Richard Wagner
Richard Wagner an Mathilde Wesendonk
Richard Wagner

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81.

Luzern, 1. Juli 59.

Und wie geht es, Freundin? – Meine Stimmung wurde die letzten Tage durch das Wetter ein wenig gedrückt: so hält sie sich im Ganzen noch oben. Die Arbeit gedeiht, und mir ist dabei sehr wunderbar zu Muth. Ich habe Ihnen einmal etwas von indischen Frauen berührt, die sich in das duftende Flammenmeer stürzen. Auffallend, was Düfte Vergangenes stark vergegenwärtigen. Kürzlich drang auf dem Spatziergang plötzlich ein voller Rosenduft zu mir her: seitwärts stand ein Gärtchen, wo eben die Rosen in voller Blüthe standen. Diess rief mir den letzten Genuss des Asyl-Gartens zurück: nie habe ich mich um die Rosen so bekümmert, wie damals. Ich brach mir jeden Morgen eine und stellte sie im Glas zu meiner Arbeit: ich wusste, dass ich Abschied von dem Garten nahm. Mit diesem Gefühle hat sich dieser Duft ganz verwoben: Schwüle, Sommersonne, Rosenduft und – Abschied. So entwarf ich damals die Musik zum zweiten Acte.

Was damals so ganz gegenwärtig, fast berauschend mich umgab, lebt nun wie im Traume wieder auf, – Sommer, Sonne, Rosenduft und – Abschied. Doch die Beklemmung, die Bangigkeit ist genommen: alles ist verklärt. Das ist die Stimmung, in der ich jetzt meinen dritten Act zu Ende zu bringen hoffe. Nichts kann mich recht betrüben, nichts erschüttern: mein Dasein ist so gar nicht an Zeit und Raum gefesselt. Ich weiss, dass ich noch leben werde, so lange ich zu schaffen habe: so kümmere ich mich denn nicht um's Leben, sondern schaffe. Geht das zu Ende, so weiss ich mich ja geborgen. So bin ich denn wirklich heiter. –

Möchten Sie es auch sein!

Darf ich bald auf eine Nachricht rechnen?


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