Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Die Litauer in Frankreich.

(1870.)

            Waren wir von Meer zu Meere
    Durch Europa quer gezogen,
Kämpften wir im fernen Frankreich, –
    Fiel da mancher junge Knab'.

Und so schön im reichen Frankreich
    Städte prangten, Dome, Schlösser, –
Immer dachten wir der Heimath,
    Wo die weißen Birken steh'n:

Wo sie süßen Alas trinken,
    Wo, die weichen Dainos singend,
Schlanke, blondgezöpfte Mädchen
    Tanzen zu der Kankle Ton.

Ach, wir weinten still und bitter
    Oft zur Nacht bei'm Postenstehen,
Ach, vor Heimweh nach dem Lande,
    Wo die weißen Birken steh'n.

Hatten eine mächt'ge Schanze
    Aufgeworfen die Franzosen
Dort bei Amiens auf dem Berge,
    Mit Kanonen sie gespickt. –

Sprach der Oberst: »Wer freiwillig
    – Denn nicht darf ich das befehlen –
Jene Schanze stürmt und nimmt sie, –
    Reich und rühmlich wird sein Lohn.

Gold und Silber und – was mehr ist! –
    Eisen aus der Hand des Königs,
Eisen-Kreuze sollt ihr haben!«
    Aber Keiner rührte sich.

»Nun so muß ich,« sprach der Oberst,
    »Erst in langen, langen Wochen
Durch den Hunger sie bezwingen.« –
    Doch der Hauptmann Krieve rief:

»Liebe Knaben, rasch freiwillig
    Folgt zum Sturm mir, eurem Landsmann!
Folgt: dann dürft ihr desto früher
    Wieder heim zur Mutter zieh'n,

In das liebe Land der Väter,
    Wo sie süßen Alas trinken,
Wo sich schlanke, blonde Mädchen
    Um die weiße Birke dreh'n.«

»Hurrah!« riefen wir da alle
    Und ergriffen die Gewehre,
Und genommen war die Schanze,
    Und um Frieden bat der Feind.

Und nun zieh'n wir, – feucht die Augen, –
    Weich die Herzen, – wieder heimwärts
Nach dem Land der Lituanen,
    Wo die weißen Birken steh'n.


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