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Der Pilger

Er schritt am Morgen aus. Der Tag noch fahl,
Die ersten Dämpfe stiegen aus dem Tal,
Und in dem Gras der frische Tau erglänzte.
Der Hauch der Nacht wie grüner Samt umkränzte
Die Felsen rings. Er fühlte Kraft und Mut,
Der Bergeshöh' zu trotzen und der Flut,
Auf seiner Fahrt Hunger und Durst zu tragen,
Und keinen Weiser mocht er lange fragen,
Geht's auf die rechte oder linke Seite.

Er sprach zu sich: Ich hoffe, glaube, schreite,
Ich will ans Ziel und mich erschreckt kein Mühen!
Dies kaum gesagt, fühlt er die Sonne glühen,
Fühlt, wie der Schweiß auf seiner Stirne schwelle,
Und nirgends eine Hütte oder Quelle.
Er sagte sich: Mußt in Geduld dich schicken.
Eh' du es denkst, wird Regen dich erquicken,
Und zwischen Bäumen grüßend findest du
Die Hütte, die dich lädt zur Abendruh!

Und weiter ging er, und des Mittags Brand
Ward immer heißer; wo er schritt, das Land
War weit und wüst, vereinsamt und verlassen.
Gen Westen nur, da lagen Wolkenmassen,
Die Kuppeln und Moscheen zu gleichen schienen –
Fern liegen sie – allein er muß zu ihnen,
Muß sie erreichen, wenn nicht heut, so morgen.

Inzwischen hat die Sonne sich verborgen
Im Wüstensande, wo der Schakal nächtigt.
Nun hat Verzagen seiner sich bemächtigt.
Er sieht um sich – ein Demant ist der Himmel,
An dem der Sterne blitzendes Gewimmel
Hell steht und kühl ... er fühlt den Hauch, den kalten,
Kalt, wie der Herrscher unbegriffnes Walten,
Drückt in den Sand die Lippen: »Was kann ich
Und stumm der Nacht und Gott empfahl er sich.


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