Eugen Sue
Die Geheimnisse von Paris
Eugen Sue

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Drittes Kapitel.

Das Komplott.

Der dicke Lahme, dessen Ankunft in der Löwengrube mit solchem Jubel begrüßt wurde, war ein Mann von mittlerer Größe, schien aber trotz seiner Dicke und seinem Gebrechen kräftig und gewandt zu sein. Sein Gesicht mit der eingedrückten Stirn, den kleinen fahlen Augen, rückwärtshängenden Backen und schweren Kinnladen, von denen die untere mit langen Hakenzähnen besetzt war, die hier und da über die Lippen ragten, hatte Aehnlichkeit mit dem einer Bulldogge. Ueber seinem Anzuge trug er einen blauen Mantel mit Pelzkragen und auf dem Kopf eine Pelzmütze. Er befand sich gleich unter Bekannten und vermochte auf all die Willkommensworte kaum zu antworten, die von allen Seiten ihm entgegenklangen.

»Bist du endlich da, Dicker? Desto besser, nun gibts doch wieder was zu lachen!« – »Ja, du hast uns gefehlt!«

»Ich habe es an nichts fehlen lassen, die alten Freunde wiederzusehen. Meine Schuld ist es nicht, daß die Polizei mich nicht früher haben mochte. Mit mir sind aber noch zwei angekommen: einen davon kenne ich nicht; den andern in der grauen Bluse habe ich schon wo gesehen, ich denke, bei der Wirtin zum weißen Kaninchen, – ein starker Kerl!« –

Barbillon hatte auf Skeletts Befehl etwa ein Dutzend handfeste Sträflinge geworben, die sich einzeln, um keinen Verdacht zu erregen, in den Saal begaben. Die andern blieben im Hofe; einige sprachen sogar auf Barbillons Rat laut, um die Aufmerksamkeit des Aufsehers von dem Wärmesaale abzulenken, wo Skelett, Barbillon, Niklas und andere ungeduldig warteten. Barbillon stellte sich an die Tür. Skelett nahm die Pfeife aus dem Munde und sagte zu dem dicken Lahmen: »Kennst du einen jungen Menschen, Germain, mit blauen Augen und braunem Haar, der wie ein ehrlicher Kerl aussieht?« – »Germain hier?« rief der Lahme und seine Züge verrieten Ueberraschung, Haß und Zorn, »Ob ich ihn kenne! Kameraden, er ist ein Angeber und muß an die Kreide.«

»Erzähle, Lahmer,« fiel das Skelett ein, »was du über ihn weißt.« –

»Einer von Nantes, der Haarige genannt,« antwortete der Lahme, »ein ehemaliger Sträfling, hat den Menschen, dessen Herkunft ich nicht kenne, als Junge in der Lehre gehabt. Als er alt genug dazu war, sollte er in Nantes zu einem Bankier, weil mit seiner Hilfe ein gutes Geschäft zu machen gewesen wäre. Der Kerl sagte weder Ja noch Nein, sondern petzte alles seinem Chef und rückte am Abend, als die Sache spruchreif war, durch die Lappen nach Paris.«

Die Sträflinge schrien laute Verwünschungen gegen Germain. – »Still!« befahl Skelett, nahm die Pfeife wieder aus dem Munde und forderte den Lahmen auf, weiter zu erzählen . . . »Natürlich ging alles schief,« fuhr dieser fort, »denn der Bankier hatte die ganze Polizei aufgeboten. Dem Haarigen gelang es, zu entwischen, sein Kamerad aber wurde in dem Augenblicke gefaßt, als er durch das Fenster steigen wollte. In Paris habe ich den Musje zusammen mit dem Haarigen aufgestöbert, aber er ist uns immer wieder durch die Finger geglitten; jedesmal, wenn wir ihn fassen zu können meinten, hatte er die Wohnung geräumt und war nicht mehr zu finden. Und jetzt ist der Kerl hier?« – »Ueberlaß ihn mir,« versetzte Skelett, »ich bin so gut wie tot und brauche mich nicht weiter zu sorgen. Mehr als einmal kann man den Kopf nicht mehr verlieren. Aber mit solchen hundsföttischen Spitzeln muß aufgeräumt werden. Ein für allemal. Wird in allen Stockhäusern so vorgegangen, wie ich heute vorgehen werde, dann wird dem Gesindel die Lust schon vergehen, der Polizei Liebesdienste zu tun.«

Alle Sträflinge drängten sich voller Bewunderung um das Skelett. Selbst Barbillon trat von der Tür weg, so daß es ihm entging, daß ein neuer Sträfling eingetreten war: einer in grauer Bluse, mit roter, baumwollner Mütze auf dem Kopfe, tief über die Ohren gezogen, der sich, sobald er den Namen Germain gehört, zu der Gruppe Skeletts gesellte. Es war ein Hüne von Gestalt, der gierig über das Essen herfiel, das soeben zur Austeilung gelangte: gekochtes Fleisch in kupfernen Schüsseln, von dem jeder ein derbes Stück mit Brot, das in großen Körben gebracht wurde, erhielt. Sträflinge, die Geld hatten, konnten sich Wein kaufen und wer von außen her Lebensmittel bekommen hatte, wie Niklas, machte sich ein kleines Festessen zurecht, zu dem sie ein paar von ihren besten Freunden einzuladen pflegten.

Germain kam mit zuletzt herein, in Gedanken noch bei seiner niedlichen Braut. Er setzte sich auf dem hintersten Fensterbrette nieder, seinem gewöhnlichen Platze, den ihm niemand streitig zu machen pflegte, lag er doch fern von dem Ofen, dessen Nähe die anderen vorzuziehen pflegten. Etwa ein Dutzend von ihnen war, wie schon bemerkt, von dem Plane unterrichtet, der gegen ihn geschmiedet worden war, die Kunde davon verbreitete sich aber rasch unter den anderen, und jeder von ihnen erblickte in seiner blinden Grausamkeit in diesem gemeinen Hinterhalte nur eine gerechte Rache und Warnung für jeden, der sich mit gleichen Gedanken trüge. Die einzigen, die keine Ahnung hatten von dem, was im Werke war, waren Germain selbst und der die Aufsicht führende Fron. Der Zufall wollte es, daß dieser abgerufen wurde, und kaum hatte er den Saal verlassen, so wurde Germain von den Gefangenen umstellt, und gleich darauf fiel Skelett wie ein Rasender über ihn her. Durch den jähen Angriff des starken Sträflings verblüfft, sank Germain auf die Bank; Skelett setzte ihm das Knie auf die Brust und packte ihn an der Kehle . . .

Da geschah etwas Unerwartetes: der Mann in der blauen Mütze und grauen Bluse, der vorhin unbemerkt von Barbillon in den Saal getreten war, rannte ein paar Sträflinge über den Haufen, stürzte sich von hinten über das Skelett und bearbeitete ihm mit einem Hagel von Faustschlägen Schädel und Augen. Die Sträflinge waren so verblüfft über dieses jähe Eingreifen des Neulings, daß sich nicht einer von ihnen zu rühren vermochte . . . Noch immer schlug jener auf Skelett ein, und schon vollzog sich bei einigen Sträflingen infolge seiner Kühnheit ein Meinungsumschwung zu seinen Gunsten . . . »Justament solche Hiebe habe ich seinerzeit im Weißen Kaninchen vom Fächermaler Rudolf bekommen,« rief der Mann, der kein anderer war als Schuri, »und das war eine Lektion, Jungen, die sich jeder andere an meiner Stelle genau ebenso gemerkt hätte.«

Da aber packte der dicke Lahme Schuri am Hinterarm und fuhr ihn an, was ihm einfiele, und was er hier zu suchen hätte, während Schuri all seine Kräfte aufbieten mußte, Skelett auf der Bank festzuhalten. Aber es gelang ihm, dem Lahmen mit dem Beine von hinten einen so derben Fußtritt zu versetzen, daß er bis in die entgegengesetzte Ecke flog. Germain, der so heftig gewürgt worden war, daß er kaum atmen konnte, kniete leichenblaß neben der Bank, auf der er gesessen hatte, und schien nicht fassen zu können, was um ihn her vorging. Dem Skelett glückte es durch eine verzweifelte Anstrengung, sich von Schuri freizumachen und wieder auf die Beine zu kommen. Er schäumte vor Wut und sah grauenhaft aus. Blut rann ihm über das Gesicht, der Kiefer war ihm zerschlagen, die Oberlippe gespalten, so daß die Zähne, wie bei einem reißenden Wolfe, frei lagen . . . Endlich fand er die Stimme wieder, und keuchend stöhnte er: »Ihr Memmen! Wie könnt ihr mich hinterrücks niederschlagen lassen? Macht doch den Räuber kalt! Ihr riskiert ja, daß uns der Spitzel wieder durch die Lappen geht!«

Während der kurzen Pause, die eingetreten war, hatte Schuri seinen jungen Freund so geschickt in die Saalecke geschoben, daß er sich wie eine Säule vor ihn postieren konnte und selbst den Vorteil eines ausreichenden Rückhaltes hatte. Jetzt außer Gefahr, von hinten gepackt zu werden konnte er es schon eine Weile mit dem auf ihn eindringenden Haufen aufnehmen. Beide Arme in Boxerweise vor sich hinstreckend, erwartete er die Feinde. Aber der Kampf wurde gehindert durch einmarschierendes Militär, das Germain, den Schuri und das Skelett ins Direktionsgebäude abführte. Germain war so schwach, daß er von zwei Fronen gestützt werden mußte. Einer Ohnmacht nahe, brach er dort zusammen. Der die Aufsicht im Sprechzimmer führende Fron, der sich, wie der Leser weiß, für ihn lebhaft interessierte, leistete ihm die erste Hilfe, und sobald er wieder sprechen konnte, war seine erste Frage, wem er seine Rettung aus der Hand des rasenden Sträflings zu verdanken habe. – »Ich weiß selbst noch nicht, wie er wirklich heißt. Unter den Verbrechern wird er der Schuri genannt und ist ein ehemaliger Bagnosträfling.« – »Und weshalb ist er wieder im Zuchthause – hoffentlich nicht wegen eines schweren Verbrechens?« – »Doch! Er ist des erschwerten Diebstahls beschuldigt,« antwortete der Fron, »und wird wohl seine paar Jahre Zuchthaus wieder weghaben.«

Germain fuhr zusammen. Ihm wäre es lieber gewesen, er hätte seine Rettung jemand zu verdanken gehabt, der kein schwerer Verbrecher gewesen wäre . . . »O, so etwas zu hören, ist schrecklich. Und doch hat sich der Mensch meiner erbarmt, ohne mich zu kennen? Dazu gehört doch viel Mut und Edelsinn!« – »Ich höre ihn eben aus dem Direktionszimmer kommen,« sagte der Fron, »wenn das Skelett, das nach ihm verhört wird, herauskommt, werde ich sie abführen: den einen zurück in die Löwengrube, wo er vielleicht Skeletts Amt als Aufseher erhält, diesen aber in eine Kerkerzelle. Ich vermute wohl nicht mit Unrecht, daß dem Schuri sein Einspringen zu Ihren Gunsten nicht wenig strafmildernd angerechnet werden dürfte.«

Schuri kam in die Stube, in welcher Germain noch matt und schwach auf der Bank lag. Mit der Weisung an Schuri, hier solange zu warten, bis er zurückkäme, ging der Fron hinaus, um sich im Direktionszimmer zu erkundigen, was mit dem Skelett geschehen solle.

Mit freudestrahlendem Gesicht näherte sich Schuri seinem jungen Freunde . . . »Tausend Donner!« rief er, »ist's mir lieb, daß ich noch zurechtkam . . . Keine Sekunde später durfte es sein, sonst waren Sie eine Leiche . . . Der Kerl hat Sie wirklich sakrisch geschnürt.« Er streckte Germain die Hand entgegen, aber von unwillkürlichem Abscheu ergriffen, wich Germain, statt die Hand zu nehmen, zurück, bedachte aber im andern Augenblicke, was er dem Manne schuldete, und wollte die Kränkung, die er ihm zugefügt, ebenso schnell gut machen. Schuri hatte recht gut bemerkt, was Germain fühlen mochte; jetzt wich er mit verdüstertem Gesicht zurück und antwortete mit Bitterkeit: »Gewiß! Sie haben recht! Ich bitte um Pardon.« – »Das ist an mir,« versetzte Germain; »bin ich nicht Sträfling wie Sie? und haben Sie mir nicht das Leben gerettet? Ihre Hand her! Ihre Hand her!« – »Es ist jetzt wohl überflüssig, einen Händedruck zu wechseln,« sagte Schuri, und ein Zug wehmütigen Schmerzes zuckte durch seine Stimme, »wie man sich im ersten Moment gibt, bleibt doch immer Hauptsache. Gefreut hätte ich mich ja, wenn Sie mir die Hand gedrückt hätten; jetzt aber mag nun ich nicht . . . nicht weil ich Sträfling bin wie Sie,« setzte er hinzu, »sondern weil ich wieder hier bin wegen . . .,« – »O, der Fron hat mir alles gesagt,« fiel Germain ihm ins Wort, »aus der Welt läßt sich aber trotz alledem nicht schaffen, daß Sie mein Lebensretter sind.« – »Was habe ich anders getan als meine Menschenpflicht?« versetzte Schuri, »weiß ich etwa nicht, wen ich in Ihnen vor mir habe, Herr Germain?«

Germain sah Schuri verwundert an . . . »Sie hätten mich gekannt?« fragte er. – »Freilich, und wollten Sie meine Gegenwart auf bloßen Zufall zurückführen, so befänden Sie sich im Irrtum,« erwiderte Schuri, »denn hätte ich Sie nicht gekannt, so säße ich jetzt nicht wieder im Zuchthause.«

»Ich verstehe den Sinn Ihrer Worte nicht,« sagte Germain; »inwiefern soll ich die Schuld an Ihrem Hiersein tragen?« – Schuri nahm seine Mütze ab, um dem Schwure, den er jetzt tat, höhere Bedeutung zu geben, und rief: »So wahr ich gesund sein will, ich habe den Einbruch bloß verübt –«

»Weil Sie Not und Hunger dazu trieben?« fragte Germain. – »Nein, ich hatte weder Hunger, noch war ich in Not, denn ich hatte 120 Franks bares Geld bei mir,« antwortete Schuri, »aber, bei meinem Schutzpatron!« – und wen er darunter meinte, wird dem Leser nicht fremd sein – »ich habs nur um seinetwillen getan, das heißt: Sie habens bloß ihm zu danken, daß ichs getan! – Hab ich doch auch bloß von ihm die Püffe gelernt, die Skeletts Schädel auf Wochen zum Bienenkorbe machen werden . . . Wenn ich von meinem Schutzpatron gesprochen habe, so dürfen Sie mir schon glauben, daß die Sache infam ernst ist – denn sonst nehme ich seinen Namen nicht in den Mund, weil er mir zu heilig ist . . .« – »Was habe ich aber mit Ihrem Schutzpatron zu tun?« fragte Germain. – »O, tun Sie doch nicht so, als wüßten Sie das nicht! – Tun Sie doch nicht so, als ob Sie nicht wüßten, daß er auch Ihr Schutzpatron ist!« – »Mein Schutzpatron?« – »Allerdings, denn er beschützt auch Sie, und wenn Sie es wirklich nicht wissen sollten, nun, dann lassen Sie sich sagen, daß er zum wenigsten ein Prinz sein muß, wenn ich ihn auch immer nur Herr Rudolf nenne . . .«

»Und doch sind Sie im Irrtum, lieber Mann,« sagte Germain, »denn ich kenne keinen Prinzen.« – »Na, aber er kennt Sie, das steht fest – wenn Sie auch nichts davon merken. Es ist nun einmal seine Art so! Sobald er hört, daß jemand in Not ist, dann hilft er auch, und niemals weiß der, dem er geholfen hat, von wem die Hilfe ihm kommt . . . Wie ein Ziegel vom Dache, so fällt einem die Wohltat dieses Herrn Rudolf auf den Schädel, und Sie werdens schon bald merken, daß Ihnen was auf den Kopf fällt!« – »Ich verstehe nicht, was Sie mir da sagen!« – »Lassen Sie es nur gut sein, Sie werden noch ganz andere Dinge verstehen lernen! Um Ihnen nur einiges von meinem Schutzpatrone zu sagen, was er mir angetan hat: Vor ein paar Wochen besorgt er mir eine famose Stellung, drüben in Algier, in der ich mein feines Auskommen gehabt hätte – ich fahre puppenlustig weg, beim schönsten Sonnenschein – in Marseille aber, als ich ankomme, ist der Himmel pechschwarz, nachdem es schon die Tage vorher sich immer mehr getrübt hatte – verstehen Sie mich? Na, wenn nicht, so sagen Sie, ob Sie schon mal einen Hund besessen haben?« – »Sind das alles Dinge, die Sie mir da mitteilen!« –

»Also einen Hund haben Sie noch nie besessen?« – »Nein.« – »Schade! So kann ich Ihnen eben nur sagen, daß ich, als ich von Herrn Rudolf so weit weg war, ängstlich und unruhig wurde wie ein Hund, der seinen Herrn eingebüßt hat. Das mag dumm von mir gewesen sein, aber es war nun einmal so, Hunde sind nun mal nicht gescheit – wenn sie auch ihren Herren zugetan sind und sich auf gute Bissen genau so gut besinnen wie auf Prügel. Nun hat mir Herr Rudolf wohl Prügel, aber weit mehr noch gute Bissen gegeben und mich aus einem rohen, wilden Subjekte zu einem ehrlichen Kerl gemacht, und bloß durch ein paar Worte, die aber gewirkt haben wie Zauberei . . .«

»Und was für Worte waren das?« fragte Germain. – »Ich hätte trotz allem Herz und Ehre im Leibe, wenn ich auch schon im Bagno gesessen hätte! Und hinein gekommen war ich nicht, weil ich etwa bloß gestohlen, nein! weil ich einen Mord begangen hatte . . . freilich bloß in einem Anfall von Jähzorn . . . ich war eben aufgewachsen wie ein Vieh und wußte von Gott und Teufel nichts! Wenn mir das Blut zu Sinnen schoß, dann wurde es mir blutrot vor den Augen, und hatte ich ein Messer in der Faust, dann stach ich drauflos ohne Besinnen, wohin es traf. Umgang konnte ich bloß mit Lumpen und Banditen haben, und in solcher Gesellschaft lernt man eben nichts von Gottesfurcht und frommen Sitten. Aber trotzdem ich überall verachtet wurde und arm wie eine Kirchenmaus war, arbeitete ich doch lieber, statt zu stehlen, und als mir Herr Rudolf sagte, das sei ihm ein Beweis dafür, daß ich noch Herz und Ehre im Leibe hätte – tausend Donner! Da ist's mir gewesen, als ob mich was an den Haaren packte und mich über all das Ungeziefer, zwischen dem ich bis dahin herumgekrochen, tausend Fuß emporhöbe . . . Kurz und gut, Herr Germain, Herr Rudolf hat mich zu einem andern Menschen gemacht, als er mir liebevoll sagte, ich sei nicht so schlecht, wie ich zu sein glaubte – und ihm allein habe ich es zu danken, wenn ich mich nicht mehr vor mir selbst entsetze . . .«

Und als Germain diese Worte hörte, da ward es ihm immer unklarer, wie dieser Mann sich zu dem erschwerten Diebstahl hatte verleiten lassen, dessen er sich selbst anklagte.


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