Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Gothen-Zug.

        Wolken von Staub und Gewieher von Rossen,
    Waffengeklirr und frohlockend Geschrei:
»Vorwärts, ihr Wander- und Siegesgenossen!
    Die Cohorten zersprengt und die Straßen sind frei!

Haben uns treulos bei Nacht überfallen.
    Sanft auf dem Wagen schlief Weib uns und Kind:
Aber es wachten in himmlischen Hallen
    Götter, die unsere Ahnherren sind!

Weckten uns, scharten uns, Waffen uns boten,
    Odhin durchwehte das Herz uns mit Zorn:
›Nieder die Neidinge, freudige Gothen,
    Mäht sie wie Schnitter das stürzende Korn!‹

Hei und wir mähten sie! – Und als die Sonne
    Ueber die Alpen, die schneeigen, stieg,
Römische Leichen und gothische Wonne
    Schaute sie, Rettung und Rache und Sieg.

Marmorne Zwingburg versunken im Brande!
    Hinter uns Trümmer und lohender Schein!
Südwärts, ihr Gothen! Italia's Lande
    Liegen euch offen und laden euch ein.

Freut euch, ihr Frau'n, mit den goldgelben Flechten,
    Freut euch, ihr Buben, mit Augen so blau:
Nun ist's genug mit dem Wandern und Fechten,
    Nun wird gesiedelt auf wonniger Au.

Lenket die rindergezogenen Wagen
    Langsam hinunter den felsigen Steig!
Grünendes Reis um die Helme geschlagen:
    »Lorber« heißt, glaub' ich, das dunkle Gezweig!

Heil dir, o König, du Meister des Krieges,
    Führ' uns hinab an den schimmernden Strand!
Heil dir! Du gabst – als die Beute des Sieges–
    Wanderern wieder ein Heimathland.

Daß sich Gehöft an Gehöft nun erhebe,
    Fället die Pinie, säget den Stein.
Schlingt um die Thüre die rankende Rebe,
    Pflanzt die Olive auf gothischem Rain!

Herrlicher leben wir hier, als die Ahnen
    Droben in Walhalls leuchtendem Glast:
Aber die alten, die gothischen Fahnen
    Pflanzt auf den Giebel dem Königspalast!


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