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Brief an Otto Wels Berlin

13.4.1921

Lieber Otto!

In unserer gestrigen Besprechung habe ich nur nebenbei auf die Scheidemannsche Bemerkung in einer Volksversammlungsrede in Mannheim hingewiesen, wonach er meine amtliche Stellung als unhaltbar betrachtet. Die Partei – so sagte er – müsse zwar auf mich Rücksicht nehmen. »Aber diese Rücksicht muß da ihre Grenze finden, wo die Interessen der Partei … gefährdet werden.«

Da die Bemerkung in der Presse einiges Aufsehen machte, muß ich noch einmal auf sie zurückkommen.

Du wirst Dich erinnern, daß ich bei den Unterhaltungen, die ich mit Dir und anderen Parteivorstandsmitgliedern in den letzten Monaten führte, immer wieder auf die steigenden Schwierigkeiten meiner amtlichen Tätigkeit hinwies und wünschte, bald aus ihr befreit zu werden. Ich habe auch alles mögliche getan, um die Neuwahl des Reichspräsidenten baldigst herbeizuführen.

Ich weiß nicht, wie der Parteivorstand zu der Scheidemannschen Äußerung steht. Von einer weiteren öffentlichen Erörterung der aufgeworfenen Frage, die für mich zunächst eine innere Parteiangelegenheit ist, verspreche ich mir für die Partei nichts. Ich bin aber gern bereit, mich darüber mit dem Parteivorstand auseinanderzusetzen, wobei ganz selbstverständlich jede persönliche Rücksicht auf mich auszuscheiden hat. Würde sich dabei eine Möglichkeit finden, die mich schnellstens von meinem Amte entbindet, so wäre ich dem Parteivorstand aufrichtig dankbar.

Du bist wohl so freundlich und gibst dem Parteivorstand von diesem Schreiben Kenntnis.

Mit freundlichstem Gruß an Dich und den ganzen Bau
Dein Fr. Ebert.


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