Richard Wagner
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk
Richard Wagner

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144.

Penzing, 15. Dez. 63.

Eine kurze Nachricht! Seit 9ten. d.M. Abends bin ich zurück. Die Ankunft in der vom Schicksal mir als Heimat zugewiesenen Wohnung machte einen wehmüthig behaglichen Eindruck auf mich: Alles war warm und behaglich, Franz und AnnaFranz Mrazek und seine Frau Anna; vgl. über sie die Namenverzeichnisse bei Glasenapp II, 2 und III, 1. Wagners Briefe an sie wurden veröffentlicht durch Lubosch im Zeitgeist (Beilage zum Berliner Tageblatt) vom 17. und 24. Juni 1901. glücklich, nichts Uebles war vorgefallen. Nur Pohl hatte sich so über meine Abwesenheit gegrämt, dass er wirklich stark gealtert war. Mir war es sonderbar, eine Vertrautheit von Wesen und Dingen um mich zu fühlen, von denen ich vor einem Jahre noch kein Atom kannte.

Das Traurigste ist meine grosse Erschöpfung; diess das Ergebniss dieser »Kunstreise«, dass ich an Fortsetzung und Wiederholung gar nicht denken kann. Unmöglich nach Russland zu gehen. Was aber ohne diesen Hülfsquell mit mir geschehen soll, – darüber starre ich vor mir hin.

In Löwenberg fand ich einen sehr gutmüthigen Menschen, den Fürsten, der bereits leider zu alt, und zu sehr gemissbraucht ist, um mir von Nutzen werden zu können. In Breslau fand ich mich innerlich recht beschämt und kam mir recht traurig vor. –

Eine alte Bekanntschaft wurde bedeutungsvoll neu! Frau Wille's Schwester, Fr. v. Bissing kam nach Löwenberg und Breslau zum Conzert. Meine grosse Ermüdung und Angegriffenheit, der sie sich freundlichst unterordnete, gab unsrem Zusammensein keine rechte Freiheit: doch waren die wenigen Stunden von tiefem Werthe für uns Beide.

Cornelius wird hoffentlich täglich zu mir heraus kommen, trotz Sturm und Wetter. Ich trachte mit seltsam bittrer Sorge, mir dies Asyl zu erhalten.

Lassen Sie bald Gutes hören, und grüssen Sie herzlich Mann und Kinder von

Ihrem
R. Wagner.


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