Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Bei der Aufnahme in die Münchener Bürgersänger-Zunft.

        Viel Dank, Ihr güt'gen Herren, daß Ihr mich
    In Eure schöne Zunft habt aufgenommen!

Schon recht betagt ist der Gesell und sollte
    Wohl längst sein Meisterstück geliefert haben:
Doch dazu hat es nicht gereicht: Gesell
    Bleib' ich mein Lebtag, Meister werd' ich nie! –

Denn Meister sind die Gottbegnadeten,
    Die, schöpferisch, das Hergebrachte sieghaft
Mit Eigenartigerem überholen,
    Wegbahnend ihrem Volk und ihrer Zeit
Ein Neuland, wie Eroberer, gewinnen:

Das ist des Genius stolzes Recht und Kennmal!

Mir ward die mittlere Begabung nur,
    Die auf dem staub'gen Heerweg mühsam wandert,
Kein Schwingen-Schwung hoch zu den Sternen trägt.

Doch auch schon dies ist Glück: in Selbsterkenntniß
    Sich ohne Groll und ohne Neid bescheiden,
Und treu und fleißig die beschränkte Scholle,
    Die in dem Reich der Kunst mir zugetheilt,
Mit liebevoller Hingebung zu pflegen:
    Aus dem gegebnen Stoff das Beste schaffen!

Und das gelob' ich Euch, Ihr tapfern Herrn:
    Nie andren Zweck als dem des Schönen will ich,
Der reinen Kunst, so gut ich sie verstehe,
    Mit allen Kräften dienen meines Geistes:
Das Häßliche, das Niedre, das Gemeine
    Soll mir in Kunst und Seele niemals dringen,
Und gleich wie Schiller soll und Goethe mir
    Die Dichtung sein ein priesterlich Geschäft:
Ein Opferdienst im Weihethum des Schönen.


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