Emanuel Geibel
Gedichte
Emanuel Geibel

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Antwort.

        Du fragst mich, liebe Kleine,
Warum ich sing' und weine,
Du fragest, was mich schmerzt?
Ich habe den Lenz versäumet,
Ich habe die Jugend verträumet,
Ich habe die Liebe verscherzt.

Mir schwoll der Becher am Munde,
Ich hatte nicht Durst zur Stunde,
Ich ließ vorüber ihn gehn;
Mir winkt' im grünen Laube
Granate, Feig' und Traube,
Doch hab' ich sie lassen stehn.

Und als nun kam der Abend,
Die Sonn' im Glanz begrabend,
Da war mein Durst erwacht;
Aber der Becher der Wonnen,
Die Früchte waren zerronnen,
Und dunkelte rings die Nacht.

Die Welt hat mich verlassen;
Nun sing' ich auf den Gassen
Mein Lied, wie tief es schmerzt:
Ich habe den Lenz versäumet,
Ich habe die Jugend verträumet,
Ich habe die Liebe verscherzt.

 


 


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