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Lene, Lotte, Liese

Es bezeichnet sich als Volksstück und ist von einem solchen so weit entfernt, wie Georg Okonkowski von Ferdinand Raimund. Es lebt von Motiven und Einfällen von dunnemals, aber was geht uns das eigentlich an, Paraphrasen über die alte Längstnichtmehr-Weisheit, daß Kleider Leute machen, und daß es komische Situationen ergibt, wenn die Portierloge plötzlich in die Beletage aufrückt? Wie lange eigentlich noch »Volksstücke«, in denen das »Volk« genau so figuriert, wie es seine vermotteten, reaktionären Schulen ins Bilderbuch setzen, also: brav, dußlig, aber vorlaut, humorig-tapsig, doch stets bereit, bescheiden »in seine Schranken zurückzukehren«, wenn man ihm übers Maul fährt, und immer durchdrungen von der Einsicht, daß Geld nicht glücklich macht. Wann wird endlich der befreiende Moment sein, wo in dies ganze innerlich und äußerlich geschminkte Genre der erste befreiende Pfiff schrillt? Noch ist es nicht so weit, noch deckt ein Erfolg, wie ihn sich Herr Dr. Zickel in seinem Thalia-Theater holte, den Skeptiker zu. Dafür setzte er auch Künstler wie Josefine Dora, Oscar Sabo, Albert Paulig und Georg Baselt ein. Alles sehr üppig, sehr farbig aufgemacht. Dekorationen von Archan, Beleuchtungskörper von Siegel & Co., eine Chauffeur-Livrée von S. Adam, ein russisches Kostüm von Bruno Pruschinsky, die modernen Toiletten vom Modesalon Malianna. Das alles verrät Theaterzettel, der Redselige. Auch daß die gelegentlich aus dem Orchesterraum dringenden Geräusche auf Jean und Robert Gilbert zurückzuführen sind.

Montag Morgen, 18. Januar 1926


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