Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Blumen-Bilder in Sprüchen.

Widmung.
        Möge das kreisende Jahr in dem Kranze der Blumen Dir bringen
    Wechselnden Reiz und Duft – ohne den ritzenden Dorn.
Chrysanthemum.
        Um einen goldnen Kern viel weiße Strahlen!
Wie sinnig lehrst Du uns, Du weiße Blume:
Nur aus dem Goldgrund innigen Gemüths
Erglänzt der lichte Strahl der wahren Freude.
Herbstzeitlose.
        Frost deckt die Flur, die andern Blumen starben:
Du aber, ohne Blätter, ohne Zweig
Steigst unerschrocken mit dem zarten Kelch
Vom Boden auf. – So ringt aus Weh und Leid,
Verschmähend Alles, was da seitwärts liegt,
Ein zartes Herz vertrauend auf zu Gott.
Reseda.
        Liebliche Blüthe, Du birgst in der schmucklos schlichtesten Hülle
    Süßeren Duft als der Prunk gleißender Farbe vermag.
Heil, wer das tiefe Gemüth in bescheidner Erscheinung entdeckt hat:
    Unvergleichlichen Schatz trägt der Beglückte nach Haus.
Wie sich dem Sonntagskind in der Hand die vertrockneten Blätter
    Wandeln in leuchtendes Gold, weil sie die Gabe der Fee.
Veilchen.
        O holde Demuth sanfter Weiblichkeit,
    Voll süßen Dufts verborgner Innigkeit,
Wie stehst Du unter stolzern Schwestern da
    Gleich Aschenbrödel und Cordelia!
Schneeglöckchen.
        Was thust du, Glöckchen, auf der Welt,
    Da ja noch Schnee vom Himmel fällt?
»Ich träumte vom Frühlingssonnenschein,
    Und um ihn bin ich kommen allein.«
Weh! hier ist tiefe Winterzeit,
    Schneeglöckchen, und der Lenz noch weit!
»Dann will ich harren und warten sein,
    Denn ich lieb' ihn, den goldnen Sonnenschein.«
An den Büschen glitzert Schnee und Eis,
    Schneeglöckchen senkt den Kelch so weiß,
Und in Frost verdarb und schneidendem Wind
    Das arme, das erste Frühlingskind.
(Therese Dahn.)
Anemonen.
        Sie sprießen licht aus Waldesnacht,
Ohne reichen Duft, ohne Farbenpracht,
Unter den großen, alten Bäumen,
Ueber das Mos wie fluthend Träumen:
Wann der Wind vorüber streicht,
Neigen sie ihre Köpfchen leicht,
Aber wo die Sonne licht
Durch die Blätterkronen bricht,
Saugen sie all' das goldige Scheinen
Sehnsuchtvoll in den Kelch, den kleinen.
So blühen sie scheu, ohne Glanz und Pracht:
Die lichten Kinder der Waldesnacht.
(Therese Dahn.)
Alpenveilchen.
        Wie mahnst Du, holdes Alpenveilchen, mich
An meiner Bergesheimat köstlich Volk:
So schmucklos schlicht, so einfach und so reizvoll;
Und im Gemüth verschließend, tief und scheu,
Doch süß und stark den Duft der Poesie!
Apfelblüthe.
        Sei mir, o Blüthe, gegrüßt, weißröthliche Blüthe des Apfels,
    Die Du wie Veilchen und Storch kündest und Schwalbe den Lenz!
Wahrlich, des Frühlings Bild: noch so zart, nicht sommerlich glühend,
    Aber das keusche Weiß doch schon erröthend behaucht.
Apfelblüthe, Du gleichst der entknospenden Seele der Jungfrau,
    Welche mit erstem Hauch leise die Liebe berührt.
Vergißmeinnicht.
        Wer Dich, o Blümlein, benannt, hat von echter Liebe gewußt nicht:
    Liebe, welche vergaß, war ja die Liebe doch nicht!
Blümlein, Du bist wohl entsproßt, als im blauen Gewässer ein Goldstern
    Spiegelte klar sein Bild: ewig nun haftet es dort,
Also mahnst Du uns, treu jedweden Strahl zu bewahren,
    Welcher das Ideal spiegelt im stillen Gemüth.
Alpenrose und Edelweiß.
        So sind bestimmt des Menschen Lose:
    Nur höchstem Muth wird schönster Preis:
Am Abgrund blüht die Alpenrose
    Und dicht beim Tod das Edelweiß.

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