Johann Peter Eckermann
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens
Johann Peter Eckermann

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Donnerstag, den 10. März 1831*

Diesen Mittag ein halbes Stündchen bei Goethe. Ich hatte ihm die Nachricht zu bringen, daß die Frau Großherzogin beschlossen habe, der Direktion des hiesigen Theaters ein Geschenk von tausend Talern zustellen zu lassen, um zur Ausbildung hoffnungsvoller junger Talente verwandt zu werden. Diese Nachricht machte Goethen, dem das fernere Gedeihen des Theaters am Herzen liegt, sichtbare Freude.

Sodann hatte ich einen Auftrag anderer Art mit ihm zu bereden. Es ist nämlich die Absicht der Frau Großherzogin, den jetzigen besten deutschen Schriftsteller, insofern er ohne Amt und Vermögen wäre und bloß von den Früchten seines Talentes leben müßte, nach Weimar berufen zu lassen und ihm hier eine sorgenfreie Lage zu bereiten, dergestalt, daß er die gehörige Muße fände, jedes seiner Werke zu möglichstes Vollendung heranreifen zu lassen, und nicht in den traurigen Fall käme, aus Not flüchtig und übereilt zu arbeiten, zum Nachteil seines eigenen Talents und der Literatur.

»Die Intention der Frau Großherzogin«, erwiderte Goethe, »ist wahrhaft fürstlich, und ich beuge mich vor ihrer edlen Gesinnung; allein es wird sehr schwer halten, irgendeine passende Wahl zu treffen. Die vorzüglichsten unserer jetzigen Talente sind bereits durch Anstellung im Staatsdienst, Pensionen oder eigenes Vermögen in einer sorgenfreien Lage. Auch paßt nicht jeder hieher, und nicht jedem wäre wirklich damit geholfen. Ich werde indes die edle Absicht im Auge behalten und sehen, was die nächsten Jahre uns etwa Gutes bringen.«


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