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Das Ende des serbischen Heeres.

In der zweiten Hälfte des Monats November warfen die Armeen des Feldmarschalls Mackensen im Verein mit dem bulgarischen Heere die schon seit fünf Wochen täglich geschlagenen serbischen Heerhaufen vollends zu Boden.

Es war ein beschwerlicher, aber siegreicher Feldzug in dem durch die scheußlichste Witterung fast ungangbar gewordenen Gebirgslande. Um so bewundernswerter waren die Taten der verbündeten Truppen. Die Serben und ihre Freunde in London, Paris und Petersburg hatten gehofft, der »serbische Schlamm, der ein Jahr vorher zum Zurückziehen einer österreichischen Armee zwang, würde auch diesmal den Angreifern Halt gebieten. Aber ein Feldherr wie Mackensen und Truppen, wie sie ihm zur Verfügung standen, überwanden alle Schwierigkeiten. Die Hauptarbeit im gesamten serbischen Feldzuge leistete übrigens die Artillerie. Durch die deutschen, österreichisch-ungarischen und bulgarischen »Bombengrüße« wurden die serbischen Stellungen gewöhnlich schon derart mürbe gemacht, daß die nachfolgend stürmende Infanterie mit verhältnismäßiger Leichtigkeit vorrücken konnte.

Mit außerordentlichem Erfolge arbeiteten die Bulgaren. Sie hatten am 15. November bereits 25 000 Gefangene und 200 Geschütze den Serben abgenommen.

Ein militärischer Fachmann beurteilte die Kriegslage auf dem Balkan Mitte November in folgender Weise: »Das Vorgehen der Zentralmächte und Bulgariens leidet außerordentlich unter den Schwierigkeiten des Geländes und der winterlichen Jahreszeit. Die hohen Gebirgsketten, die sich bis zu 2000 Meter und darüber hinaus erheben, sind bereits vollständig mit Schnee und Eis bedeckt, die an und für sich schlechten Nebenwege dadurch für die Bewegungen größerer Truppenmassen beinahe unmöglich geworden. Sie können höchstens von Infanterie im beschwerlichen Marsche benutzt werden, keinesfalls aber von der Artillerie und den Trains und Kolonnen. Auch für die Saumtiere, die für den Nachschub von Verpflegung und Munition im Gebirge hauptsächlich in Betracht kommen, ist der Vormarsch außerordentlich schwierig. Damit wächst aber die Bedeutung der wenigen großen und guten Straßenverbindungen, die auf einem Kriegsschauplätze vorhanden sind, und denen eine ausschlaggebende Bedeutung zufällt. Auf ihnen allein kann sich der Rückzug der großen Masse des serbischen Heeres vollziehen, und sie bilden auch naturgemäß die wichtigsten Operationsziele für die nachdrängenden Verfolger. Von jeher hat es sich in der Kriegsgeschichte gezeigt, daß eine einfache frontale Verfolgung wenig wirksam ist und keine großen Erfolge aufweist. Dies gilt ganz besonders im Gebirge, wo es infolge der zahlreichen Höhenzüge und Abschnitte, der engen Täler, die keine breite Entwicklung der Truppen gestatten, auch schwächeren Kräften leicht möglich ist, die nachdrängenden überlegenen Gegner lange Zeit aufzuhalten. Wirklich wirksam und erfolgreich gestaltet sich nur die indirekte Verfolgung, die von Anfang an gegen die Flanken und Rückzugsstraßen des zurückgehenden Heeres angesetzt ist. Ist diese indirekte Verfolgung nicht nur taktisch auf dem Schlachtfelde, sondern auch strategisch aus großer Entfernung her eingeleitet, so muß sie außerordentlich große Erfolge zeitigen. Eins der größten Beispiele dieser Art wird immer die Verfolgung Napoleons nach der Schlacht bei Jena und Auerstädt sein, durch die zahlreiche Teile des preußischen Heeres von ihrem Rückzug nach der Oder und der unteren Weichsel abgeschnitten wurden. Aehnlich günstige Verhältnisse liegen auch jetzt bei der Verfolgung des serbischen Heeres vor. Sie beruhen zunächst darin, daß der Angriff von Anfang an aus zwei verschiedenen Fronten erfolgte, die sich beinahe rechtwinkelig schnitten, und daß die Serben, zum Teil aus örtlichen Verhältnissen, zum Teil in der Hoffnung auf rechtzeitig eintreffende Hilfe und Unterstützung der Westmächte, den Kampf mit den Zentralmächten und Bulgarien aufnahmen und sich nicht sofort der drohenden Umklammerung entzogen. Da die Zentralmächte und die Bulgaren auf allen Fronten siegreich vordrangen, und die Bulgaren durch ihren Vormarsch über Uesküb bis an die albanische Grenze und der darauf folgenden Marschänderung auf Pristina auch noch von Süden her gegen die Serben vorgingen, wurden die letzteren gleichzeitig von drei Seiten angegriffen und halbkreisförmig eingeschlossen. Für den weiteren Rückzug kommt eigentlich nur noch eine einzige gute Straßenverbindung in Betracht.«

Das obere Morawitzatal mit der typischen serbischen Gebirgsstraße (Saumpfad), wie sie über das Gebirge nach Montenegro und Albanien führen.

In dem glücklichen und raschen Vormarsch in Serbien fiel ein großer Anteil den Eisenbahntruppen zu. Da die Serben alle Eisenbahnbestandteile weggeschafft hatten, mußte alles aus Ungarn über die Donau erst wieder herangeschafft werden. Aber schon am 31. Oktober traf die erste deutsche Lokomotive auf serbischem Boden ein. Mitte November waren bereits 90 Kilometer Bahnstrecke wieder im Betrieb. Während der letzten Tage wurde viel Eisenbahnmaterial, auch Wagen, und bei Krusevatz ein ganzer Hofzug König Peters erbeutet.

Der deutsche amtliche Bericht lautete am 16. November kurz aber vielsagend: »Die Verfolgung ist im rüstigen Fortschreiten. Es sind gestern über 1000 Serben gefangen genommen, zwei Maschinengewehre und drei Geschütze erbeutet.«

Am Tage darauf hieß es: »Die Verfolgung im Gebirge machte weitere gute Fortschritte; die Serben vermochten ihr nirgends nennenswerten Aufenthalt zu bereiten. Ueber 2000 Gefangene, ein Maschinengewehr und zwei Geschütze blieben in unserer Hand.«

Die Wiener Drahtungen vom 16. und 17. November lauteten:

»Bei Gorazda an der montenegrinischen Grenze Geplänkel. Auf dem serbischen Schauplatz schreitet die Verfolgung überall vorwärts. Oesterreichisch-ungarische Truppen gewannen die Gegend von Uvac, die Cigota-Planina und die Höhen von Javor. Eine deutsche Kolonne des Generals von Koeveß nahm, beiderseits der von Kraljevo nach Novibazar führenden Straße vorrückend, Usice in Besitz. Die weiter östlich vordringenden österreichisch-ungarischen Kräfte überschritten bei Babica die Straße Raska–Kursumlija und erstürmten die serbischen Verschanzungen auf dem Berge Lucak (östlich von Babica), wobei die Besatzung (drei Offiziere, 110 Mann) und ein Maschinengewehr in unsere Hand fielen. Deutsche und bulgarische Divisionen nähern sich von Nord und Ost dem Straßenknotenpunkt Kursumlija.«

»Die an der Sandschak-Grenze kämpfenden k. u. k. Truppen warfen die letzten montenegrinischen Nachhuten über den Lim zurück. Die Verfolgung der Serben wird überall fortgesetzt. Die gegen Sjenica vordringende österreichisch-ungarische Kolonne warf den Feind aus seinen zäh verteidigten Gebirgsstellungen nördlich von Javor. Die deutschen Truppen des Generals von Koeveß standen gestern abend einen halben Tagemarsch von Raska entfernt. In Kursumlija ist es zu Ortskämpfen gekommen.«

Die Bulgaren meldeten gleichzeitig: »Nach dem Fall der Festung Nisch hatten die Serben sich auf das linke Morawa-Ufer zurückgezogen und alle vorhandenen Brücken zerstört. Hier hat der Fluß eine Breite von l50 bis 200 Metern und eine Tiefe von einem bis zwei Metern. Die Serben bemühten sich, gestützt auf befestigte Plätze und mit schwerer Artillerie versehen, durch mit bedeutenden Streitkräften ausgeführte, erbitterte Gegenangriffe unsere Truppen daran zu hindern, den Fluß zu überschreiten. König Peter wohnte diesen Kämpfen bei. Im Laufe der letzten Tage brachen unsere Truppen den verzweifelten Widerstand der Serben und gingen endgültig auf das linke Ufer des Flusses über. Heute sind unsere Truppen in Prokuplie eingerückt. Sie eroberten dort sechs Zwölf-Zentimeter-Mörser, 19 mit Artillerie-Granaten beladene Karren und machten 7000 Gefangene. Auf dem Bahnhofe von Grejese erbeuteten sie 150 Waggons. Das erste serbische Landwehr-Regiment hat gemeutert und seinen Befehlshaber, den Obersten Prebitschewitsch, getötet, einen der hauptsächlichsten Anstifter des Komplottes zur Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand. Das Regiment hat sich dann in die umliegenden Dörfer zerstreut. In der Nacht zum 13. November versuchten die Franzosen unsere Stellungen am Bardarfluß anzugreifen. Unsere Truppen machten einen kräftigen Gegenangriff und warfen sie auf das rechte Ufer des Karassu zurück. Gleichzeitig erbeuteten sie zwei Maschinengewehre mit Bespannung, zwei Gebirgsgeschütze und nahmen 56 Mann gefangen, darunter drei Offiziere. Die Operationen entwickeln sich auf der ganzen Front günstig für unsere Truppen. Bei Prokuplje erbeuteten sie 480 Kisten mit Artillerie-Munition, 220 Kisten mit Infanterie-Munition, zwölf mit Kriegsmaterial beladene Karren und einen Pionierpark mit 16 Pontons. Unser Gegenangriff am westlichen Ufer des Karassu südlich von Veles hat damit geendet, daß die Franzosen vollkommen auf das östliche Ufer dieses Flusses zurückgeworfen wurden. Dort haben unsere Truppen in kräftigem Ansturm unter dem Gesang des Liedes ›Schäume, Maritza‹ die mächtig befestigten Stellungen der Franzosen genommen.«

Im Auto auf serbischen Straßen.

Der Karassu oder Schwarze Fluß, auch Cerna Rjeka genannt, ist ein linker Nebenfluß des Vardar, der aus der Gegend von Monastir von Süden nach Norden fließt und etwa 20 Kilometer südlich von Veles, etwas nördlich von dem vielgenannten Krivolac mündet.

Die verbündeten Armeen hatten am 18. November in der Verfolgung die allgemeine Linie Javor–nördlich Raska–Kursumlija–Radan–Oruglica erreicht. Unsere Truppen fanden Kursumlija von den Serben verlassen und ausgeplündert vor. Es wurden mehrere hundert Gefangene und einige Geschütze eingebracht.

Die Wiener Meldung vom 18. November besagte noch: »Die Verfolgung macht trotz schwerer Unbilden der Witterung gute Fortschritte. Nördlich von Nova Varos nähern sich unsere Truppen dem Abschnitt des Uvac. Der Ort Javor ist in Besitz genommen. Südlich von Ivanjica schoben wir uns im Raume um die Höhe Jankow Kamien nahe an die Paßhöhen der Golija Planina heran. Deutsche Truppen sind bis etwa halbwegs Usice–Ralka vorgedrungen, während österreichisch-ungarische Kräfte, von Ost gegen den Ibar vorgehend, die Kopaonik-Planina am Wege nach Karadag überschritten haben. Die Truppen der Armeen von Gallwitz sind über das von den Serben geplünderte Kursumlija südwärts vorgerückt. Bulgarische Kräfte gewannen kämpfend die Höhen des Radan und den Raum südwestlich davon.«

Ein montenegrinischer Arzt berichtete: Auf dem Balkan sei der Zustand von Montenegro beinahe ebenso ernst geworden, wie der Serbiens. Die von einer Panik ergriffene serbische Bevölkerung, ungefähr zwei Millionen Menschen, überströme das kleine Land auf der Flucht nach der Heimat. Selbst in Friedenszeiten könne Montenegro seine Bevölkerung von nicht mehr als einer halben Million nur kümmerlich unterhalten. Es sei also zu begreifen, wie verzweifelt der Zustand sei, nun die Zahl der Menschen sich plötzlich verfünffacht habe. Die Bauern von Montenegro, sowie die eingewanderten Flüchtlinge würden von einer Hungersnot bedroht.

Mackensen meldete am 20. November: »Nova Varos, Sjenica und Raska sind besetzt, im Ibar-Tale ist Dren, östlich des Kopaonik ist Prepolac erreicht. 2800 Serben wurden gefangen genommen, vier Geschütze wurden erbeutet.«

Der österreichische Generalstab fügte hinzu: »Die Montenegriner wurden bei Priboj erneut geschlagen. Unsere Truppen rückten unter dem Jubel der mohammedanischen Bevölkerung im Sandschak ein. Die Vorhuten unserer in West-Serbien operierenden Streitkräfte stehen vor Nova Varos und in Sjenica. Eine Kolonne hat den 1931 Meter hohen Jankow Kamien überquert. Die deutschen Divisionen des Generals von Koeveß gewannen die Gegend von Raska, südöstlich von ihnen kämpfen am Fuße der Kopaonik-Planina österreichisch-ungarische Truppen. Die Vorrückung deutscher und bulgarischer Divisionen gegen das Becken von Pristina macht Fortschritte.«

Burg Maglitsch im Ibartal sperrt das Ibartal, durch das die Deutschen vorgedrungen waren, an der engsten Stelle des Tales. Serbiens größte und wohlerhaltenste Burgruine in malerischer Lage.

Bei Socanica (im Ibar-Tal) wurden am 21. und 22. November serbische Nachhuten zurückgeworfen. Der Austritt in das Lab-Tal war beiderseits von Podujevo erzwungen. Es wurden über 2600 Gefangene gemacht, sechs Geschütze, vier Maschinengewehre und zahlreiches Kriegsgerät erbeutet. Im Arsenal von Novibazar fielen 50 große Mörser und acht Geschütze älterer Fertigung in unsere Hand. Die bulgarische Aktion im Süden Mazedoniens war im besten Fortschreiten. Die im Dreieck Tikwesch–Gewgheli–Dorian befindlichen Franzosen befanden sich in äußerst kritischer Lage, sie waren von den Engländern gänzlich im Stich gelassen worden.

Deutsche Truppen der Armee des Generals von Koeveß hatten am 21. November Novibazar besetzt. Die Armee des Generals von Gallwitz und der rechte Flügel der Armee des Generals Bojadjieff kämpften um den Austritt in das Lab-Tal nördlich von Pristina. Die Zahl der am 19. November gefangen genommenen Serben erhöhte sich auf 3800, am 20. November wurden über 4000 Mann gefangen genommen.

Durch die letzten großen Waffenerfolge der Bulgaren, namentlich durch die Einnahme von Govistar und Prilep, war die südliche serbische Heeresgruppe endgültig von ihrer Hauptkraft abgeschnitten und in den Raum Monastir–Ochrida–Dibra gedrängt worden. Da den Bulgaren der Weg nach Monastir offen stand und sie durch den Vorstoß dorthin den Serben den Rückzug auf griechisches Gebiet abschneiden, andererseits die Serben aus diesem Raume schwerlich über das hohe albanische Grenzgebirge entweichen konnten, mußte die südliche serbische Heeresgruppe wahrscheinlich vollständig eingeschlossen werden. Die nächsten Tage sollten auch über das Schicksal der serbischen Hauptkraft im Raume Mitrovica–Novibazar entscheiden. Schwere Kämpfe spielten sich auf der Linie Gilani–Pristina ab, wo die Serben, die sich der Umklammerung vollständig bewußt waren, stärkeren Widerstand leisteten. An der gleichen Stelle bei Kossowo auf dem Amselfelde, wo vor einem halben Jahrtausend der siegreiche Türkensultan Murad den Serbenstaat vernichtete, sollte König Peters Macht zusammenbrechen.

Die österreichischen Berichte vom 20. und 21. November lauteten:

»Eine österreichisch-ungarische Kraftgruppe erzwang sich gegenüber den nördlich von Cajnice eingenisteten Montenegrinern den Uebergang über die obere Drina. Novibazar wurde von deutschen Truppen besetzt. Oestlich davon warf im Ibar-Tal eine österreichisch-ungarische Kolonne den Feind zurück. Die Zahl der in diesem Raume gestern eingebrachten Gefangenen übersteigt 2000. An den Eingängen des Amselfeldes wird heftig gekämpft.«

»Die Armee des Generals der Infanterie von Koeveß hat Nova Varos besetzt und die Linie Sjenica–Dugapoljana–Raska überschritten. Südlich von Raska nahm eine k. u. k. Brigade 2000 Serben gefangen. Die deutschen Truppen des Generals von Gallwitz kämpfen südlich des Prepolac-Sattels, die Armee des Generals Bojadjieff in: Gebiete der Goljak Planina. Der Feind wurde jetzt durch die Waffen der drei verbündeten Heere vom letzten Stück altserbischen Bodens vertrieben.«

Ferner meldete Wien an: 22. November: »Die im Gebiet von Cajnice kämpfenden k. u. k. Truppen warfen die Montenegriner aus ihren Stellungen am Nordhange des Goles-Berges. Auch östlich von Goradze sind Gefechte im Gange. Eine österreichisch-ungarische Gruppe aus Nova Varos nähert sich Prijepolje. In Novibazar erbeutete die Armee des Generals von Koeveß 50 Mörser, acht Feldgeschütze, vier Millionen Gewehrpatronen und viel Kriegsgerät. Der noch östlich der Stadt verbliebene Feind wurde von deutschen Truppen vertrieben, in deren Hand er 300 Gefangene zurückließ. Die im Ibar-Tale vordringende österreichisch -ungarische Kolonne erstürmte gestern tagsüber 20 Kilometer nördlich von Mitrovica drei hintereinander liegende serbische Stellungen. In der Dunkelheit bemächtigte sie sich durch Ueberfall noch einer vierten, wobei 200 Gefangene eingebracht und sechs Geschütze, vier Maschinengewehre, eine Munitionskolonne und zahlreiche Pferde erbeutet wurden. Die Armee des Generals von Gallwitz nahm in erfolgreichen Kämpfen südlich des Prepolac-Sattels 1800 Serben gefangen. Oestlich und südöstlich von Pristina gewinnt der Angriff der ersten bulgarischen Armee trotz zähesten serbischen Widerstandes stetig an Raum.«

Zu diesen erfolgreichen Kämpfen wurde noch aus dem k. k. Kriegspressequartier mitgeteilt: »Der Tag brachte einen schönen Sieg der im Ibar-Tal auf Mitrovica vorrückenden k. u. k. Kolonne. Die Serben hatten sich etwa 20 Kilometer nördlich Mitrovica am Socanica-Tal zu nachhaltigem Widerstand eingerichtet. Drei vorbereitete, gut ausgebaute Stellungen schützten den Nordrand des Tales. Eine weitere Stellung bei Slatina sollte das Vordringen aus dem Tal nach Süden wehren. Die erstgenannten Stellungen wurden nacheinander erstürmt, wobei sich Magyaren und Slowaken eines Bataillons des oberungarischen Infanterie-Regiments Nr. 60 und des Feldjäger-Bataillons Nr. 15 besonders auszeichneten. Abends setzten sie sich auf der Talsohle fest. Heute nacht wurde ein neuer Angriff angesetzt. Vier Maschinengewehre, die nachmittags erbeutet worden waren, bildeten eine wertvolle Verstärkung der eigenen Maschinengewehr-Abteilung. Die dazu gehörige Munition wurde einer serbischen Munitionskolonne entnommen, die beim raschen Vordringen gefangen worden war. Auch die vierte Stellung gelangte in den Besitz der tapferen Ungarn, die die Serben gegen die Ceranska zurücktrieben. Es gab 200 Gefangene, ferner wurden sechs Geschütze, darunter zwei moderne Gebirgskanonen, erbeutet. Die Ungarn arbeiteten sich ungesäumt weiter vor. Sie stehen nur noch etwa 17 Kilometer von Mitrowitza entfernt. Erfolgreich waren auch die Kämpfe am Westabschnitt der Balkanfront gegen die Montenegriner. Nach dem Drina-Uebergang bei Megjegja wurde der Gegner nun auch westlich davon bei Ustipraca an der Pracamündung und Gorazde zurückgedrängt. Die westlich des Lim vordringenden Abteilungen säuberten den Nordhang des 1500 Meter hohen Goles und gewannen in der Richtung auf Cajnice gegen den Metalkas-Sattel Gelände. Zahlreiche Brände kennzeichneten dort den montenegrinischen Rückzug. Die von Nova Varos nach Süden gerückte Kolonne stand am Lim vor Prijepolje. Die Beute von Novibazar erhöhte die Zahl der eingebrachten Geschütze auf 64, darunter 50 Mörser. Nördlich von Pristina hatten die fortgesetzten deutschen Angriffe den serbischen Widerstand stark geschwächt. Die ihnen folgenden Truppen des Generals von Gallwitz stehen kaum 20 Kilometer vor Pristina. Oestlich und südöstlich Pristina halten die Serben noch bulgarischen Vorstößen stand. Die große Gefangenenzahl, die auch gestern zu verzeichnen war, und die in zwei Tagen gegen 12 000 Mann betrug, läßt den Zustand der serbischen Armee als recht bedenklich erscheinen.«

Eine Gebirgslandschaft aus der Mirdita (Nordalbanien), daß die fliehenden Serben auf ihrem Wege nach Skutari zu überschreiten hatten. Im Vordergrunde sieht man ein Albanierdörfchen.

Feldmarschall Mackensen meldete am 23. November: »Nördlich von Mitrovica, sowie nördlich und nordöstlich von Pristina wurde der Feind in Nachhutkämpfen geworfen. Ueber 1500 Gefangene und sechs Geschütze wurden eingebracht. Auch die südöstlich von Pristina kämpfenden bulgarischen Kräfte drangen erfolgreich vorwärts. Es wird von dort die Gefangennahme von 8000 Serben und eine Beute von 22 Maschinengewehren und 44 Geschützen gemeldet.«

Auf dem Amselfelde (Kossowo Polje), das vor 550 Jahren die Niederlage des Serbenvolkes vor dem vorwärts drängenden Osmanentum sah, stellten sich jetzt die Serben zum letzten verzweifelten Kampfe, einem Kampfe, der nicht mehr um den Sieg, allein noch um den Rückzug der Reste des Serbenheeres ging. In welchem Zustande das Serbenheer diesen Kampf aufnehmen mußte, das lehrten die Gefangenenziffern. Sie näherten sich den 90 000, und jeder Tag, jede Stunde brachte neue Auflösungsmomente in das von allen Seiten hart umdrängte Heer. Die Flankenstellung, die ihm die Zuflucht im nördlichen Montenegro sichern sollte, die Linie Novibazar–Sjenica–Nova Varos, war vollkommen in unseren Händen. Mit Novibazar, der größten und reichsten Stadt des nach ihr benannten ehemaligen türkischen Sandschaks, war der letzte Stützpunkt der Serben in dem nordwestlichen Bergland verloren gegangen. Die Serben sahen sich in der Ebene zusammengedrängt, wo die Vorteile der freien Entfaltung für sie reichlich ausgewogen wurden durch den Mangel an Artillerie und Kriegsmaterial aller Art, der sich im Kampfe in der Ebene weit fühlbarer machen mußte als in den Gebirgen, wo schon kleinere Abteilungen mit schwacher oder gar keiner Artillerie sich mit einiger Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen konnten. Es konnte sich deshalb für die Serben nur noch darum handeln, Zeit zu gewinnen, um die Rückzugsstraße über Pristina für den Abfluß ihrer Truppen nach Albanien hin möglichst lange offen zu halten. In dieser Hinsicht erschien es immerhin von Bedeutung, daß die verbündeten Truppen von Norden her bei Podujevo den Austritt in das Lab-Tal erzwungen hatten. Der Fluß Lab mündet von rechts her in die Stinica, die dann in südlicher Richtung das Amselfeld durchströmt. Podujevo liegt an der Straße Kursumlija–Pristina, etwa 20 Kilometer nördlich Pristina, gegen das die Bulgaren über Gilan hinaus schon in der vorigen Woche auf 15 bis 18 Kilometer Entfernung vorgedrungen waren. Der nach Westen offene Halbkreis zog sich damit immer enger, und zugleich schoben sich auch von Norden im Ibar-Tale deutsche Truppen in die linke Flanke der Serben vor. Sie hatten feindliche Nachhuten bei Socanica geworfen; ihr Anmarsch hatte offenbar die serbische Regierung zur schleunigen Abreise von Mitrovica veranlaßt, das am Oberlauf des Ibar liegt, am Endpunkte einer Bahnlinie, die über Uesküb in die große Linie Nisch–Saloniki einmündet.

In Sofia eingetroffene Berichte von der südmazedonischen Front schilderten übereinstimmend die dortigen, den Bulgaren gegenüberstehenden französischen Truppen als von nicht großem Kampfwert. Besonders die französische Artillerie schoß schlecht. Seitdem die Franzosen dem ersten starken Sturmangriff der Bulgaren nicht standhalten konnten und davonliefen, wobei sie Gewehre und ihre Ausrüstung fortwarfen, schauten die bulgarischen Soldaten auf die Franzosen mit großer Verachtung herab. Deutlich trat der Unterschied zwischen den Franzosen und Serben hervor, die immerhin als tapfere Gegner betrachtet wurden. Die Aussagen gefangener Franzosen bestätigten, daß der unerschrockene Sturmangriff der Bulgaren den Ententetruppen maßlose Angst einflößte. Engländer wurden an der Südfront bloß in kleinen Abteilungen festgestellt. Sie schienen sich auch da zu drücken und die Hauptarbeit den Franzosen zu überlassen.

Die deutsche Heeresleitung berichtete am 24. November: »Mitrovica ist von österreichisch-ungarischen, Pristina von deutschen Truppen genommen. Die Serben sind westlich von Pristina über die Sitnica zurückgeworfen.«

Was unter diesen Umständen noch Albanien und von da aus Montenegro erreichen konnte, war nur noch ein trauriger Rest einer einst siegesgewissen, schlagkräftigen Armee. Truppen, die ihnen Halt geben konnten, fehlten vollkommen. Die Montenegriner, die ja selbst noch über eine beträchtliche Schlagfähigkeit, wenn auch nur defensiver Art, verfügten, hatten am Lim und an der Drina genug zu tun, um sich des Druckes der k. u. k. Truppen zu erwehren, die einmal von Nova Varos aus limaufwärts wider die nach dem Sandschak vorgeschobenen montenegrinischen Kräfte vordrangen und sich dabei schon Prjepolje näherten und die weiter von der oberen Drina aus Richtung Goradze–Cajnica gegen die montenegrinische Grenze vordrangen und damit auf die äußerste linke Flanke der serbischen Rückzugslinie stießen. Von den Vierverbändlern aber hatten die Serben keine Rettung zu erwarten. Eine russische Armee, die in Bulgarien zu landen versuchte, hätte die Bulgaren nicht unvorbereitet getroffen. Eine Landung aber, die unter der Einwirkung aller modernen Kampfmittel sich vollziehen mußte, hatte so gut wie gar keine Aussicht auf Erfolg. Und je mehr Serben aus dem Felde verschwanden, um so mehr bulgarische Kräfte wurden frei, um auch einem etwaigen russischen Landungsversuch entgegentreten zu können. Es blieb noch der Durchmarsch durch Rumänien für die Russen; dem stand aber der sehr bestimmte Wille der rumänischen Regierung gegenüber, ihre Neutralität unter allen Umständen zu wahren.

Die Stadt Prizren an der albanischen Grenze. Die von einer alten türkischen Zitadelle gekrönte Stadt liegt am Nordfuß des Schardagh und ist ein wichtiger Straßenknotenpunkt.

Die Wiener Meldung vom 24. November lautete: »An der oberen Drina verlief der Tag ruhig. Bei Priboj haben sich unsere Truppen den Uebergang auf das Südufer des Lim erkämpft. Südwärts von Novibazar dringen k. u. k. Streitkräfte gegen die montenegrinische Grenze vor. Die durch das Ibar-Tal vorgehenden österreichisch-ungarischen Truppen warfen unter heftigen Kämpfen den Feind aus seinen Stellungen nordöstlich von Mitrovica und rückten in diese Stadt ein. Sie nahmen 700 Mann, unter ihnen vier Offiziere, gefangen. Auch Pristina ist den Serben entrissen worden. Eine deutsche Kolonne drang von Norden her ein, eine bulgarische folgte von Osten.«

Charakteristisch für die serbischen Horden war folgende Nachricht aus Orsova: »In den Kupferbergwerken von Vor in Nordserbien, im Kreise Zajeèar, die einer französischen Gesellschaft gehören, haben die sich zurückziehenden serbischen Truppen unter Oberst Mrcic vandalisch gehaust. Blühende Unternehmungen im Werte von vielen Millionen sind nahezu vollständig vernichtet. Die groß angelegten Hüttenwerke, Arbeiterhäuser, Werkstätten usw. wurden ausnahmslos gesprengt, die Schächte durch Vernichtung der Wasserhaltungsmaschinen und Wasserleitungen unter Wasser gesetzt, alle Vorräte an Erz und Betriebsmaterial vernichtet. Der Direktor des Werkes, ein gebürtiger Ungar und naturalisierter Serbe, wurde in das serbische Heer gepreßt und ist seitdem verschollen. Das Werk, das im nordöstlichen Berglande Serbiens liegt, ist jetzt durch die deutsche Etappenkommandantur besetzt, die mit einem Stab von Ingenieuren versuchen wird, die Grube, falls dies überhaupt möglich ist, wieder in Betrieb zu setzen.«

Der deutsche Bericht vom 25. November besagte: »Bei Mitrovica wurden von Truppen der Armee Koeveß etwa 10 000 Serben gefangen genommen, 19 Geschütze erbeutet. In den Kämpfen um Pristina und an der Sitnica fielen 7400 Gefangene und sechs Geschütze in unsere Hand. Die Beute an Kriegsgerät und Vorräten ist erheblich.«

Die Beute der letzten Tage vermehrte sich immer noch. So wurde viel eingegrabenes Kupfer gefunden und auch eine Feldbäckerei, bestehend aus 58 neuen, aus England stammenden Wagen. Auch ein Eisenbahnzug wurde erbeutet, der die Möbel des Königs Peter und dessen Silberzeug enthielt.

Die Engländer versuchten immer wieder, das streng seine Neutralität wahrende Griechenland in den Krieg zu treiben, holten sich aber von dem griechischen Minister Rhallis eine scharfe Abfuhr. Dieser sagte zu einem englischen Vertreter: »Wir werden 24 Stunden, nachdem die Alliierten Saloniki verlassen haben, demobilisieren.« In zornigem Tone sagte sodann der Minister: »Die britische Regierung und die britische Presse haben eine schändliche Haltung gegen uns eingenommen. Ihr seid infam. Das einzige, was wir wollen, ist Frieden, und ihr wollt uns in einen Krieg hineinzwingen, ihr wollt uns verhungern lassen!« Der Minister zeigte dem Vertreter eine Abbildung in der Zeitschrift »l'Illustration« aus dem griechisch-bulgarischen Bandenkriege und sagte: »Ihr wollt, das wir dasselbe wieder aushalten, ihr wollt, daß wir zu Hilfe kommen, während kein englischer Soldat in Serbien sein Blut vergossen hat und kaum ein englisches Gewehr abgefeuert worden ist. Die englische Regierung will, nachdem sie Fehler auf Fehler, Verzug aus Verzug gehäuft hat, daß wir Eintreten und sterben, während ihr nur ein paar tausend Mann Truppen habt, um uns zu unterstützen. Wir wollen kein zweites Belgien oder Serbien werden.«

Die Wiener Meldung vom 25. November lautete: »Die Montenegriner wurden auch östlich von Foca zurückgeworfen. Südwestlich von Sjenica überschritten wir die montenegrinische Grenze. Bei der gestern mitgeteilten Einnahme von Mitrovica haben die k. u. k. Truppen 10 000 Serben gefangen genommen und sechs Mörser, zwölf Feldgeschütze, zahlreiche Fuhrwerke, Munition aller Art, sieben Lokomotiven, 130 Waggons und viel anderes Kriegsgerät erbeutet. Eine österreichisch-ungarische Kolonne gewann über Mitrowitza hinausrückend die Gegend von Vucitrn. Südlich davon sind deutsche und bulgarische Kräfte im Begriff, die Sitnica zu überschreiten. In den Kämpfen um Pristina sind 6800 Gefangene eingebracht und sechs serbische Geschütze erbeutet worden.«

Ein von den Engländern mit Hilfe von versenkten Schiffen angelegter Nothafen an der Dardanellenküste.

Mackensens Meldung vom 26. November lautete: »Südwestlich von Sjenica und von Mitrovica wurden feindliche Nachhuten, die sich an diesen Stellen noch vor der Front der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen hielt, geworfen.«

Die ergänzende österreichische Drahtung besagte: »Die an der oberen Drina kämpfenden k. u. k. Truppen drängten den Feind über den Goles und den Kozara-Sattel zurück und nahm Cajnice. Auch auf der Giljeva-Planina südwestlich von Sjenica wurden die Montenegriner von unseren Bataillonen geworfen. Südlich von Novibazar ersteigen unsere Kolonnen die Mokra-Planina. Südwestlich von Mitrovica vertrieben wir eine serbische Nachhut. Das Amselfeld ist völlig im Besitz der Verbündeten.«

Seit dem 26. November war der telegraphische Verkehr durch Serbien wieder aufgenommen worden, so daß jetzt zwischen Konstantinopel und Berlin zwei Drahtverbindungen bestanden. Deutschland und die Türkei waren nun nicht mehr ausschließlich auf die über den rumänischen Hafen Konstantza führende Linie angewiesen.

Oesterreichisch-ungarische Truppen säuberten am nächsten Tage das Gelände südwestlich von Mitrovica bis zum Klina-Abschnitt vom Feinde. Die Zahl der bei und in Mitrovica gemachten Gefangenen erhöhte sich um 1700. Westlich von Pristina waren die Höhen auf dem linken Sitnica-Ufer von deutschen Truppen besetzt. Weitere 800 Gefangene fielen in unsere Hand. Südlich der Drenica hatten bulgarische Truppen die allgemeine Linie Gobes–Stimlja–Jezerec–Ljubotin überschritten.

Die Serben waren nach der Eroberung von Pristina und Mitrovica und der Ueberschreitung des Flusses Sitnica durch die Bulgaren nicht mehr Herren des Amselfeldes. Der historische Schlachtplatz, den der Vierverband als letzte große Stellung des serbischen Widerstandes bezeichnete, befand sich nunmehr im Besitz der Mittelmächte. In Neuserbien hatten die Serben außer dem vollkommen umschlossenen Monastir nur drei kleine Städte, nämlich Prizrend, Dibra und Ochrida, in ihren Händen. Durch die Eroberung von Pristina und Mitrovica kam die Eisenbahnlinie Uesküb–Mitrovica vollkommen in den Besitz der Mittelmächte, was für die Nachschübe von größter Wichtigkeit war. Auf dem Amselfeld, besonders bei Pristina, waren die Serben vollkommen umzingelt. Große Kriegsbeute fiel den Bulgaren in die Hände; die Zahl der Gefangenen war nunmehr schon auf weit über 100 000 gestiegen.

Im Raume von Cajnica und im Sandschak Novibazar war am 27. November die Lage unverändert. Auf der Suha Planina, westlich von Mitrovica, warfen unsere Truppen die Serben gegen die montenegrinische Grenze zurück. Die Zahl der Gefangenen erhöhte sich stündlich. In Mitrovica wurden seit Einnahme der Stadt 11 000 serbische Soldaten und 3500 wehrpflichtige Zivilisten eingebracht. Bei Pristina wurden neuerlich 800 Mann gefangen genommen. Auch weit hinter den Armeefronten wurden viel Versprengte aufgegriffen.

Die an der Nordgrenze von Montenegro kämpfenden k. u. k. Truppen hatten am 28. November den Feind über den Metalka-Sattel zurückgeworfen. Auch das Grenzgebiet von Celebic wurde gesäubert. Eine von Mitrovica vordringende österreichisch-ungarische Kolonne gewann an der nach Ipek führenden Straße die montenegrinische Grenze. Es wurden in diesem Raume abermals 1300 gefangene Serben eingebracht. Die Bulgaren besetzten den Goles-Brdo südwestlich von Ferizovic.

Das Pressequartier gab bekannt: »Von drei Seiten sind die österreichisch-ungarischen Kolonnen von Sjenica über die Giljovo Planina, von Novibazar über den oberen Ibar und die Mokra Planina und von Mitrovica über die Sitnica und den Lustrafluß am Südostabhang der Sucha Planina in der Richtung Neumontenegro mit Montenegrinern und Serben im Kampfe und in stetem Vorrücken. Südlich Sjenica und südwestlich Novibazar verteidigen die montenegrinischen Truppen bereits ihre eigene Grenze, die auch im Norden und Nordwesten schon gefährdet ist. Die montenegrinischen und serbischen Abteilungen der Sandschak-Armee werden allmählich über die montenegrinische Grenze zurückgedrängt, und ihre Verfolgung macht in den bis zu 2000 Meter Höhe ansteigenden Bergen trotz Schnee und großer Kälte langsam Fortschritte. Westlich Pristina sind Deutsche und Bulgaren im Begriffe, nach Ueberschreitung der Sitnica, die serbischen Nachhuten auf der Cicavica Planina niederzukämpfen und die Straßen nach Djakova und Prizrend zu gewinnen. Inzwischen ist es notwendig, den Rücken der vorgehenden Verbündeten gegen etwaige Angriffe serbischer Freischärler freizuhalten und den schwer gangbaren Etappenraum gegen feindliche Störungen zu sichern. In der Gegend von Mitrovica wurden wieder über tausend Kriegsgefangene eingebracht, wodurch sich die Zahl der Gefangenen auf 11 000 erhöhte. In Pristina stieg sie um 800 auf 8200. Im Raume von Mitrovica wurden ferner 3500 Wehrpflichtige interniert. Die im Rücken der Verbündeten wehrfähigen Serben, die zumeist keine Uniform besitzen, müssen an allen Orten in Gewahrsam gesetzt werden. So wurden in einem Orte allein 700 Wehrpflichtige, in einem anderen 200 Mann aufgegriffen, die, weiter in Freiheit gelassen, die Sicherheit der Etappen gefährden würden. Es kommt noch immer vor, daß in einigen Orten selbst Weiber auf durchziehende Train-Begleitmannschaft aus dem Hinterhalt schießen, und der Dienst der Etappentruppen ist so sehr anstrengend. Es handelt sich nicht nur um unausgebildete Wehrpflichtige, welche von den zurückgehenden serbischen Brigaden bis zur Landesgrenze mitgeschleppt und dann zurückgelassen worden waren, weil ihre weitere Verpflegung unmöglich erschien, sondern auch um Schützen des dritten Aufgebots, die auch im Frieden Waffen im Hause haben und mit der Absicht in ihren Dörfern zurückgeblieben sind, zur gebotenen Stunde die Truppen der Verbündeten zu überfallen. Nach serbischen Mitteilungen gab es in Altserbien allein zu Beginn des Krieges 900 Schützenvereine und 300 Schüler-Schützen-Abteilungen mit 60 000 Mitgliedern. Kronprinz Alexander war ihr oberster Führer. Die österreichisch-ungarischen und deutschen Etappentruppen haben einen besonders schweren Dienst und müssen jeder Ausschreitung der feindselig gesinnten Bevölkerung streng begegnen. Die hohe Disziplin der Verbündeten ist eine Bürgschaft, daß Grausamkeiten vermieden werden.«

Ein Handgranatenangriff. (Nach einer englischen Darstellung)

Die Bulgaren meldeten inzwischen: »Die Verfolgung der Serben seitens unserer und der verbündeten Truppen in Richtung auf Prizrend und Ipek dauert fort. Wir nahmen 3500 Mann gefangen und erbeuteten acht Kanonen, fünf Munitionswagen und viel Material. Wir erbeuteten auf der Bahnlinie Ferisovic–Pristina drei Lokomotiven und hundert Eisenbahnwagen.«

Die deutsche Heeresleitung meldete am 28. November: »Die Verfolgung wird fortgesetzt. Südwestlich von Mitrovica wurde Rudnik besetzt. Ueber 2700 Gefangene fielen in die Hand der verbündeten Truppen, zahlreiches Kriegsgerät wurde erbeutet. Mit der Flucht der kärglichen Reste des serbischen Heeres in die albanischen Gebirge sind die großen Operationen gegen dasselbe abgeschlossen. Ihr nächster Zweck, die Oeffnung freier Verbindung mit Bulgarien und dem Türkischen Reich, ist erreicht. Die Bewegungen der unter der Oberleitung des Generalfeldmarschalls von Mackensen stehenden Heeresteile wurden begonnen von der österreichisch-ungarischen Armee des Generals von Koeveß, die durch deutsche Truppen verstärkt war, gegen die Drina und Save und von der Armee des Generals von Gallwitz gegen die Donau bei Semendria und Ram-Bazias am 6. Oktober, von der bulgarischen Armee des Generals Bojadjieff gegen die Linie Negotin–Pirot am 14. Oktober. An diesem Tage setzten auch die Operationen der zweiten bulgarischen Armee unter General Todorow in Richtung auf Skolpje–Beles ein. Seitdem haben die verbündeten Truppen nicht nur das gewaltige Unternehmen eines Donau-Ueberganges angesichts des Feindes, das überdies durch das unzeitige Auftreten des gefürchteten Kossowa-Sturmes behindert wurde, schnell und glatt durchgeführt, und die feindlichen Grenzfestungen – Belgrad, bei dessen Einnahme sich neben dem brandenburgischen Reservekorps das österreichisch-ungarische achte Armeekorps besonders auszeichnete, Zajeèar, Knjazevac, Pirot, die in die Hände unserer tapferen bulgarischen Verbündeten fielen – bald überwunden, sondern auch den durch das Gelände unterstützten zähen Widerstand des kriegsgewohnten und sich brav schlagenden Gegners völlig gebrochen. Weder unergründliche Wege, noch unwegsame, tief verschneite Gebirge, weder Mangel an Nachschub noch an Unterkunft haben ihr Vordringen irgendwie zu hemmen vermocht. Mehr als 100 000 Mann, d. h. fast die Hälfte der ganzen serbischen Wehrmacht, sind gefangen, ihre Verluste im Kampf und durch Verlassen der Fahnen nicht zu schätzen; Geschütze, darunter schwere, und vorläufig unübersehbares Kriegsmaterial aller Art wurden erbeutet. Die deutschen Verluste dürfen recht mäßig genannt werden, so bedauerlich sie an sich auch sind. Unter Krankheiten hat die Truppe überhaupt nicht zu leiden gehabt.«

Am 29. November wurde von Mackensen berichtet: »Die Verfolgung ist im weiteren Fortschreiten. Ueber 1500 Serben wurden gefangen genommen. Zum gestrigen Bericht über den bisherigen Verlauf des serbischen Feldzuges ist noch zu ergänzen, daß die Gesamtzahl der bisher den Serben abgenommenen Geschütze 502 beträgt, darunter viele schwere.«

Im Anschluß an den amtlichen deutschen Heeresbericht über die Beendigung des serbischen Feldzuges schrieb eine neutrale holländische Zeitung: »Man muß in der Tat gestehen, daß der serbische Feldzug von den Mittelmächten und ihren bulgarischen Verbündeten mit derselben Gründlichkeit, guten Organisation und Zielbewußtheit geführt wurde, wie die übrigen Feldzüge. Tag für Tag wurde die jeder Gruppe zugeteilte Ausgabe planmäßig ausgeführt. Die von verschiedenen Seiten ins Land eingedrungenen Armeen reichten einander zum im voraus bestimmten Zeitpunkt die Hand, bis die serbischen Streitkräfte in die albanischen und montenegrinischen Gebirge vertrieben waren und fast das ganze Königreich von den Armeen der Angreifer besetzt war. Und das trotz der Mühseligkeiten, die wahrlich nicht gering waren, trotz des kräftigen Widerstandes der Serben, die durch frühere Kriege abgehärtet waren, seit den letzten Kämpfen genug Zeit hatten, um auszuruhen, reichlich mit allem Nötigen versorgt waren und tapfer kämpften, weil sie wußten, daß es um die Existenz ihres Landes ging. Trotzdem wurde das Land mit beinahe mathematischer Sicherheit in bemerkenswert kurzer Zeit erobert.«

Bei Rudnik (südwestlich von Mitrovica) wurden am 30. November feindliche Kräfte von Teilen der Armee des Generals von Koeveß zurückgeworfen. Hier und westlich der Sitnica wurden von Truppen der Armee des Generals von Gallwitz zusammen etwa 1000 Gefangene gemacht. Bulgarische Kräfte hatten am 28. November Prizren genommen. Sie brachten über 3000 Gefangene und acht Geschütze ein.

Bemerkenswert war noch der amtliche bulgarische Bericht vom 28. November: »In der Richtung auf Prizren verfolgen unsere Truppen rastlos die Serben, welche sich in großer Unordnung gegen Montenegro zurückziehen. Auf der Straße Pristina–Prizren liegen allenthalben Ausrüstungsstücke und Kriegsmaterial. Auf beiden Seiten der Straße sieht man zahlreiche Tote, Pferde und Ochsen, sowie beschädigte Wagen und Motorlastwagen. Wir entdeckten in der Umgebung des Dorfes Suharska eine erhebliche Menge Munition sowie zahlreiche Geschütze, von denen nur noch die Lafetten und Achsen übrig waren. Weiter südlich fanden wir Trümmer des Pontonmaterials einer Pionierkompagnie. Das alles beweist, daß die Reste der serbischen Armee nur noch umherirrende Massen sind. Im Laufe dieses Tages machten wir 2200 Gefangene und erbeuteten 16 Geschütze und 22 Munitionswagen. Auf der südlichen Front entwickeln sich die Operationen für uns günstig. Unsere Truppen besetzten am 26. November die Stadt Kischevo. Heute nahmen sie die Stadt Kruschewo in Besitz. Die Serben operieren nunmehr in dieser Gegend nur noch als kleine, vereinzelte Abteilungen. Unsere Truppen, die längs der oberen Cerna operieren, überschritten diesen Fluß und bemächtigten sich der Brücken und Straßen, die nach Bitolia (Monastir) führen. Auf den übrigen Fronten wenig Veränderungen. – In den täglichen Heeresberichten unseres Großen Generalstabes werden die Operationen unserer Truppen nur da skizziert, wo Aenderungen in der Lage eintreten, und im allgemeinen wird nichts erwähnt von den Fronten, wo infolge der passiven Haltung der englisch-französischen Truppen unsere Berichte nur wenig meldeten über die Operationen, die dort stattgefunden haben. Um jeder Deutung dieses Schweigens in Europa vorzubeugen, die dieses vielleicht als ein Zeichen von Mißerfolgen darstellen wollte, gibt der bulgarische Generalstab bekannt, daß die Operationen der englisch-französischen Truppen sich auf die des Cerna-Tales beschränkt haben. Die englisch-französischen Truppen haben nicht nur keinen einzigen Schritt Vordringen können über die Stellungen, die sie zur Zeit der Ankunft unserer Truppen besetzt hielten, sondern sie wurden sogar um einige Kilometer hinter diese Stellungen zurückgedrängt. Alle ihre Versuche, nordwestlich der Cerna vorzugehen, blieben erfolglos. Heute befindet sich kein einziger Serbe oder Franzose auf dem linken Ufer der Cerna. Die Brücken des Flusses bis zur Mündung in den Wardar wurden von den serbischen und französischen Truppen auf ihrem Rückzuge zerstört.«

Englische Offiziere mit den neuen Stahlhelmen und Winterpelzen. (Nach einer englischen Photographie.)

Die serbische Armee war Ende November vernichtet. Nun irrten in Albanien kleine Truppenkörper ohne Nahrung, Artillerie und Munition umher. Das Nest der Verbrecher und Streithähne auf dem Balkan war ausgehoben. Serbien bestand nicht mehr. Heil den Helden, die sich dem Vaterlande opferten! Heil den Führern der verbündeten Heere, die so klug ihre Truppen zum Siege führten! Der Bericht des deutschen Hauptquartiers erkennt das Heldentum der bulgarischen Armee an, erkennt an, daß sie ihre Aufgabe stets mit besonderem Erfolg ausführte.

Eine österreichische Zeitung schrieb dazu: »Die Anerkennung freut uns ungemein. Wir sind glücklich, die würdigen Verbündeten der Eroberer Polens, Nordfrankreichs und Galiziens zu sein. Die bisherigen Erfolge unserer Verbündeten und unserer Armee sind eine Bürgschaft, daß wir gemeinsam alle unsere Feinde besiegen, stets einträchtig zusammenwirken und die Welt von der unersättlichen Begehrlichkeit der Entente befreien werden. Nur 40 Tage genügten, um Serbien von der Landkarte wegzuwischen. Der Balkan ist von dem Uebel befreit, das ihn viele Jahre gedrückt hat. Der Stützpunkt der Entente auf dem Balkan ist dahin, ein trauriges Werk der Entente für immer zerbrochen. Nach dem Werkzeug kommt die Reihe an die Drahtzieher, die Ententemächte. Der Kampf ist hart, aber wir werden siegen; denn uns vereinigt der Kampf für die Sache der Menschlichkeit, weil es in unseren Reihen keine Söldner gibt, sondern Soldaten, welche Brüder sind in der Verteidigung der Heimatscholle.«

Die Unwissenheit der russischen Aerzte.

In einer Petersburger Zeitung stellte ein angesehener russischer Professor mit Bedauern fest, daß die Russen in der ärztlichen Wissenschaft aufs kläglichste hinter Europa herhinkten und in besonders bedrohlicher Weise von Deutschland übertroffen wurden, wie sich im Kriege wiederum erwiesen habe. Im deutschen Heere kehrten 60 v. H. der Verluste wieder an die Front zurück, während es Rußland nur auf 18 v. H. brachte. Demnach habe Deutschland auf jede Million aus der Front Geschiedener einen Vorsprung von 420 000 Mann oder 10½ Armeekorps. Dadurch erkläre sich die Unerschöpflichkeit der deutschen Truppenmassen. Nicht nur artilleristisch sei die deutsche Ueberlegenheit zu erklären, sondern auch aus den mehr als dreifachen Heilerfolgen. Dieses Verhältnis 60:18 könne für Rußland schicksalsschwere Folgen haben. Nach dem Kriege von 1870 war es sprichwörtlich, daß die deutsche Schule die Franzosen geschlagen habe, jetzt sei der deutsche Arzt und der deutsche Techniker der größte Feind der Verbündeten. Ebenso wie Rußlands Waffenbestellungen im vorigen Kriege die deutsche Kriegsindustrie gestärkt hätten, habe der große Prozentsatz der russischen Kranken, die deutsche Badeorte besuchten, zur Verbesserung der deutschen Aerzteschaft beigetragen.


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