Johann Peter Eckermann
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens
Johann Peter Eckermann

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Sonntag, den 27. Dezember 1829

Heute nach Tisch las Goethe mir die Szene vom Papiergelde.

»Sie erinnern sich,« sagte er, »daß bei der Reichsversammlung das Ende vom Liede ist, daß es an Geld fehlt, welches Mephistopheles zu verschaffen verspricht. Dieser Gegenstand geht durch die Maskerade fort, wo Mephistopheles es anzustellen weiß, daß der Kaiser in der Maske des großen Pan ein Papier unterschreibt, welches, dadurch zu Geldeswert erhoben, tausendmal vervielfältigt und verbreitet wird.

In dieser Szene nun wird die Angelegenheit vor dem Kaiser zur Sprache gebracht, der noch nicht weiß, was er getan hat. Der Schatzmeister übergibt die Banknoten und macht das Verhältnis deutlich. Der Kaiser, anfänglich erzürnt, dann bei näherer Einsicht in den Gewinn hoch erfreut, macht mit der neuen Papiergabe seiner Umgebung reichliche Geschenke und läßt im Abgehen noch einige tausend Kronen fallen, die der dicke Narr zusammenrafft und sogleich geht, um das Papier in Grundbesitz zu verwandeln.«

Indem Goethe die herrliche Szene las, freute ich mich über den glücklichen Griff, daß er das Papiergeld von Mephistopheles herleitet und dadurch ein Hauptinteresse des Tages so bedeutend verknüpft und verewigt.

Kaum war die Szene gelesen und manches darüber hin und her gesprochen, als Goethes Sohn herunterkam und sich zu uns an den Tisch setzte. Er erzählte uns von Coopers letztem Roman, den er gelesen und den er in seiner anschaulichen Art auf das beste referierte. Von unserer gelesenen Szene verrieten wir nichts, aber er selbst fing sehr bald an, viel über preußische Tresorscheine zu reden, und daß man sie über den Wert bezahle. Während der junge Goethe so sprach, blickte ich den Vater an mit einigem Lächeln, welches er erwiderte und wodurch wir uns zu verstehen gaben, wie sehr das Dargestellte an der Zeit sei.


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