Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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337. An Goethe.

d. 24ten Juni 1803

Die große Freude die mir am Sontag den 19ten Juni zu theil geworden ist, würde ich mich Sünde fürchten dir zu verschweigen also vernim was sich zugetragen hat. Der König und die Königin von Preußen waren am Willhelmsbaad – die Königin äußerte daß Sie die Räthin Goethe sehen und sprechen müßte – und daß demnach Anstalten getrofen werden mögten mich hinzubringen – die gräffin von Leiningen ließe mir den Befehl von Ihro Majestätt demnach zu wißen thun, und kamen um 2 uhr Mittags mich in einem schönen Wagen bespant mit 4 raschen Pferden abzuholen. 4&frac12; uhr waren wir im Willhelms Baad – ich wurde in ein schönes Zimer geführt da erschien die Königin wie die Sonne unter den Sternen – freute Sich hertzlich mich zu sehen presentirte mich an Dero 3 Schwestern die Herzogin von Hillburghaußen – Erbprintzses von Turn und Taxis – Fürstin von Solms – letztere und die Königin erinnertten Sich noch mit vieler Freude der Zeiten der Krönungen, meines Haußes u.d.g. Da ich so recht zum Jubel gestimt war wer kam da dazu?? Unser Hertzog von Weimar! Gott!!! welche Freude vor mich – O! wie viel liebes und gutes hat Er von dir gesagt – ich dancke Ihm mit gerührtem Hertzen vor die Gnade die Er dir in der letzen fatalen Kranckheit erwißen – Er sagte |: auch sehr gerührt :| daß hat Er auch an mir gethan – schon 30 Jahre gehen wir miteinander und tragen miteinander. Ich war so aufgespant daß ich hätte lachen und weinen zu gleicher Zeit mögen – in dieser Stimmung ließe mich die Königin in ein anders Zimmer rufen – da kam auch der König – die Königin ging an einen Schranck und brachte ein kostbahres goldenes Halsgeschmeide und nun erstaune!!! Befestigte es um meinen Hals mit Ihren eigenen Händen – biß zu Thränen gerührt – konte ich nur schlecht dancken. In diesem kostbahren Schmuck kam ich wieder in Zimmer wo unser vortreflicher Hertzog und die 3 Schwestern der Königin waren – die dann große Freude ob meiner prächtigen Verwandlung bezeigten. Alles zu erschöpfen was an diesem vor mich so gloreichen Tag geschah ist ohnmöglich – genug, ich kam Abens um 10 uhr vergnügt und Seelig im goldenen Brunnen an.

Auszug eines Briefes aus Weimar.

Wir haben einen innigen hohen genuß gehabt Goethes Eugenia ward gegeben – Ein hohes tiefgedachtes tiefempfundenes Stück an Inhalt wie an Kunst. Goethes gantz würdig, Sein bester Genius war mit Ihm. Der Inhalt ist gantz politisch – das Menschliche im Kampf – oder villmehr durchflochten mit den Verhältnüßen des Lebens – das ewige Schauspiel der Welt! Und diß alles in der Einfachsten edelsten Sprache – in den schönsten Jamben. Er will das gantze in 3 Abtheilungen geben. Ach! es wird noch sehr tragisch kommen – es ist hochtragisch angelegt uns innig ansprechend wahr. Unsere Seele ist davon erfült und bewegt. Freuen Sie Sich mit uns über diß reine ästhetische Kunstwerck. Herder.

Von rechtwegen solte dieser Brief jetzt zugesiegelt werden und die darinn befindlichen Herrlichkeiten nicht mit Unedlen Dingen und schlechten Menschen befleckt werden auch würde ich es nicht gethan haben, wenn nicht zu gleicher Zeit eine gratulation von mir erfolte – daß das Reibeißen die Müllern nicht nach Weimar geht, und Euch die Ohren voll kreißt – alles ist hir unzufrieden daß wir sie behalten – der Mann ist ein braver Violonist – aber seine Frau wird nirgends Glück machen – genug von dem Volck. Meiner Lieben Tochter dancke hertzlich vor die überschicke Mercure und Modejournahle – auch hatte Sie die Güte zu versprechen die fehlende Mercure vom Jahr 1802 mir mit Zeit und Muße zu übersenden – die fehlenden No. sind No. 5. No. 11. No. 12. Den Lieben Augst grüße ich von Hertzens grund – deßgleichen meine Liebe Tochter – und bin und bleibe

Euer aller
treue Mutter u Großmutter
Goethe.

N. S. Alles grüßt dich besonders Christian Schlosser der anfängt sich recht wohl zu befinden.


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