Richard Wagner
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk
Richard Wagner

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85.

Luzern, 4. Aug. 59.

Nun schnell vor der Arbeit noch ein paar Worte an den lieben Studenten vom Herrn Professor:

Ich will und muss Samstag fertig werden, aus blosser Neugierde zu wissen, wie mir dann zu Muthe sein wird. Seien Sie mir nur nicht bös, wenn ich etwas abgespannt sein werde: das ist nun einmal nicht zu ändern. Nun rechne ich aber darauf, dass Ihr mich belohnt, und Samstag Abend recht bei Zeiten eintrefft. Ich hab' JemandFelix Dräseke. Vgl. Glasenapp, II, 2, 212. hier, dem ich nichts vorspiele, und immer nur auf diese Zeit vertröste. Der Pilatus soll dann vom Wetter abhängen, und ich denke, es soll gut sein, so dass wir Sonntag Nachmittag die Ascension unternehmen. Dann bliebe es des Weiteren bei meinem Vorschlag, den Sie ja so freundlich aufgenommen haben. Baumgartner wird uns nicht entgehen; er besucht mich jetzt hier und ist nächste Woche wieder in Zürich. –

Für meine Niederlassung werde ich dem vortrefflichsten Cousin mit heller Stimme danken. Einstweilen habe ich mich nun mit dem französischen Gesandten herumzuärgern, der einmal wieder meinen Pass nicht visiren will. Dem Aerger über diese schmachvoll vernachlässigte Stellung zur Welt, die man mir so unbesorgt lässt, kommt nur der andere gleich, dass ich mich über so etwas noch ärgern kann. –

Uebrigens war ich jetzt oft etwas aufgeregt, und gewann es deshalb über mich, Ihnen kürzlich einmal – nicht zu schreiben, um Sie hübsch ruhig zu lassen! So viel aber kann ich Ihnen sagen, dass ich mit grosser, fast feierlicher Rührung aus der Schweiz nun scheiden werde. Doch, wie's das Schicksal will: ich hab' nun genug erlebt, um das Leben hinter mir zu haben; ich will darin nichts mehr ordnen und vorbereiten: es hat Alles keinen Sinn mehr. –

Aber – noch drei Tage, und – Tristan und Isolde ist fertig. Was will man mehr? –

Der allerkleinsten Studentin tausend Dank für ihre lieblichen Einfälle. Es soll ihr einmal gut thun, sich ihrer kindlichen Gärtnerei zu erinnern! –

Leben Sie wohl, und grüssen Sie Wesendonk allerschönstens. Wenn Ihr mir nicht plötzlich den Rücken kehren wollt, hoffe ich Euch also Samstag zu sehen!

Ihr
R. W.


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