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siehe Bildunterschrift

Gemeiner Blasentang, Fúcus vesiculósus L.

Ein Sommerabend nach schwerem Seegange. Wir schlendern am Strande entlang, an dem die Wellen langsam und müde emporgleiten, und betrachten die Opfer der See, Flundern und Schollen, unglückliche Quallen, die zu Hunderten auf dem feuchten Sande liegen, Schaltiere, Algen, Seegras, ein Festschmaus für zahllose kleine Strandräuber, die vom Abhub des unendlichen Meeres ihr Dasein fristen. Da tummeln sich Fliegen und Mücken, schwarze Käferchen, Scharen durchsichtiger, lustig hüpfender Flohkrebse um die Leichen, und was ihrem lüsternen, aber schwachen Gaumen heute noch widersteht, wird die Sonne morgen oder übermorgen schon in ein angenehmes und zuträgliches Hautgout verwandelt haben.

Einer aber wird ihnen nicht zum Opfer fallen; den derben, schwarzbraunen Gesellen hier kann selbst die Sonnenglut nicht mürbe kochen, sondern höchstens noch trockner und lederner machen. Es ist ein von den Wogen losgerissenes, auf den Strand geworfenes Zweigstück des Blasentangs, ein Zweig freilich ohne Rundung. ohne Blätter und Blüten, wenn auch mit reicher Gliederung. Diese blattähnlichen, vielfach als Thallus bezeichneten Gebilde bestehen aus Verbänden gleichartiger Zellengewebe und unterscheiden sich von den Blütengewächsen durch den Mangel von Rindenzellen und Gefäßbündeln. Die seitlich zusammengedrückten Zweige liegen sämtlich in einer Ebene und zeigen an einigen Stellen ovale, mit Luft gefüllte, blasige Erweiterungen, Schwimmblasen, mittels derer die auf dem Meeresgrunde haftenden Pflanzen bei ruhiger See in senkrechter Stellung erhalten werden. An den Zweigspitzen sehen wir eine zweite Art von Verdickungen, die zur Fortpflanzung dienenden Fruchtbehälter. Gegen den lichten Himmel gehalten zeigt unser Zweigstück noch eine Menge drüsenförmiger Punkte, die zu beiden Seiten des dunkleren, die Mitte durchsetzenden Zellenbündels liegen, und deren Bedeutung für das Leben der Tangpflanze noch unbekannt ist.

Der Blasentang klammert sich mit einer vielfach verzweigten, wurzelartigen Ausbreitung des Thallus an Steine und Felsen des Meeresgrundes so fest an, daß er selbst durch die heftigsten Wogenschläge nicht losgerissen wird. Als Saugorgan dient jedoch diese Haftwurzel nicht; die Ernährung der Pflanze besorgt der chlorophyllhaltige Thallus, dessen Blattgrün von einem olivbraunen Farbstoff verdeckt wird. Das Wasser und die darin aufgelösten Nahrungsstoffe werden von der ganzen Körperoberfläche aufgenommen. Deshalb können auch abgerissene Zweigstücke unter günstigen Umständen an anderer Stelle Wurzel schlagen und zur vegetativen Verbreitung der Pflanze dienen.

Die an den Fruchtzweigen sichtbaren punktförmigen Öffnungen führen in die Fruchtbehälter, grubenförmige Aushöhlungen des Zellenlagers, die von dem umliegenden Gewebe bis auf die enge Mündung umwallt und überwachsen sind. In ihnen entstehen zwischen einer Menge gegliederter Fäden oder Härchen größere kugelförmige Behälter, welche die Fortpflanzungszellen des Tanges enthalten. Während bei manchen Fucus-Arten derselbe Thallus männliche und weibliche Zellen erzeugt, sind sie beim Blasentang auf verschiedene Stöcke verteilt. Die Vereinigung dieser Fortpflanzungszellen findet außerhalb der Fruchtbehälter im Wasser statt. Kurze Zeit nach der Befruchtung umgiebt die Eikugel sich mit einer Zellhaut, setzt sich an einem Steine fest und beginnt unter fortwährend wiederholter Zellteilung zu keimen. An der Stelle, wo das Pflänzchen die Unterlage berührt, bildet sich das wurzelförmige Haftorgan, während der Scheitel unter oft wiederholter Zweiteilung aufwärts wächst. – Der Tang wird äußerlich (als Umschlag) und innerlich gegen Skrofulose angewandt und dient zur Gewinnung des Jods, das in den meisten Nordseetangen enthalten ist, manchmal sogar in ziemlicher Menge, obwohl sich dieses Mineral im Seewasser bisher nicht nachweisen ließ.

Reich der Algen, Stamm der Tange, Fucoideen; Familie der Blättertange, Fucaceen.

 


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