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»Bei uns ...«

Aus dem Prozeß in der Sache des pommerschen Gutsbesitzers, der sich die Quälgeister vom Landbund schließlich nicht anders vom Halse zu halten wußte, als daß er sie vor die Pistole forderte, erfuhr man auch ganz beiläufig, daß in dieser Angelegenheit ein Ehrengericht tätig war, das unter dem Vorsitz des Herrn v. Loebell stand.

Man nimmt mit Genugtuung Kenntnis, daß der rüstige Greis, der im Frühjahr erfolgreich als Reichsblock-Manager und Präsidentenmacher fungierte, noch immer nicht die Hände in den Schoß legt. Aus einer leider kaum beachteten Zeitungsmeldung ersah man auch, daß Herr v. Loebell sich in Pommern nicht nur mit der Expertise über Affären des point d'honneur befaßt, sondern auch eine ziemlich rüde Agitation gegen Hindenburg betreibt wegen dessen Locarno-Unterschrift.

Dieser Herr v. Loebell muß demnach ein genialer Mechaniker an der politischen Theatermaschine sein. Er läßt nicht nur die Götter aus der Versenkung aufsteigen, sondern kurbelt sie auch wieder nach unten. Aber, Herr v. Loebell, warum immer hinter den Kulissen und unter den Brettern? Warum machen Sie nicht Hindenburgs Locarno-Sünde, die sie so völlig standesunwürdig finden, zum Gegenstand eines Ehrengerichtes? »Bei uns«, sagten die Beklagten des Stolper Duellprozesses, machen wir solche Sachen »so« ab. Das heißt die ganze Politik ungeheuer vereinfachen, wenn man Gesetz und Recht und Parlament und Vernunft und alle die anderen Bagatellen beiseite tut und die Probleme löst wie »bei uns«, das heißt, im Geiste überlieferter mittelalterlicher Rauf-Ritterlichkeit.

Das wird riesig nett werden, wenn die pommerschen Kartellträger in der Wilhelmstraße bei Herrn Meißner erscheinen ...

Montag Morgen, 7. Dezember 1925


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