Emanuel Geibel
Gedichte
Emanuel Geibel

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An der Mosel.

August 1870.

            Wo der Mosel dunkle Wellen
Um ihr felsig Ufer schwellen,
Schweigt zum drittenmal die Schlacht,
Und die feuchten Winde tragen
Lobgesang und Totenklagen
Fernverhallend durch die Nacht.

Unsre Siegesbanner wogen,
Doch die Bahn, die sie durchbogen,
Ist von teurem Blute rot;
Wo der Eisenregen sprühte,
Sank in Garben, ach, die Blüte
Unsrer Jugend in den Tod.

O wie viel verwaiste Herzen
Nennen euch hinfort mit Schmerzen,
Mars la Tour und Gravelotte!
Bleiche Fraun, zum Tod bekümmert,
Bräute, deren Glück zertrümmert,
Greise Mütter, tröst' euch Gott!

Aber euch, ihr treuen Toten,
Sei der Brüder Schwur entboten,
Zorn'ge Tränen rinnen drein:
Nimmer soll, das ihr vergossen,
Euer Blut umsonst geflossen,
Nimmer soll's vergessen sein!

Eures heil'gen Willens Erben
Schwören wir auf Sieg und Sterben,
Treu zu stehn in Wacht und Schlacht:
Keiner soll der Rast gedenken,
Noch das Schwert zur Scheide senken,
Bis das große Werk vollbracht;

Bis des Erbfeinds Trutz vernichtet,
Bis das Bollwerk aufgerichtet,
Das die Zukunft schirmt der Welt,
Und mit rauschendem Gefieder
Über euren Gräbern wieder
Deutschlands Aar die Grenzwacht hält.

 


 


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