Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Der Scheidetrunk von Marienburg.

          Herr Ottokar von Böhmen, der fuhr gen Preußenland,
Den deutschen Herrn zu helfen mit seiner starken Hand.
    In Samland und Natangen er manche Reise ritt,
Sah staunend, wie der Orden so heldenmüthig stritt,
    Sah, wie er Eis und Oststurm und Sumpf und Hunger trug,
Mit Bären sich und Wölfen und wilden Preußen schlug.
    Und aller Noth und Wunden der König trug sein Theil:
Er lachte, da den Hals ihm einst schneidend traf ein Pfeil.
    Und eh' er heimwärts kehrte zum sonnigen Südwest,
Da rüstete ihm der Orden ein prachtvoll Scheidefest.
    Im Remter zu Marienburg, in dem hohen Sal,
Kredenzte ihm der Meister zum Abschied den Pokal.
    »Oft priest ihr unsern Orden: Herr König, sagt uns noch:
Was scheint von unsern Thaten die tapferste euch doch?
    Das sollt ihr uns noch künden: dann mag geschieden sein.
Hier! Leert den Scheidebecher: Marienburger Wein!«
    Vor trank der Wirth den Becher: – der König trank ihn leer,
»Erbarm' Dich, blut'ger Heiland!« schrie da der Tapfre sehr:
    Es riß ihn nun mit Schütteln: – er sank in seinen Sitz,
Er hielt sich Hals und Magen, als schneide ihn der Blitz.
    Dann rief er: »Edle Ritter, ihr seid von schlauer Art:
Denn eurer Thaten größte habt ihr zum Schluß gespart.«

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