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Vom Monte Pincio sah ich auf die Stadt, 
        Die schimmernd vor mir lag im Mondesglanz: 
        Doch nicht allein die glänzenden Paläste, 
        Die Kirchen sah ich und die Säulenreih'n, – 
        Es stiegen aus den Gräbern vor mir auf 
        Die Todten, welche diese Straßen einst 
        Als Lebende mit Lust erfüllt und Leid. – –
        Die ersten Bote sah ich, drauf die Hirten 
          Den gelben Tiber abwärts ihre Rinder 
          Vom triftenreichen Umbrien zum Markt 
          Des kleinen Dorfs im Gau der Ramner brachten. – 
Dann sah ich Männer rauher Tugenden, 
          Des Pflugs nicht minder eifrig als des Schwerts, 
          Vom Rand des Abgrunds oft den jungen Stat 
          Abdrängen mit den angestemmten Schultern 
          Und ihn zum Herrn Italiens erheben. 
          Schon bringen vom besiegten Afrika 
          Carthago's Götterfunken die Trieren, 
          Schon schreiten unter goldner Ketten Last 
          Bei Tubaklang zum Kapitol hinan 
          Die unterjochten Kön'ge Asia's 
          Voraus des Triumphators goldnem Wagen. 
          Und ungeheure Laster thronen bald 
          Auf allen sieben Hügeln dieser Stadt: 
          Das Uebermaß der Lust, der Pracht, der Macht 
          Bricht aus im Größenwahnsinn der Cäsaren. 
          Entkrönet wird nun Roma: nach Ravenna 
          Und nach Byzantium hinüber gleitet 
          Vom müden Scheitel ihr das Diadem. – 
Im Adlerhelm, die Streitaxt in der Rechten, 
          Auf's Forum sprengt der blonde Alarich, 
          Und leise klinget im Sanct Peter schon 
          Der Hammerschlag, der bald ein neues Rom 
          Zur Weltherrschaft der Seelen auferbaut. – 
Dann wirft in der Colonna stolzes Heim 
          Des Connetable's Landsknecht seine Fackel: 
          Doch unvergänglich neben Jupiter 
          Wohnt und Apoll die holde Christengöttin, 
          Die jungfräuliche Mutter, und es strahlt 
          Durch ödes Dunkel drei Jahrhunderte 
          Der Schönheit lichte Himmelsherrlichkeit. 
          Roms einz'ger Schmuck und Trost, bis endlich sieghaft 
          Der neue Geist, der Geist des Vaterlands, 
          Des freien, einigen Italiens 
          Mit Trommelschlag und mit Kanonenschall 
          Durch Porta pia seinen Einzug hält. – – 
So sah ich zwei ein halb Jahrtausende 
          Am Pincio vor mir vorüberziehn: 
          Doch nicht den Wehruf der Vergänglichkeit, 
          Wie Andre wohl, vernahm daraus mein Ohr: 
          O nein: der Ewigkeit Trompetenruf, 
          Der Weltgeschichte Tubaton von Erz. 
          Was einmal Heldenthum und Kunst erschuf, – 
          Und mag's in Trümmer der Barbar zerschlagen, – 
          Es war doch einst, war groß und schön und stolz: 
          Und ewig ist, was einmal ist gewesen, 
          Denn unvernichtbar bleibt es, daß es war! – – –  |