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Eine U-Boot-Note der österreichischen Regierung.

Einen Protest gegen Italien und Frankreich legte die österreichische Regierung am 15. Mai ein. Die amtliche Meldung hatte folgenden Wortlaut:

»Das k. u. k. Ministerium des Aeußern hat heute den am Wiener Hofe beglaubigten Vertretungen der verbündeten und neutralen Staaten folgende Note überreicht:

Das Ministerium war am 22. März 1916 in der Lage, bei den am Wiener Hofe beglaubigten Vertretern der verbündeten und neutralen Mächte gegen die Torpedierung des Seespitalschiffes »Elektra« durch ein feindliches Unterseeboot nachdrücklich Protest zu erheben. Es war dies indessen keineswegs der erste Fall, daß ein feindliches Unterseeboot in österreichischen Gewässern friedliche Schiffe angriff. Schon am 12. Februar hatte ein Unterseeboot unweit der Punta Planka ohne vorherige Warnung einen Torpedo auf den Dampfer der ungarisch-kroatischen Gesellschaft »Daniel Ernö« abgeschossen, der der Vernichtung nur durch ein geschicktes Manöver entging. Der Kapitän des Dampfers hatte laut eidlicher, von zahlreichen Zeugen bestätigter Aussage das Periskop des Tauchbootes und die Bahn des Torpedos deutlich gesehen. Am 28. Februar lanzierte ein Unterseeboot, ohne daß auch nur das Periskop wahrzunehmen war, gleichfalls in der Nähe der Punta Planka ein Torpedo auf den Dampfer »Zagreb« derselben Gesellschaft. Das Schiff vermochte dem Geschoß, dessen Bahn von zahlreichen Personen an Bord beobachtet wurde, nur durch rasche Wendung auszuweichen. Am 5. April wurde gegen den Dampfer »Daniel Ernö« neuerlich von einem Unterseeboot – auch diesmal ohne Warnung – ein Torpedo lanziert, der dann an der nahen Felsküste explodierte. Die österreichisch-ungarische Regierung hat diese Vorkommnisse, die glücklicherweise mit einer Schädigung nicht verbunden waren, bis jetzt nicht zur allgemeinen Kenntnis gebracht. Sie hat sich darauf beschränkt, von den am 12. Februar und 28. Februar erfolgten Attentaten auf Lokaldampfer die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zu verständigen, welche die sich aus der Untersuchung ergebenden Fragen wiederholt zum Gegenstande des Einschreitens bei den Zentralmächten gemacht hat. Angesichts dieser Häufung der Angriffe feindlicher Unterseeboote auf harmlose und durch die Haager Konventionen besonders geschützte Fahrzeuge und bei dem Umstande, daß die feindlichen Staaten nicht, wie die Zentralmächte, gezwungen sind, sich gegen den ruchlosen Plan, ganze Völker auszuhungern, zur Wehr zu setzen, kann die Vernichtung friedlicher Schiffe, welche die Kriegsziele der Gegner in keiner Weise zu fördern vermag, nur auf blinde Zerstörungswut zurückgeführt werden. Diese Deutung findet nunmehr ihre volle Bestätigung in der jüngst wider den österreichischen Dampfer »Dubrovnik« verübten barbarischen Tat.

Dieses der »Navigazione a Valore Ragusa« gehörige Schiff wurde am 9. Mai um 10 Uhr 30 Minuten vormittags im Narenta-Kanal zwischen San Georgio auf der Insel Lesina und Kap Gomena auf der Halbinsel Sabioncello von einem feindlichen Unterseeboot ohne jede vorherige Warnung durch zwei Torpedoschüsse vernichtet. Der erste Torpedo traf den Dampfer auf der Steuerbordseite und hatte zur Folge, daß das Schiff rasch zu sinken begann. Alle Personen an Bord eilten in die ins Wasser gelassenen Rettungsboote. Als diese Boote abzustoßen im Begriff waren, explodierte ein zweiter Torpedo, welcher aus der gleichen Richtung kam, wie der erste, achter Steuerbord unter dem Decksalon. Infolge der Explosion wurde das Steuerbord-Rettungsboot samt den Insassen in die Luft geschleudert und ging in Trümmer. Ein zweites Boot fuhr mit 16 Personen gegen Land und nahm unterwegs zwei Schiffbrüchige auf. Die zur Hilfe herbeigeeilten Barken holten noch einige Personen aus dem Wasser. Auf dem Schiffe befanden sich im Augenblicke der Torpedierung außer der Besatzung des Dampfers, die einschließlich des Kapitäns aus 19 Mann bestand, Passagiere in der gleichen Zahl, darunter zwei Priester und mehrere Frauen und Kinder. Drei Leichen ertrunkener Frauen sind bereits geborgen und begraben. Von der Bemannung und den Fahrgästen werden je vier Personen vermißt. Die Meldung der »Agenzia Stefani« vom 10. Mai gibt die Tatsache der Versenkung des Schiffes zu, als deren Urheber sie ein den italienischen Streitkräften beigegebenes französisches Tauchboot bezeichnet, fügt aber bei, der Dampfer sei ein Transportschiff und mit Kriegsmaterial beladen gewesen. Diese Angabe ist glatt erfunden und dient augenscheinlich dem Zwecke, die Versenkung als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Das Schiff, ein kleiner Lokaldampfer von 51 Meter Länge und 80 Tonnen Raumgehalt, konnte selbstverständlich weder Truppen noch Kriegsmaterial an Bord haben; ebenso wenig war dies bei irgend einem der früher genannten Dampfer der Fall.

Uebrigens war die Besatzung des Tauchbootes, das sich, der Gepflogenheit der feindlichen Unterseeboote entsprechend, während der Torpedierung in möglichst weiten Abständen und vollkommen unter Wasser hielt, gar nicht in der Lage, festzustellen, welche Personen und welche Fracht der Dampfer führte. Stellt sich sonach die tückische Beschießung des kleinen Fahrzeuges schon an und für sich als ein brutaler, durch nichts zu entschuldigender, der Menschlichkeit hohnsprechender Gewaltstreich dar, so konnte das Abfeuern des zweiten Torpedos auf den bereits im Sinken begriffenen, von Rettungsbooten umgebenen Dampfer nur bezwecken, die Rettung der Personen, deren Leben andernfalls hätte bewahrt werden können, zu verhindern. Dieses Vorgehen läßt sich daher nur als vorbedachter Mord bezeichnen. Wenn auch die italienische Regierung in ihrem Communiqué, sicherlich im vollen Bewußtsein, daß sie der Oeffentlichkeit von einer schmählichen Tat Kunde gibt, besonders hervorhebt, es sei ein französisches Kriegsschiff gewesen, welches die Tat vollbrachte, so trifft die Verantwortung dafür auch die italienische Regierung, da das Unterseeboot, um das es sich handelt, im Verbande der italienischen Streitkräfte operierte.

Die österreichische Marine in der Adria: Der Vorderturm eines österreichisch-ungarischen Kriegsschiffes klar zum Feuern.

Die österreichisch-ungarische Regierung legt gegen die angeführten Freveltaten, denen nur jene gleichkommen, deren sich die Entente-Mächte in diesem Kriege bereits schuldig gemacht haben, in schärfster Weise Verwahrung ein. Sie bittet die Botschaft (Gesandtschaft), von dem Vorstehenden ihrer Regierung ehestens Mitteilung machen zu wollen.«


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