Johann Peter Eckermann
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens
Johann Peter Eckermann

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Mittwoch, den 24. Februar 1830

Mit Goethe zu Tisch. Wir sprechen über den Homer. Ich bemerke, daß sich die Einwirkung der Götter unmittelbar ans Reale anschließe. – »Es ist unendlich zart und menschlich,« sagte Goethe, »und ich danke Gott, daß wir aus den Zeiten heraus sind, wo die Franzosen diese Einwirkung der Götter Maschinerie nannten. Aber freilich, so ungeheuere Verdienste nachzuempfinden, bedurfte einiger Zeit, denn es erforderte eine gänzliche Umwandlung ihrer Kultur.«

Goethe sagte mir sodann, daß er in die Erscheinung der Helena noch einen Zug hineingebracht, um ihre Schönheit zu erhöhen, welches durch eine Bemerkung von mir veranlaßt worden und meinem Gefühl zur Ehre gereiche.

Nach Tisch zeigte Goethe mir den Umriß eines Bildes von Cornelius, den Orpheus vor Plutos Throne darstellend, um die Eurydice zu befreien. Das Bild erschien uns wohl überlegt und das einzelne vortrefflich gemacht, doch wollte es nicht recht befriedigen und dem Gemüt kein rechtes Behagen geben. Vielleicht, dachten wir, bringt die Färbung eine größere Harmonie hinein; vielleicht auch wäre der folgende Moment günstiger gewesen, wo Orpheus über das Herz des Pluto bereits gesiegt hat und ihm die Eurydice zurückgegeben wird. Die Situation hätte sodann nicht mehr das Gespannte, Erwartungsvolle, vielmehr würde sie vollkommene Befriedigung gewähren.


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