Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Zwei Sprüche von einem Fest zu Königsberg.

I.
Die Alten an die Jungen.
        Ich habe von den Alten
    Hier im Sal
Auftrag erhalten
    An die Jungen zumal
(Dabei steht jedem und jeder frei,
    Ob er von den Alten oder Jungen sei!)
Man hörte dort bei den Jungen raunen,
    – Es sprach ein Blonder zu einer Braunen: –
»Das wäre ja all' recht nett so weit:
    Doch Jammerschad' um die schöne Zeit,
Die wir verlieren mit Trinken und Essen: –
    Wir sollten tanzen unterdessen!
Aber da sitzen die Onkel und Väter
    Und meinen: ›Was? Tanzen? Ach erst später!
I wo! Die Jugend soll warten fein,
    Ich schenke mir nochmal Roth-Spohn ein!‹
Erst müssen sie Kirche noch und Stat
    In Ordnung richten mit ihrem Rath.
Und daneben verdammen die Mütter und Tanten
    Die Toiletten aller lieben Bekannten!«

So sprach er, ganz entbrannt auf Tanz.
    Durchtrieben ist er gar und ganz!
Er redet listig nach dem Sinn
    Der tanzentbrannten Nachbarin,
Als ob er selbst gar nie – o nein! –
    Nach Bier Verlangen trüg' und Wein!
So realistisch ist es nicht,
    Das holde Jünglingsangesicht,
Er trinkt nie Bier: – wenn er kein's kriegt,
    Er dürstet: – wenn das Faß versiegt:
Man sagt, er kann um ein Glas Spaten
    Sogar des Handelsrechts gerathen!
Wir Alten sprechen nun dagegen:
    »Wär' uns nicht sehr an Euch gelegen,
Dann hätten uns, Du junge Welt,
    Wir Alten ganz allein gesellt.
Doch unsre Weisheit, unsre Tugend
    Genügt uns nicht: wir brauchen Jugend!
Und da wir selbst sie nicht mehr haben,
    (Gott sei's geklagt!) wir alten Knaben,
So haben wir Euch eingeladen,
    Im Glanz der Jugend uns zu baden,
Verzeiht nur sehr, ihr grünen Gnaden,
    Daß wir uns auch dazu gesellt:
Wir sind nun doch mal aus der Welt
    (Wenn Ihr's verzeiht und 's Euch gefällt!)
Und das ist gar nicht Euer Schaden,
    Weil selbst das klügste Küchlein fällt
Nicht sonder Aeltern auf die Welt.
    So wollet denn in großen Hulden
Auch Eure Alten heut' hier dulden.
    Wir Alten aber unter einander,
Wir dürfen's schon gestehen selbander:
    Die beste Weide für Augen und Herzen
Ist wackre Jugend in Ernst und Scherzen,
    Und das Beste bleibt von dem Lebenstraum:
– Wir erlebten's just unter'm Weihnachtsbaum: –
    Die Andern, die Jugend fröhlich seh'n.
Denn seliger als Nehmen ist Geben:
    Wohlan, so soll's auch heut' gescheh'n:
Die Jugend – fröhlich soll sie leben!


II.
Die Jungen.
Wir sind so schüchtern, (wie bekannt!)
    Wir jungen Herrn in diesem Land,
Und lange Reden halten
    Ziemt nur den weisen Alten,
Die sich in vielen Jahren
    Auf's Reden eingefahren.
Und vollends nun ein Herr Professer, –
    Der weiß natürlich Alles besser.
Drum woll'n wir nur in Kürze sagen:
    Im Ganzen ist es zu ertragen,
Wie's uns am Pregel hier ergeht.
    Das Beste ist, was Ihr nicht seh't,
Was so im Stillen vor sich geht:
    (Wann durch den Schnee der Schlitten bricht,
Und auch den Eislauf treibt Ihr nicht)
    Bis Euch vor Augen plötzlich,
Oft wenig Euch ergötzlich,
    Steht, trotz der Tanten Tobung,
Das Donnerwort: »Verlobung«.
    Denn was die Mädchen und wir Knaben
So recht energisch wollen haben,
    Das setzen wir hier durch gewöhnlich.
Drum sind wir auch nicht unversöhnlich,
    Und Eure Schwächen, ob nicht klein,
Ihr Alten, wollen wir verzeih'n.
    Zumal Ein Wort, vorhin verkündet,
Hat uns ein ganz neu Licht entzündet:
    Es setzen wirklich in jedem Haus
Die Jungen ält're Leut' voraus,
    Wodurch der Nutzen der älteren Leute
Nun klar bewiesen steht: – seit heute.
    Sehr schlimm ist nur bestellt auf Erden,
Daß auch wir Jungen älter werden
    (Am Schlimmsten freilich, frommer Christ,
Wenn einer nie jung gewesen ist).
    Dann wollen wir hoffen, der Seele Schwung
Bleibt auch im grauen Har uns jung,
    Wie wir von Manchem von Euch dort wissen,
Der jung sich erhält – trotz Hindernissen.
    Drum wollen wir Jungen das Glas nun erheben:
»Die Alten, die jung sind, sollen leben!«

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