Emanuel Geibel
Gedichte
Emanuel Geibel

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Volkers Nachtgesang.

                Die lichten Sterne funkeln
    Hernieder kalt und stumm;
    Von Waffen klirrt's im Dunkeln,
    Der Tod schleicht draußen um.
Schweb' hoch hinauf, mein Geigenklang!
Durchbrich die Nacht mit klarem Sang!
    Du weißt den Spuk von dannen
        Zu bannen.

    Wohl finster ist die Stunde,
    Doch hell sind Mut und Schwert;
    In meines Herzens Grunde
    Steht aller Freuden Herd.
O Lebenslust, wie reich du blühst!
O Heldenblut, wie kühn du glühst!
    Wie gleicht der Sonn' im Scheiden
        Ihr beiden!

    Ich denke hoher Ehren,
    Sturmlust'ger Jugendzeit,
    Da wir mit scharfen Speeren
    Hinjauchzten in den Streit.
Hei Schildgekrach im Sachsenkrieg!
Auf unsern Bannern saß der Sieg,
    Als wir die ersten Narben
        Erwarben.

    Mein grünes Heimatleben,
    Wie tauchst du mir empor!
    Des Schwarzwalds Wipfel weben
    Herüber an mein Ohr!
So säuselt's in der Rebenflur,
So braust der Rhein, darauf ich fuhr
    Mit meinem Lieb zu zweien
        Im Maien.

    O Minne! wundersüße,
    Du Rosenhag in Blust,
    Ich grüße dich, ich grüße
    Dich heut aus tiefster Brust!
Du roter Mund, gedenk' ich dein,
Es macht mich stark wie firner Wein,
    Das sollen Heunenwunden
        Bekunden.

    Ihr Kön'ge, sonder Zagen
    Schlaft sanft, ich halte Wacht;
    Ein Glanz aus alten Tagen
    Erleuchtet mir die Nacht.
Und kommt die Früh' im blut'gen Kleid:
Gott grüß' dich, grimmer Schwerterstreit!
    Dann magst du, Tod, zum Reigen
        Uns geigen!

 


 


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