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Der Rhein ist deutscher Schicksalsstrom und Sinnbild deutschen Volkstums

Rede. Köln, 11.5.1924

Unsere Anwesenheit in der Hauptstadt des Rheinlandes am heutigen Tage soll Ihnen, soll der Stadt Köln und dem besetzten Gebiet erneut bekunden, daß wir mit warmem Herzen und brüderlichem Gefühle die Leiden und die Nöte unserer Volksgenossen im besetzten Gebiet teilen. Mit gleich herzlichem Empfinden freuen wir uns des tatkräftigen Strebens, das die Lande an Rhein und Ruhr trotzdem zeigen. Wir freuen uns dieser unerschütterlichen Schaffenskraft, die in der Kölner Messe, dieser Schau deutscher Arbeit und deutschen Unternehmungsgeistes, ihren Ausdruck findet.

Sie haben, Herr Oberbürgermeister, der Kölner Messe die Aufgabe zugewiesen, Zentralmarkt des westdeutschen Wirtschaftslebens zu sein und die wirtschaftlichen Bande zu knüpfen zwischen Deutschland und den westeuropäischen Ländern. Wir von der Reichsleitung begrüßen lebhaft dieses Streben. Fällt es doch in den Kreis unserer großen Grundaufgaben: Die deutsche Wirtschaft neu zu beleben, sie zu kräftigen, ihr nach den Zerstörungen des Krieges und den Hemmungen der Nachkriegszeit neue Entfaltungsmöglichkeiten zu schaffen. Schroff hat der Krieg unsere Handelsbeziehungen abgebrochen, in grausamer Weise haben die Bedingungen des Friedensdiktates deutschen Handel und deutsche Wirtschaft in drückende Fesseln geschlagen. Besonders leiden die durch den Friedensvertrag fremder Okkupation verfallenen und die über diesen Vertrag hinaus besetzten Länder am Rhein und an der Ruhr, Gebiete, die Herz und Mittelpunkt des wirtschaftlichen Lebens unserer Nation sind. Das wirtschaftliche und soziale Leben dieser Gebiete ist fortgesetzt starken Erschütterungen ausgesetzt, die zu schwerer dauernder Schädigung der gesamten deutschen Wirtschaft führen müssen. So sind uns bisher unser Wille zum Wiederaufbau des durch Krieg und Friedensschluß Zerstörten, unsere unausgesetzten Anstrengungen, durch friedliche Arbeit wieder die Grundlagen einer Lebensmöglichkeit für unser Volk zu erreichen, immer wieder durch äußere Wirkungen zunichte gemacht worden. Gleichwohl dürfen wir in diesen Bemühungen nicht erlahmen, denn nur auf der Grundlage der eigenen gesicherten Existenz, mag diese auch hart sein an Arbeit und Entbehrung, kann die Lösung der Frage der Reparationen durchgeführt werden. Wir hoffen, daß endlich Einsicht und Vernunft in den Völkern der Welt obsiegen, daß die Zukunft unser Volk, besonders aber unsere Brüder und Schwestern im Westen, von Bedrückungen verschone, deren unglücklicher Schauplatz die Lande am Rhein und an der Ruhr während des letzten Jahres gewesen sind, zum Unheil Deutschlands, aber auch zum Schaden Europas.

In den schmerzvollen Jahren, die hinter uns liegen, waren unsere Herzen und Gedanken stets bei Ihnen, am Rhein. Denn hier, am Rhein, wo jeder Stein von jahrhundertalter deutscher Geschichte spricht, schlägt das Herz Deutschlands; der Rhein ist deutscher Schicksalsstrom und Sinnbild deutschen Volkstums, teuer und heilig jedem Herzen, das sich zugehörig fühlt zur Gemeinschaft des deutschen Volkes! Eng und unlösbar sind die Bande, die dieses Land und seine Bewohner mit dem gesamten Vaterland verbinden; gemeinsames Unglück hat sie noch härter geschmiedet, und im Feuer hundertfacher Drangsal haben sie sich vor aller Welt als stärker bewährt als fremde Waffen und als Gift im eigenen Volkskörper. Dies Land und dies Volk sind deutsch und werden deutsch bleiben; tausendjährige Bande gemeinsamer Kultur und gemeinsamer Geschichte trotzen allen Gegensätzen des Tages und allen Wirren der Zeit! In diesem Gefühle unserer Gemeinschaft ist es mir eine hohe Freude, Ihnen und in Ihnen all unseren Brüdern und Schwestern im Rheinland und Westfalen an dieser historischen Stätte den Gruß der Deutschen Republik zu überbringen und hier dem Dank des gesamten deutschen Volkes für Ihr treues Ausharren und der Versicherung unserer Treue zu Ihnen Ausdruck zu geben. Bewegten Herzens gedenken wir heute auch der vielen unserer Volksgenossen, die immer noch, jedem menschlichen Gefühle zuwider, gefangen oder aus Hof und Haus vertrieben sind; ihnen Freiheit und Heimat wiederzugeben, wird stets unser heißes Bemühen sein. Aber unser Ziel muß noch ein höheres sein, nämlich das, Ihnen allen, dem ganzen Lande hier, ein gesichertes Dasein und die freie Entfaltung Ihrer Kräfte wiederzugeben. Seien Sie überzeugt, daß es nicht leere Worte festlicher Stimmung sind, die wir zu Ihnen sprechen und die schnell verhallen; kein Opfer, das in unserer Kraft liegt, wird uns zu schwer sein, um Ihnen, unseren Brüdern im Westen, die Freiheit zu erkaufen; schwere Lasten, die sozial gerecht verteilt sein müssen, werden wir alle tragen müssen, um wieder mit Ihnen in freier Gemeinschaft zusammenzuleben, mit Ihnen als freies Volk auf freiem Grund zu stehen!

Der heutige Tag steht im Zeichen der ersten Kölner Messe; für Sie ist er bedeutsam, weil mit ihm Köln, seit tausend Jahren schon berühmt und bekannt als Handelsstadt, hoffnungsfroh nun auch in die Reihe der Messestädte eintritt. Uns ist er ein Zeichen des ungebrochenen Willens, des lebensmutigen und zähen Charakters der Lande am Rhein, allen Fehlschlägen und Enttäuschungen zum Trotze auf den Trümmern des Gestern neu wiederaufzubauen in der Zuversicht des besseren Morgen, im Vertrauen auf die Lebenskraft des deutschen Volkes und die Rückkehr der Vernunft in der Welt. Ihren Bestrebungen, Handel und Wandel dieses Teiles des Reiches zu fördern, die durch die Ereignisse der letzten Jahre so verheerend betroffene Wirtschaft des Westens wieder zu beleben und so beizutragen zum Wiederaufbau, bringen wir, bringt die Leitung des Reiches ihre besten Wünsche entgegen. Möge Ihre Arbeit, ungestört durch Rückschläge, sich segensreich und gedeihlich weiterentwickeln.

Uns allen aber, unserem ganzen so schwergeprüften Volke, wollen wir wünschen, daß der Geist, den wir hier, am Rhein, fühlen, dieser Geist der Zusammengehörigkeit, der verantwortungsbewußten Arbeit für große Ziele der Nation, der Opferbereitschaft für das deutsche Vaterland und seine Zukunft, mehr als bisher uns beseelen und einen möge. Auf diese Zukunft vertrauen wir trotz allem; ihr gehört unsere Arbeit, für sie tragen wir die Last der Gegenwart.


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