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Die Heranbildung der Jugend

Berlin, 2.10.1924

Ansprache zur Hauptversammlung der Neuphilologen.

Haben Sie, Herr Professor Brandl, besten Dank für Ihre freundlichen Worte. Die Einladung zum heutigen Abend war mir Pflicht, der ich um so freudiger folgte, als ich damit meine große Achtung vor Ihrer hohen beruflichen Tätigkeit zum Ausdruck bringen konnte. In Ihren Händen liegt das Schicksal unserer Jugend. Die Heranbildung der Jugend ist eine der wichtigsten Aufgaben des Staates, sie ist entscheidend für die Gestaltung unseres kulturellen und staatlichen Lebens. Wenn unsere Maßnahmen nicht immer Ihren berechtigten Wünschen gerecht werden können, so bitte ich Sie, die großen Schwierigkeiten in Betracht zu ziehen, mit denen wir unausgesetzt zu kämpfen haben. Kein Land hat wohl jemals unter solch entsetzlich schwierigen Verhältnissen um sein Dasein ringen müssen wie Deutschland in den hinter uns liegenden Jahren; auch in den künftigen Jahren wird der Existenzkampf unseres Volkes sehr hart sein. Wenn dabei die Pflege unserer kulturellen Aufgaben nicht immer zu ihrem Rechte kommt, so ist es bedauerlich, aber begreiflich. Niemand leidet mehr darunter als wir, die an verantwortlicher Stelle stehen. Seien Sie aber versichert, daß die Reichsregierung und ich Ihren hohen kulturellen Aufgaben stets lebhaftes Interesse und besondere Sorgfalt zuwenden werden. Gewiß, draußen im Lande hat man nicht immer genügend Einblick in unsere schwierige Lage, und wenn deshalb mancher seinen Verdruß an der Regierung ausläßt und mehr oder weniger kräftig schimpft, so stehen auch wir dem nicht ganz verständnislos gegenüber. Um so mehr haben wir es begrüßt, mit Ihnen, den Vertretern unserer Schulmänner im Reich, gelegentlich Ihrer Berliner Tagungen in persönliche Fühlung zu kommen und mit Ihnen ungezwungen einige Stunden über das, was uns alle so sehr bewegt, das Schicksal unseres Vaterlandes, sprechen zu können. Wenn Sie sich dabei überzeugt haben sollten, daß wir nicht ganz so schlimm sind, wie manche meinen, dann sind diese Stunden für uns besonders erfreulich gewesen. Mit der Einladung wollte ich aber auch Dank und Anerkennung für die großen Dienste, die Sie dem Staate leisten, zum Ausdruck bringen. Nehmen Sie die Überzeugung mit nach Hause, daß die Reichsregierung und ich stets ihr Bestes für Freiheit und Wohlergehen des Vaterlandes einsetzen werden.


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