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Die Zwerg-, Busch- oder Krup- (d. h. Kriech-) Bohne ist eine niedere, nicht windende Abart der gemeinen oder Schminkbohne. Von diesen beiden, die nur wenige lila oder gelblichweiß gefärbte Blüten in einer Traube vereinigen, unterscheidet sich die Feuer- oder türkische Bohne durch ihre zahlreichen, feuerroten oder schneeweißen Blüten ( P. multiflorus). Die Heimat unserer Phaseolus-Arten ist, wie man neuerdings mit gutem Grunde annimmt, nicht Asien, sondern Amerika. Die gemeine Bohne besitzt keine Benennung im Sanskrit, der alten Schriftsprache der Inder; kein ägyptischer Sarkophag, kein europäischer Pfahlbau hat Bohnen geliefert, abgesehen von der Sau- oder Pferdebohne ( Vicia Faha), von der schon Walther von der Vogelweide in seinem Bohnenlied verächtlich singt: »Was ist denn an Frau Bohne, daß man im Lied sie preisen soll? Die ekle Fastenspeise!« Dazu kommt, daß alle indischen Bohnen viel kleinere Samen besitzen und gerade die in Amerika heimischen Arten fast sämtlich großsamig sind. Im Südwesten von Nordamerika, in Arizona, hat man Samen der gemeinen Bohne zusammen mit Maiskörnern in alten indianischen Gräbern gefunden und auf dem Leichenfelde von Ancon bei Lima neben peruanischen Mumien solche, die ihrer Färbung nach, schwarz mit rotem Anflug, anscheinend zur Feuerbohne gehören. Was die Alten unter faselos, faseolos verstanden, ist wahrscheinlich die Frucht von Dolichos chinensis gewesen.
Nichts ist unterhaltender, als im Freien, auf dem Blumenbrette oder dem Balkon, eine im Gefäß blühende Bohnenstaude zu beobachten. Am besten eignet sich dazu die Feuerbohne. Tritt man in der Morgenkühle an den schlanken, seine Stütze regelmäßig umwindenden Stamm heran, so trifft man ihn noch schlafend: die Blättchen des dreiteiligen Blattes sind mit kurzen, durchscheinenden, etwas verdickten Gelenken so am gemeinsamen Blattstiel befestigt, daß sie sich abends herabsenken und dem verderblichen Einfluß der nächtlichen Abkühlung entziehen können. Erscheinen die Strahlen der Morgensonne, so erheben die Blättchen sich zu wagerechter Stellung und bewegen sich nun im Laufe des Tages so, daß ihre Oberflächen möglichst viel Licht erhalten. In diesem Bestreben sieht man das mittelste oft eine ganz andere Stellung als die beiden seitlichen annehmen. Wenn wir über die nötige Geduld zur Beobachtung verfügen, so können wir die Bewegungen des oberen Stammendes verfolgen, durch welche der Sproß nach einer Stütze gleichsam tastet und sucht. Das Sproßende schwingt dabei links, d. h. von Westen über Norden nach Osten und über Süden in die alte Stellung zurück, und daran können wir mit aller List und Gewalt nichts ändern; diese Art der Bewegung liegt ebenso im Charakter, besser gesagt im Willen der Bohne begründet, wie z. B. das rechts schwingende Winden beim Hopfen oder beim Geisblatt. Ist eine Stütze erfaßt, so umwächst das Sproßende sie in einer lang ausgezogenen Spirale bis zu ihrem Ende und setzt ihr Suchen dann fort.
Im Juni beginnt die Blütezeit der Bohne und damit stellen sich auch Besucher und Gäste bei ihr ein. Das Schiffchen, die Staubblätter und der Griffel, die vom Schiffchen umschlossen sind, zeigen einen schneckenförmig gewundenen Bau. Aus der Spitze des Schiffchens ragt die Narbe hervor, und bei einem Druck auf die Blüte bürstet eine am Griffel sitzende Haarbürste den Pollen aus den Antheren und dann weiter aus der Blüte hervor, wo er den Hummeln angeheftet wird. Der Honig ist bei der Schminkbohne so gelagert, daß die saugende Hummel sich ausnahmslos auf derjenigen Seite der Blüte niederlassen muß, gegen welche das gewundene Fruchtblatt mit der Griffelbürste vorgeschoben wird. Man kann deshalb, wie Darwin das so sorgfältig beobachtet hat, ein ganzes Beet mit roten Schminkbohnen ansehen und wird finden, daß entsprechend dem Anfluge der Gäste nur die Flügelkronenblätter der linken Seite alle von den Tarsen der Hummeln gekratzt sind. Insektenbesuch ist bei der Bohne sogar zur Selbstbefruchtung nötig, welche ohne die von den Tierchen verursachte Erschütterung der Blüte ausbleibt. Ich habe nun freilich in jahrelangen Versuchen gefunden, daß gerade die Hummeln des von der Natur ihnen verliehenen Amtes der Blumenbefruchtung oft recht treulos walten. Anstatt dem Honig in legaler Weise von vorne beizukommen, bissen sie in 99 unter 100 Fällen einfach den weichen Kelch, und zwar stets genau an derselben Stelle, an und schlürften den Nektar, ohne Fremdbestäubung herbeizuführen. Ich glaube, daß eine Hummel, die erst einmal auf diesen Schleichweg verfallen ist, bei der betreffenden Art niemals mehr auf den von der Natur gewollten Weg zurückkehrt. Freilich dient sie der Pflanze auch ohnedem durch Bewirkung der Selbstbefruchtung. – Sobald das Blühen beginnt, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die kleinen, am Stengelgrunde der drei Blättchen sitzenden nebenblattartigen Schuppen. Sie beginnen nun jedes auf seiner blaßgrünen Oberfläche ein Tröpfchen süßen Saftes abzusondern, das sich, abgewischt, nochmals erneuert. Man vermutet, daß diese außerhalb der Blüte befindlichen Honigblättchen, die sogenannten extranuptialen Nektarien, die Bestimmung haben, vom Boden aufkriechende Gäste anzulocken und vom Besuch der Blüten, denen sie nur schaden könnten, abzuhalten. Solche unwillkommenen Besucher sind vor allem die Süßigkeit liebenden Ameisen, die in der Heimat der Bohne eine noch weit größere Rolle als bei uns spielen. Es kann jedoch auch sein, daß diese mit dem Blühen zusammenhängende Honigausscheidung nur im Stoffwechsel der Pflanze begründet, also rein physiologischer Natur ist.
Die Blütezeit ist vorüber; die bei der Schminkbohne glatten, bei der Feuerbohne rauhen Hülsen runden sich und lassen die reifenden Samen erkennen, während das Blattwerk unscheinbar wird. Opfern wir nun die Pflanze, um ihrer Geheimnisse ganz Herr zu werden; schneiden wir den Stamm dicht über dem Boden ab und befreien die Wurzel vorsichtig durch Schütteln und Spülen von der anhaftenden Erde. Da erblicken wir an den seinen Wurzelfasern zahlreiche kleine, durchschnittlich Stecknadelkopfgroße Knöllchen. An einer Wurzel aus einem mäßig großen Blumentopfe zählte ich mehrere hundert. Das sind die berühmten Wurzelknöllchen der Leguminosen, die sich jedoch nicht nur bei schmetterlingsblütigen Gewächsen, sondern auch bei Pflanzen zahlreicher anderer Gattungen finden. Sie sind die Stickstoffspeicher der Bohne, in denen die Pflanze den für ihr Gedeihen, besonders für die Ausbildung kräftiger Samen so wichtigen Stickstoff mit Hilfe kleiner Bakterien sammelt und bis zur geeigneten Zeit aufbewahrt. Diese Bakterien sind Pilze der niedrigsten Art, welche im Feldboden leben und beim Keimen der betreffenden Pflanze mit ihrer Wurzel in Verbindung treten.
Schmetterlingsblütler, Papilionaceen. Kl. XVII. . Juni – August. H. 2,50 – 5,75 m, bei der Zwergbohne 0,30 – 0,60 m. Die Feuerbohne wird auch ausdauernd.