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Die Kastanie blüht

Sieh, rot und weiß blüht die Kastanie wieder,
Ins Fenster blickt der düfteschwere Flieder,
Die Erde wiegt im Licht sich wie im Traume,
Der alte Kopf erblüht dem Apfelbaume.

Du Dichter stehst in all dem Zauber drinnen
Und trägst im Haupt das alte trübe Sinnen,
Die Sphinx beginnt sich wiederum zu regen
Und streckt zum Streit die Klaue dir entgegen.

Denn einem Schicksal seh ich dich erliegen:
Der Vogel wird mit Lust durch Zweige fliegen,
Blüten der Baum, die Welle Silber tragen –
Du gehst vorüber und wirst immer fragen.

Die alte Wand, gekommen lang ins Wanken,
Bedeckt des Pfirsichs Zweig mit Blütenranken,
Die Kirschen reifen und die Bienen jagen –
Du gehst vorüber und wirst immer fragen.

Cyanen blinken und die Ähren sinken,
Im Buchenstamm verschlungne Namen winken,
Die Astern streut der Wind umher mit Klagen –
Du gehst vorüber und wirst immer fragen.

Du fragst umsonst und singen mußt du immer,
Die Wunden decken mit der Blüten Schimmer,
Und ward dir Wahrheit an den dunklen Borden,
O Ironie! dann bist du stumm geworden! – –

Der grause Abgrund! Daß ich ihn verhülle,
Bringt Rosen, Nelken und Jasmin in Fülle,
Des Herzens und der Erde Blüten, alle –
Was liegt an mir? – Daß weich die Menschheit walle!


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