Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Der Fiedelmann.

I.
                Das ist der alte Fiedelmann,
    Umwallt vom grauen Bart:
Hebt der sein machtvoll Liedel an,
    Tönt's ganz besondrer Art:
Wie Zauberzwang geschwinde
    Lockt er vom Dorf die Kinde
Heraus zur Heidenlinde.

Und spielt er auf zum Sunnwend-Tanz,
    Lupft sich von selbst der Fuß:
Des Burschen Har, der Dirne Kranz
    Tauscht knisternd heißen Gruß:
Wer ihrer nie ward inne,
    Dem weckt er süße Minne:
Bald glühen alle Sinne.

Und singt er grau vergangne Zeit, –
    Von Heldentod-Geschick,
Vom Hunnensturm, vom Völkerstreit: –
    Wie sprüht der Männer Blick!
Das hallt wie helle Harfen,
    Da Könige noch die scharfen,
Die Schilddurchschmettrer warfen!

Und tiefer zieht den Schlappenhut
    Der Wirrbart in's Gesicht:
Hei, wie ihm lang verhaltne Gluth
    Vom grauen Auge bricht:
Er singt, mit bittrem Leiden,
    Vom Gram der letzten Heiden
Und von der Götter Scheiden.

»Der Eichenhain in Flammen loht!
    Der heil'ge Quell ward blut'ger Pfuhl:
Frau Bertha klagt: »hilf Sassenot:
    In Trümmer barst die Irmensul!«
Auf! lichtumfloss'ne Frauen
    Aus götterleeren Gauen
Empor zu Asgardh's Auen!«

Und Sehnsucht füllt der Hörer Sinn. –
    Da stirbt gemach der Fiedelton. –
Wo kam, wo schwand der Alte hin?
    Am Saum der Heide schwebt er schon!
Noch fern klagt seine Weise:
    Es zieh'n um's Haupt ihm leise
Zwei Raben ihre Kreise! –


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