Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Treue.

                        Geächtet, verbannt von Kaiser und Land,
    Verschollen in Kerker und Ketten,
Und alle Freunde von ihm gewandt,
    Und sein Schwert kann ihn nicht erretten! –
Doch fern im blühenden, nordischen Gau
Vernahm's die geliebte, getreue Frau.

Sie stieg von der hohen Burg herab,
    Umtost von schneidenden Winden,
Und zog die Straßen auf und ab,
    Den Heißgeliebten zu finden,
Mit blutendem Fuß, mit zerrißnem Kleid
Und tief im Herzen der Liebe Leid.

Sie fragte die Straßen hin und her:
    »O sprecht, habt ihr ihn gesehen?« –
Doch Keiner sagte noch wußt' es mehr,
    Und Alle hießen sie gehen.
Sie aber wanderte weiter durchs Land,
Bis daß sie vor seinem Kerker stand.

Sie konnt' ihn nicht hören, nicht schau'n sein Gesicht,
    Nicht Freiheit, noch Einlaß erwerben,
Wich Tag und Nacht von dem Kerker nicht,
    Wollte lieber mit ihm verderben,
Mit blutendem Fuß, mit zerrißnem Kleid,
Im treuen Herzen der Liebe Leid.


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