Richard Wagner
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk
Richard Wagner

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77.

Kind! Kind! liebstes Kind!

Das ist eine furchtbare Geschichte! Der Meister hat's einmal wieder gut gemacht!

Soeben spielte ich mir die nun ausgearbeitete fertige erste Hälfte meines Aktes vor, und musste mir sagen, was sich einst der liebe Gott sagte, als er fand, dass Alles gut war! Ich habe keinen Menschen, mich zu loben, grade wie's dem lieben Gott damals – vor circa 6000 Jahren – ging, und so sagte ich mir denn unter andrem: Richard, Du bist ein T–kerl! –

Ja, nun kann ich mir denken, warum mir das Zeug solche hypochondrische Noth gemacht! Man hat ja da in einem fort nur Gott weiss woher? es zu holen, um nur die kleinsten Steine zum Bau herbei zu schaffen! Und bei allem Jammer und Elend soll's am Ende noch schön tönen, und sich so einschmeicheln, dass man die Noth in's Herz kriegt ohne es nur zu merken, was für schlimmes Zeug es ist! Es macht sich Alles vortrefflich: ich habe keine Längen und Monotonien gefunden, im Gegentheil leidenschaftliches Leben, bis zum Uebermuth, ja bis zum Lachen der Laune! – Nein, so 'was hab' ich noch nicht gemacht. Sie werden sich einmal wundern, wenn Sie's hören. –

Jetzt Ruhe, Frieden und etwas Lächeln des Geschickes, um die zweite Hälfte bald noch zu vollenden! Ich muss dann wie neu geboren sein! – Helfen Sie mir! Sonst hilft mir Niemand. Sie sind da draussen Alle albern, Alle, Alle! –

Nun adieu für heute!

Bei mir war heute wieder eigentlich Rigi-tag, drum regnet's so hübsch!

Was sagt Wesendonk zu Garibaldi? Tausend Segenswünsche!

Luzern

R. W.

5. Juni 59.


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