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Erinnerung an die Bremer Anfangsjahre

Rede. Bremen, 3.9.1922

Sie, Herr Bürgermeister, haben der langen Jahre gedacht, die ich als Mitbürger und Mitglied der Bürgerschaft der Freien Hansestadt Bremen unter Ihnen gelebt habe, und ich kann Ihnen darauf nur erwidern, daß ich gerne an diese Jahre meiner Tätigkeit in Bremen zurückdenke, wo ich meine zweite Heimat gefunden habe, und daß ich mich freue, auch heute noch Bürger dieser alten Stadt zu sein.

Tatkräftiger Bürgersinn und Gemeingeist, wie er von altersher in Bremen lebte, hat zur Gründung der »Wesergilde« geführt, die es sich zur Aufgabe stellt, tatkräftig am Wiederaufbau deutscher Wirtschaft und deutscher Kultur in der niedersächsischen Heimat mitzuarbeiten. Ihr verdanken wir das großzügige und vielgestaltige Werk dieser Niederdeutschen Woche, welche, alle Volksstämme Niederdeutschlands in sich vereinigend, die Liebe zur Heimat und zur Heimatkultur pflegen und vertiefen und in Erfüllung dieser Ziele alle niederdeutschen Stämme in Brüderlichkeit vereinigen will. Eine große und schöne Aufgabe, und denen, die sie erkannt haben und sich in den Dienst ihrer Erfüllung stellten, gebührt herzlicher Dank! Gerade in dieser trüben Gegenwart, in der unser armes Volk so schwer wie nie sich unter äußerem Drucke an der Entfaltung seiner freien Kräfte gehindert sieht, ist es nötig, aus der Liebe zur Heimat, aus der Erkenntnis ihrer Kräfte und deren Zusammengehörigkeit mit dem großen Vaterland das Vertrauen auf die Zukunft zu schöpfen, das müden und lähmenden Pessimismus bannt und uns stärkt für den harten Weg, den wir noch zu gehen haben. Bremer Geist und niedersächsische Zähigkeit haben, wie ihre Geschichte zeigt, auch in den schwersten Tagen aus den Kräften der Heimat, aus der opferfreudigen Liebe zu ihr stets Wille und Kraft zum Schaffen und neuem Wagen gefunden, und ich freue mich, aus den Worten meiner Herren Vorredner vernommen zu haben, daß dieser starke Geist auch heute nicht verzagt ist, sondern fest und unerschüttert dem Kampf mit allen wirtschaftlichen und politischen Sorgen der Zeit Trotz bietet. Mit diesem Willen wird Bremen auch künftighin seiner Aufgabe getreu und gerecht bleiben, der deutschen Wirtschaft ein wertvoller Mittler des Welthandels und des Seeverkehrs zu sein, mit dieser Tatkraft wird es auch der großen Schwierigkeiten Herr werden, die fremder Machtspruch unserer überseeischen Arbeit bereitet hat; einer verständnisvollen Förderung des Reichs hierbei können Sie überzeugt sein. –

Die Niederdeutsche Woche ist in erster Linie eine Kundgebung der niederdeutschen Stämme; sie will aber auch darüber hinaus eine Kundgebung sein für die Gemeinschaft aller deutschen Volksstämme und ein Bekenntnis für die Notwendigkeit des Zusammengehens aller Deutschen in den Lebensfragen des Vaterlandes. Auch dies tut uns not im schweren Druck der Zeit, das Gefühl, das sich auf dem Boden der Heimatliebe und der Stammeseigenart alle deutschen Volksstämme und alle Schichten der Bevölkerung zusammenfinden in der Liebe und Treue zur ganzen deutschen Nation und zu unserem großen Vaterlande, Deutschland. Unzertrennbar verbindet ein hartes Band des Schicksals Heimat und Vaterland, und unlösbar sollen auch die Bande sein, die unserem Herzen beide verbinden.

So wünsche und hoffe ich denn, daß von dieser Niederdeutschen Woche zweierlei ausgehen möge als Anregung und Wegweiser über ganz Deutschland: Der zähe, mutige und unverzagte Geist, der hier in Bremen und in Niedersachsen lebt, und das Gefühl fester Zusammengehörigkeit und innerer deutscher Volksgemeinschaft, das hier stets so besonders lebendig wirkt.


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