Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Gebet des Germanen.

                        Odhin von Asgardh,
    Du, den vor allen Asen ich ehre,
Höre in Huld mich, herrlicher Herr.
    Ganz mich geb' ich, gewaltiger Gott,
Dir in den Dienst
    Und als Opfer zu eigen.

Sende mir Sieg in den sausenden Speerkampf,
    Sende, Siegvater, mir Sieg.

Gleißenden Goldes gieb mir genug,
    Giebig, Geber der Gaben,
Fremde und Freunde mit Freude zu füllen,
    Von Feinden gefürchtet.

Gieb mir des Geistes gewalt'ge Gedanken,
    Wie du selber sie sinnst
In dem hohen Haupt,
    Aus allem Unheil immer den Ausweg
Findig zu finden,
    Arglist mit ärgerer Arglist
Allüberwältigend zu überwinden,
    Richtigen Rath rasch zu raunen
Gefährdetem Freund
    Und mir selber zu sinnen,
Muthige Männer mit Macht zu bemeistern.
    Mit schwingendem Schwert;
Aber noch öfter und unwiderstehlicher
    Mit des Geistes Gewalt,
Mit der Begeisterung beflügeltem Schwanenschwung:
    Daß sie willig meinen Worten,
Meinem Willen müßen willfahren,
    Als ob ihrer Aller eigner es wäre,
Daß sie mir folgen mit Freuden
    Im Frieden: und feurig folgen
Bei der klaren Klingen klirrendem Klang.

Immer und abermals immer
    Laß mich, deinen Liebling,
Gedanken erdenken,
    Neue, immer neue, die niemals noch
Menschen gemeint zu vermuthen
    Oder zu ahnen: daß sie Alle,
Selbst die Stolzesten, staunen.

Und du, der du, kundig wie Keiner, kennst
    Die Herzen der Holden,
Der erfreuenden Frauen,
    Der lieblichen, lichtäugigen, linde lispelnden,
Der weißbusigen Weiber, –
    O gieb mir, ihre Gunst zu gewinnen,
Und in Kosen und Küssen
    Ihr wonnig Gewähren.

Weise mir das weiche, gewinnende Wort,
    Ueberwält'gend in Ueberredung,
Weil es wahrhaftig wirbt,
    Nicht aus falscher, frevler Verstellung,
Nein, aus lodernder Lohe der Leidenschaft,
    Begeisternd, weil begeistert,
Berauschend, weil berauscht,
    Fortreißend, weil fortgerissen,
Von unsäglichem, sehrendem Sehnen.

Laß mich auch der Scheuesten Scheu
    Mit sanfter Süße besiegend
Der Keuschesten Kälte
    Durch leise glimmende Gluth im Geblüt
Zündend verzehren!

Gieb mir den blitzenden Blick,
    Der da dringt wie der Deine,
Sieghaft und sengend, aber beseligend,
    In den quillenden Quellgrund,
In die träumende Tiefe
    Auch des verhaltensten Herzens,
Der Trotzigsten Trotz zertrümmernd.

Und, o hehrster Harfner,
    Leih mir des Liedes liebliche Lust,
Und der hallenden Harfe,
    Stolze Stäbe, unsterbliche,
Deren noch dauernd gedenken
    In den Hallen die Helden,
Wann mich schon mosig der mächtige
    Hügel hat überhöht.

Ehre vor Allen
    Sollst du mir senden,
Reichen Ruhm, der da rausche,
    Aehnlich dem Edelaar,
Ueber viele Völker
    Bis in fernste Fernen.

Aber am Ende,
    Wann weiß mir geworden
Unter hartem Helme das Har,
    Doch derb noch dauert
Die kernige Kraft,
    Noch nicht angewandelt vom Alter, –
Dann schenke das Schönste deinem Schützling:
    Fechtend im Vorkampf
Für mein Volk zu fallen,
    Selig im Siege! Du selber sende
    In den Mantel gemummt,
Entgegen mir eilend,
    Vom Hute verhohlen das hohe Haupt,
Den spitzigen Speer
    In die breite Brust,
Daß schmerzlos ich stürze und sterbe.
    Dann sende der schwanenschwingigen,
Der schönen Schildmaide schicke
    Die weißeste, wonnigste mir,
Daß mich die Zarte zärtlich
    In den Armen umfangend
Trage, mich Treuen,
    Aufwärts nach Asgardh.
Dort schreite dann selbst mir, mein Schirmer,
    Edler Odhin, entgegen,
Herab von dem Hochsitz
    Und halte das Horn mir
An die lechzende Lippe,
    Willkomm' mir gewährend
Und dauernd mit dir
    In Walhalls Wonnen zu wohnen!


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