Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

König Manfred's Grab.

                  Den todten Manfred plünderten Burgunden,
    Zerfleischend ihn mit zwanzig Lanzen-Wunden,
Gern gab dem Ketzer jeder einen Stich:
    Und Karl von Anjou trat, der bleifarbbleiche,
Mit ehrnem Fuß fest auf die Brust der Leiche
    Und sprach: »As bist du – Herr bin ich.«

Auf ödem Heidemor verscharrten Knechte
    Abseit vom Weg ihn unter Dorn-Geflechte. –
Ein Krüppel, dem er wohlgethan einmal,
    Wollt' ihm ein Holzkreuz auf die Grube setzen:
Jedoch mit Hunden ließ hinweg in hetzen
    Johann, Cosenza's Cardinal.

Ein Dornbusch nur war Merkmal jener Stätte. –
    Doch nach sechs Jahren träumt' im Purpur-Bette
Dem Anjou, – um sich schlug er mit der Hand! –
    Den todten Manfred hör' er drohend sprechen:
»Dein Reich wird spurlos in Italien brechen:
    Ich ruhe bald in freiem Land.«

Empor fuhr der Tyrann: »Dies Omen wend' ich!
    Des Ketzers ausgegrab'ne Knochen send' ich
Nach Frankreich, dort zu senken sie in's Meer!« –
    Und auf das Schlachtfeld sandt' er seine Boten,
Viel hundert Häscher nach dem Einen Todten: –
    Sie kamen heim, die Hände leer.

»Herr« – sprachen sie – »mag uns dein Zorn verschlingen –
    Wir können diesen König nicht dir bringen:
Ein Dornbusch – wie du weißt – stand an dem Ort:
    Der muß gewesen sein von wilden Rosen:
Denn unabsehbar jetzt im Lenzwind kosen
    Viel tausend, tausend Rosen dort.

›Den Wald der Rosen‹ nennt den Ort die Menge;
    Unscheidbar wogt das duft'ge Strauch-Gedränge:
Unmöglich ward, daß man das Grab erkennt!« – –
    Lang' ist des Anjou's blutig Reich zerfallen:
Um Manfred singt ein Heer von Nachtigallen
    Im Rosenwald von Benevent.


 << zurück weiter >>