Johann Peter Eckermann
Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens
Johann Peter Eckermann

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Dienstag, den 24. April 1827

August Wilhelm von Schlegel ist hier. Goethe machte mit ihm vor Tisch eine Spazierfahrt ums Webicht und gab ihm zu Ehren diesen Abend einen großen Tee, wobei auch Schlegels Reisegefährte, Herr Doktor Lassen, gegenwärtig. Alles in Weimar, was irgend Namen und Rang hatte, war dazu eingeladen, so daß das Getreibe in Goethes Zimmern groß war. Herr von Schlegel war ganz von Damen umringt, denen er aufgerollte, schmale Streifen mit indischen Götterbildern vorzeigte, sowie den ganzen Text von zwei großen indischen Gedichten, von denen außer ihm selbst und Dr. Lassen wahrscheinlich niemand etwas verstand. Schlegel war höchst sauber angezogen und höchst jugendlichen, blühenden Ansehens, so daß einige der Anwesenden behaupten wollten, er scheine nicht unerfahren in Anwendung kosmetischer Mittel.

Goethe zog mich in ein Fenster. »Nun, wie gefällt er Ihnen?« – »Noch ganz so wie sonst«, erwiderte ich. – »Er ist freilich in vieler Hinsicht kein Mann,« fuhr Goethe fort »aber doch kann man ihm seiner vielseitigen gelehrten Kenntnisse und seiner großen Verdienste wegen schon etwas zugute halten.«


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