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99. An die Schwester.

Genua, d. 3. Februar 1882.

Nur wenige Zeilen, meine geliebte Schwester, um Dir für Deine guten Worte über Wagner und Bayreuth zu danken. Gewiß, es sind die schönsten Tage meines Lebens gewesen, die ich mit ihm in Tribschen und durch ihn in Bayreuth (1872, nicht 1876) verlebt habe. Aber die allmächtige Gewalt unsrer Aufgaben trieb uns auseinander, und jetzt können wir nicht mehr zueinander, wir sind uns zu fremd geworden.

Ich bin damals, als ich Wagner fand, unbeschreiblich glücklich gewesen! Ich hatte so lange nach dem Menschen gesucht, der höher war als ich und der mich wirklich übersah. In Wagner glaubte ich, ihn gefunden zu haben. Es war ein Irrtum. Jetzt darf ich mich nicht einmal mehr mit ihm vergleichen – ich gehöre einem andern Rang an.

Im übrigen habe ich meine Wagner-Schwärmerei teuer bezahlen müssen. Hat mir diese nervenzerrüttende Musik nicht meine Gesundheit verdorben? Und die Enttäuschung und der Abschied von Wagner – war das nicht lebensgefährlich? Habe ich nicht fast sechs Jahre gebraucht, um mich von diesem Schmerz zu erholen? Nein, Bayreuth ist für mich unmöglich! Es war nur ein Scherz, was ich neulich schrieb. Aber Du mußt jedenfalls nach Bayreuth gehn. Es ist mir von großem Wert.

Treulich Dein Bruder.


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