeit etwas von Ihr zu leßen – denn Sie ist wie der Polo[n]ius im Hamlet immer die Überbringerin guter Nachrichten – daher erbreche ich auch jedesmahl Ihre Briefe mit Vergnügen – und nun der gute Augst was hat mir der wieder vor ein dickes dickes Buch geschickt!! Ich bewundre seine Geschicklichkeit, das was er schreibt so anschaulich darzustellen – es hat mich recht sehr gefreut – Küße und dancke Ihm in meinem Nahmen – und ein Glück ists, daß Er keinen so langen Gegenbrief von der Großmutter verlangt – das verbitterte mir die Freude – denn Schreiben ist meine Sache gantz und gar nicht – aber der gute Junge nimbt mit dem Danck vorliebt – das weiß ich.

Vor die Modejournahle – Mercure – Janus – dancke gar sehr – diß macht mich und meine Freunde immer froh und vergnügt – wenn kommt aber einmahl wieder etwas vom Journahl der Romane heraus? da vergeßt mich nicht – den Pauline das ist gar schön – und hat mir und meinen Freunden sehr behagt. Georg Jacobi ist hir zum besuch bey seiner alten Freundin der Syndicus Schlosser – Sein Weib |:es ist sonderbahr:| gleicht auserordentlich der Lotte Kästnern – um dieser Gleichheit willen ersucht Sie ja Sie bittet dich in den Musen Allmanach auf das Jahr 1802 etwas von deinem Geistesausfluß an Ihren Mann zu überschicken – Sie bate mich um mein Vorwort welches ich denn hirmit bestens gethan haben will.

Die Meße war äusterst mittelmäßig – und unser Theater hat wegen der gar zu vielen Schnurpfeiereyen auch gelitten – besonders hat der Hanßwurst vielen Schaden verursacht – es war Thon hinzugehen es ist warlich schwer so etwas zu begreifen – zum Spaß schicke ich dir einige Zettel – und über so gantz entsetzlich plattes Zeug – Islands – Kotzebue – und andre gute Stücke zu vernachläßigen – um den Hanßwurst – der keine Ader von einem rechten Hanßwurst hatte – i hab sein Kragen sei Knopf het i a sei Kopf!!! nein es ist zu Toll! Wir winden und drehen uns noch immer um die Contipution derer 800 000 Lieber zu entgehen – es werden alle Seegel angespant – ob geht werden wir bald erfahren – außer dem Geld geben, führen sie sich sehr brav auf jedermann ist mit ihnen zu frieden – müßen eben alles wies kommt mit Gedult abwarten. Lache nicht daß ich dir 2 Kistgen schicke ich hatte keins wo sie alle hinein gegangen wären – und doch wolt ich auch nichts zurück behalten – du kanst doch eine Ganß mehr füllen – zumahl da die Dinger heuer so rahr sind. Lebe wohl! Grüße deine Lieben von

deiner treuen Mutter Goethe.


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