Emanuel Geibel
Gedichte
Emanuel Geibel

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Beim Feste.

        O füllt die Pokale mit zyprischem Wein!
Laßt blinken im Becher den purpurnen Schein!
Schlürft hastigen Zuges den raschen Genuß!
So kurz ist die Jugend, so flüchtig der Kuß.

Es flammen die Rosen in duftiger Glut,
Es spiegeln die Sterne sich tief in der Flut;
Doch mehr ist als Rosen und Sterne zumal
Die Blüt' auf den Wangen, im Auge der Strahl.

Durch Blätter und Lauben bricht farbiger Glanz,
Da regt sich im Grünen melodisch der Tanz;
Heiß schlingt sich der Arm um die schöne Gestalt,
Die Blicke, die Herzen, sie finden sich bald.

So schwärmet, so küsset! Vom Himmelsgezelt
Wirft goldene Schimmer der Mond in die Welt.
Genießt! Wenn die glänzende Scheibe verblich,
Wer weiß, ob die Liebe der Brust nicht entwich!

Ich hab' einst geliebt und auf Treue gebaut,
Ich habe dem Lächeln des Frühlings vertraut.
Die Stürme des Herbstes, sie brausten daher,
Ich suchte die Blumen und fand sie nicht mehr.

Drum hastig die blinkenden Becher geleert!
Ergreift, was die rollende Stunde beschert!
Genießt die Minute, solange sie glüht!
Der Frühling verwelkt und die Liebe verblüht.

 


 


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