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Die wirtschaftliche Verbundenheit aller Völker gegen die Jagd nach Geld und Besitz!

Rede. Hamburg, 17.8.1922

In dem Gedanken der deutschen Einheit, in der unsere Volksgemeinschaft fest umfassenden Idee des Deutschen Reiches allein liegen die Wurzeln nicht nur unserer kulturellen Bedeutung, sondern auch unserer wirtschaftlichen Kraft und die Möglichkeit ihrer freien Entfaltung. Diese Einheit des Reiches heute und auch künftig soll keine starre und gleichmachende Zentralisierung bedeuten, sie soll beruhen auf untrennbarer Zusammengehörigkeit der deutschen Stämme in ihrer vielgestaltigen Eigenart, auf verständnisvoller Zusammenarbeit der Länder miteinander und mit dem Reich. Beseelt von diesem Geiste, hat uns die Treue zum Reichsgedanken den Weg aus dem Chaos gezeigt, das der Krieg kulturell und wirtschaftlich zurückließ, hat sie uns die Kraftquelle gelassen, die Deutschland wieder befähigen wird, seinen Anteil zu leisten an den Friedens- und Kulturaufgaben der Völker.

Hier in Hamburg, wo der Puls des Weltverkehrs fühlbarer ist als irgendwo in Deutschland, wird man verstehen, daß ich trotz all dem, was wir in den letzten Jahren erleben mußten, die Hoffnung hege, das Gesetz der wirtschaftlichen Verbundenheit aller Völker der Erde werde nicht zulassen, daß einem großen Volke sein Recht auf Dasein und Leben abgesprochen wird; die wirtschaftliche Verknüpfung aller Glieder der Welt kann und darf es nicht dulden, daß ein Staat, der von seinen Volksgenossen das Höchstmaß der Leistungen fordert, auf ein Mindestmaß wirtschaftlicher, politischer und persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung herabgedrückt wird.

Die Veranstaltung Ihrer Übersee-Woche beweist, daß Hamburg an seine großen Überlieferungen anknüpft, daß sich die Männer seines Senats und seiner Bürgerschaft, seine Kaufleute und seine Arbeiter zusammengefunden haben, um der Welt erneut kundzutun, daß wir bereit sind, mit solchen Empfindungen am schweren Werke der Gestaltung einer neuen Weltwirtschaft mitzuarbeiten.

Gern gedenke ich an dieser Stätte auch der Auslandsdeutschen, dieser kräftigen Pioniere und Mittler deutscher Arbeit, die durch Krieg und Kriegsfolgen besonders schwer getroffen worden sind. Und doch sind gerade sie unermüdlich aufs neue wieder am Werke, abgerissene Fäden wieder aufzunehmen und neue zu knüpfen. Daß diese unsere Volksgenossen wieder Herr werden mögen über alle Schwierigkeiten, die sie auf ihren Wegen finden, ist mein herzlicher Wunsch; möge aber auch jeder Deutsche, der jetzt im Auslande wirkt, die Verpflichtung gegen sein Volk fühlen, durch seine Handlungen Zeugnis davon abzulegen, daß man Deutschland verleumdet, wenn man ihm das Recht auf Vertrauen bestreitet. Mögen alle Deutschen im Auslande erkennen, daß es ihre vornehmste Pflicht ist, durch Wort und Handeln in diesem Sinne ihrer schwergeprüften Nation zu dienen.

Wir sind, wie Sie, Herr Bürgermeister, ausführten, ein Volk, das in harter Not um eine bessere Zukunft ringt, ein Volk, das nach den Entbehrungen des Krieges die beispiellose Teuerung der Gegenwart kaum noch ertragen kann. An unserem Teil ist es, durch feste Ordnung unseres staatlichen Lebens und durch rastlose Arbeit die wirtschaftlichen Grundlagen zu schaffen, auf denen sich ein glücklicheres Deutschland aufbauen läßt. Ob der Bau selbst gelingen wird, hängt nicht allein von uns ab. Wohl aber können wir sagen, der Bau muß gelingen, wenn draußen in der Welt über Haß und Gewalt endlich Menschlichkeit und Vernunft siegen. Unsere eigenen Volksgenossen aber müssen erkennen, daß weder die Jagd nach Geld und Besitz, noch der harte Kampf um ungewisses tägliches Brot Erfüllung unseres Lebens heißt, sondern die Arbeit daran, daß alle Lebenden in Frieden und Gerechtigkeit das reiche Gut der mütterlichen Erde nutzen und verwalten.

Das trutzige alte Hamburg, das seine staatliche Unabhängigkeit im Kampfe der Jahrhunderte treu bewahrte, hat in der neuen Zeit nichts von seiner inneren Kraft, nichts von seinem Wagemut und nichts von seiner freien Würde verloren. Deutschland freut sich seines Geistes und erwidert herzlich die Liebe, die ihm Hamburg entgegenbringt. Es wäre eine Schuld, die die Geschichte unerbittlich aufrechnen würde, wenn nicht alles geschähe, was nötig ist, um Hamburgs Entwicklung so sicherzustellen, daß es seine großen Aufgaben in aller Zukunft erfüllen kann. Hamburg, das sich als Bollwerk hanseatischen Geistes durch die Jahrhunderte hindurch als freie Stadt erhalten hat, kann erwarten, daß es als deutsches Land nicht nur nach dem Umfange seines Territoriums oder der Zahl seiner Einwohner, sondern nach seiner Bedeutung für deutschen Handel, deutsche Schiffahrt und deutsche Arbeit gewertet werde als eines der wichtigsten Glieder des Reiches.


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