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Neue Angriffe der Italiener.

In den ersten Dezembertagen sollte in Rom das Parlament zusammentreten, und die italienische Regierung verlangte von Cadorna, er solle bis dahin »einen großen Sieg« bringen, damit den Volksvertretern wenigstens endlich nach einem vollen Halbjahr Alpenkrieg ein Erfolg der italienischen Waffen vorgelegt werden konnte. Aber – wie immer – waren auch die tollsten Anstürme der Italiener vergebens. Es kam wieder zu furchtbaren Artillerie- und Infanteriekämpfen – aber »einen großen Triumph«, wie ihn die italienischen Söldner Englands wünschten, brachte auch das blutigste und rücksichtsloseste Anrennen nicht.

Am 16. November wurde gemeldet: »Der Nordabschnitt der Hochfläche von Doberdo war auch gestern der Schauplatz hartnäckigsten Ringens. Um die Stellungen beiderseits des Monte San Michele wird Tag und Nacht gekämpft. Am Nordhange dieses Berges drangen die Italiener wiederholt in unsere Linie ein. In den Abendstunden gelang es jedoch, den Feind fast völlig zu vertreiben. Auch die Nahkämpfe im Raume von San Martino dauern fort. Vor dem Görzer Brückenkopf wurde ein gegnerischer Angriff auf die Podgora-Höhe abgewiesen.«

Italienische Artillerie im Hochgebirge: Beförderung eines schweren Mörsers auf zu diesem Zwecke neugelegtem Geleise. (Nach einer englischen Darstellung.)

Eine sehr richtige Beurteilung der gesamten Kriegslage im November gab eine »hochgestellte italienische Persönlichkeit« in einer Zuschrift an eine Schweizer Zeitung. Diese veröffentlichte die Zuschrift unter der Ueberschrift: »Ein Wehgeschrei aus Italien«. Es wurde darin ausgeführt, daß den Italienern durch die Erfolge der Mittelmächte im Orient mit einem Schlage die Augen geöffnet worden wären. Statt des erträumten Einmarsches in Wien und der Zerstückelung Oesterreichs Mißerfolge auf der ganzen Front, ungeheure Verluste und das Gefährlichste: eine Mutlosigkeit, wie sie noch nie dagewesen wäre. Da vermöchten die Regierungsblätter, die zugleich von der französischen Freimaurerwelt vergiftet seien, den stärksten Patrioten nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die großen und kleinen Gruppen der Tagespolitiker der italienischen Hauptstadt hätten endlich die wahre Bedeutung der gewaltigen Offensive der deutsch-österreichischen Armee auf dem Balkan erkannt. England in Aegypten bedroht, Rußland für immer vom Mittelländischen Meere abgeschnitten, Italien und Frankreich um ihre Ansprüche im orientalischen Mittelmeer und um die afrikanischen Kolonien betrogen, mit einem Wort: Für den ganzen Vierverband der Ruin!

Der Gefechtsbericht vom 18. November lautete: »Auch im Laufe des gestrigen Tages nahmen die Italiener ihre Angriffstätigkeit nicht wieder auf. Nachts versuchten sie schwache Vorstöße gegen Zagora, am Nordhange des Monte San Michele und gegen den Abschnitt südwestlich San Martina; alle wurden abgewiesen. Seit heute früh steht Görz wieder unter heftigem Geschützfeuer. In der ersten Stunde fielen etwa 400 Geschosse in die Stadt. Der alte Stadtteil von Riva war gestern vom Altissimo her unter Feuer. Unsere Flieger warfen Bomben auf die Kasernen von Belluno ab.«

In den nächsten Tagen lebten die furchtbaren Kämpfe am Isonzo wieder auf. Am 19. November wurde verlautbart: »Die italienischen Angriffe an der Isonzofront haben wieder begonnen. Wie bei den letzten großen Kämpfen richten sie sich auch diesmal hauptsächlich gegen den Raum von Görz. Der Brückenkopf steht unausgesetzt unter schwerem Geschützfeuer. Angriffsversuche gegen Oslavija und ein starker Vorstoß gegen die Podgora-Höhe wurden abgeschlagen. Die planmäßige Beschießung der Stadt Görz dauerte vormittags vier, nachmittags über zwei Stunden an. Dreitausend Geschosse aller Kaliber waren diesem Zerstörungswerk gewidmet; sie verursachten große Brände. Der militärische Schaden ist gering, dagegen ist die Einwohnerschaft durch Verluste an Menschenleben und Eigentum schwer getroffen. Den Nordabschnitt der Hochfläche von Doberdo griff der Feind abermals heftig an. Am Nordhang des Monte San Michele drang er mehrmals in unsere Stellung ein; die erbitterten Nahkämpfe endeten jedoch für unsere Truppen mit der vollständigen Behauptung ihrer ursprünglichen Kampflinie. Alle Vorstöße gegen den Abschnitt von San Martino scheiterten unter den schwersten Verlusten für die Italiener. Ebenso mißlangen an der Front nördlich des Görzer Brückenkopfes zwei starke Angriffe des Feindes bei Zagora, mehrere schwächere im Vrsic-Gebiete und im Raume von Flitsch.«

Die Kämpfe im Görzischen dauerten auch am 20. November fort. Der Brückenkopf von Görz wurde wieder an mehreren Stellen vergeblich angegriffen, die Stadt eine Stunde lebhaft, dann mäßig beschossen. Im Nordteil der Hochfläche von Doberdo erneuerte der Feind seine Vorstöße mit starken Kräften sowohl gegen die österreichischen Stellungen am Nordhange des Monte San Michele als auch gegen den Abschnitt von San Martino. Die Italiener wurden überall zurückgeschlagen; die Kampflinie war nach wie vor in den Händen der Oesterreicher. Dasselbe galt auch von ihren Stellungen bei Zagora, wo der Gegner nächst der Straßensperre eindrang, in erbittertem Nahkampf aber bald wieder vollständig vertrieben wurde. Oesterreichische Flieger bedachten Verona, Vicenza, Tricesimo, Udine und Cervignano mit Bomben.

Die Italiener hatten neuerdings Streitkräfte von der Tiroler Front ins Görzische gebracht. Unter Einsatz solcher Verstärkungen griff der Feind am 21. November den ganzen Görzer Brückenkopf neuerlich an. Vor dem Monte Sabotino brachen mehrere Vorstöße im Feuer der Oesterreicher zusammen. Im Abschnitte von Oslavija gelang es dem Gegner, in die österreichische Verteidigungslinie einzudringen; ein Gegenangriff brachte jedoch diese Stellung mit Ausnahme einer Kuppe nordöstlich des Ortes, um die noch gekämpft wurde, wieder in den Besitz der Oesterreicher. Drei feindliche Vorstöße gegen Pevma mißlangen unter schweren Verlusten. Besonders heftige Angriffe waren auch diesmal gegen die Podgora gerichtet. Auch hier wurden die Italiener blutig abgewiesen. Der Raum beiderseits des Monte San Michele stand unter starkem Artilleriefeuer. Nachmittags gingen am Nordhange des Berges bedeutende feindliche Kräfte vor; ihr Angriff scheiterte im österreichischen Kreuzfeuer. Das gleiche Schicksal hatten mehrere Vorstöße gegen den Abschnitt San Martino und – nördlich des Görzer Brückenkopfes – gegen die Straßensperre bei Zagora. In Tirol schlugen die Verteidiger des Col di Lana zwei italienische Angriffe auf die Spitze dieses Berges ab.

Ein vorgeschobener Beobachtungsposten an der flandrischen Küste.

Die Italiener setzten dann auch am 22. November den Angriff auf den ganzen Görzer Brückenkopf ebenso hartnäckig wie erfolglos fort. Besonders erbittert war der Kampf im Abschnitte von Oslavija, wo die bewährte dalmatinische Landwehr, unterstützt durch das tapfere Krainer Infanterie-Regiment Nr. 17, den vorgestern noch in Feindeshand gebliebenen Teil ihrer Stellung vollständig zurückeroberte. Der Südteil der Podgora wurde fünfmal angegriffen. Die verzweifelten Vorstöße der Italiener brachen jedoch teils im Feuer, teils in Handgranatenkämpfen zusammen. Im Abschnitte der Hochfläche von Doberdo waren die Anstrengungen des Feindes hauptsächlich gegen den Raum von San Martino gerichtet. Nach starker Artillerie-Vorbereitung vermochten die Italiener hier in die Kampffront der Oesterreicher einzudringen; ein nächtlicher Gegenangriff brachte aber das Verlorene bis auf ein kleines, vorspringendes Grabenstück wieder in ihren Besitz. Nördlich des Brückenkopfes von Görz überschritten schwächere, feindliche Kräfte südlich Zagora den Isonzo. Abends war aber das linke Flußufer von diesen Italienern wieder gesäubert. An der Tiroler Front hatte es der Gegner in letzter Zeit auf den Col di Lana besonders abgesehen, wohl um seinen zahlreichen Veröffentlichungen über die Erfolge in diesem Gebiete gerecht zu werden. Das italienische schwere Geschützfeuer war hier heftiger denn je; drei Angriffe auf die Bergspitze wurden abgewiesen.

Der amtliche Bericht vom 23. November besagte: »Die großen Kämpfe um den Görzer Brückenkopf und am Rande der Hochfläche von Doberdo dauern fort. Mehrere Angriffe starker feindlicher Kräfte auf die Podgora wurden blutig abgeschlagen. Auch bei Pevma und Oslavija hielten sich unsere Truppen gegen alle Stürme. Vielfach fand der Kampf auch nachts kein Ende. Die Beschießung der Stadt Görz in der Zeit vom 18. bis zum 21. November hat wieder erhebliche Verluste an Menschenleben und bedeutende Schäden verursacht; 20 Zivilpersonen wurden getötet, 30 verwundet, 46 Gebäude vollkommen zerstört, 250 stark, 600 leicht beschädigt. Gestern warfen die Italiener abermals einige Hundert schwere Bomben in die Stadt. Auf der Hochfläche von Doberdo gelang es dem Feinde, unsere Front südwestlich des Monte San Michele vorübergehend bis an den Westrand von San Martino zurückzudrängen. Ein Nachtangriff ungarischer und kärntnerischer Truppen brachte die ursprüngliche Stellung wieder vollständig in unseren Besitz. Mehrere Stürme der Italiener östlich Selz stießen auf das steierische Infanterie-Regiment Graf Beck Nr. 47, das seine Stellungen zweimal durch Feuer, ein drittesmal im Handgemenge fest behauptete. Nördlich des Görzer Brückenkopfes wiederholten sich die üblichen Vorstöße des Feindes mit dem gewohnten Mißerfolg. Zwei unserer Flieger warfen auf Arsiero Bomben ab.«

Bezeichnend für die italienischen täglichen »Siegesberichte« war folgende Auslassung des österreichischen Generalstabes: »In letzter Zeit suchen die – allgemein zugänglichen – Presseberichte der italienischen obersten Heeresleitung auffallend viel über Erfolge zu sagen. Demgegenüber sei heute, ein halbes Jahr nach der Kriegserklärung unseres einstigen Bundesgenossen, mit aller Deutlichkeit festgestellt, daß wir die zu Beginn des Krieges gewählte Verteidigungsfront allenthalben, am Isonzo nun schon in der vierten Schlacht, siegreich behaupteten. Seit Beginn der Kämpfe im Südwesten vermochte der Feind sich nicht einmal jenen Zielen zu nähern, die er im ersten Anlauf zu erreichen hoffte, wohl aber hat ihm der Krieg an Toten und Verwundeten bereits eine halbe Million Männer gekostet.«

Einen Ueberblick über den italienischen Krieg gab das k. k. Pressequartier auch in folgender Kundmachung: »Der heutige Tag vollendet das erste halbe Jahr des österreichisch-italienischen Krieges. Als am 23. Mai Italien vor aller Welt sein Gesicht enthüllte, mochten viele der Edlen unter der italienischen Nation hoffen, daß ein rascher und gründlicher Erfolg die Schmach dieser Kriegserklärung wenigstens zum Teile verdecken werde; die Welt, die sich vom Erfolg bestechen läßt, wäre dann auch bereit gewesen, zu vergessen, daß der erste Schritt zu ihm ein unerhörter Verrat gewesen ist. Es scheint gewiß, daß auch die militärischen Kreise an einen ziemlich mühelosen Spaziergang nach Wien glaubten. Nun ist das erste Halbjahr zu Ende. Es hat den Italienern nichts gebracht als eine halbe Million Verluste auf den Schneefeldern Tirols und auf den blutgetränkten Karsthochflächen des Isonzo. Der knappe Landgewinn, dessen sie sich rühmen, umfaßt nicht mehr als die von der österreichisch-ungarischen Heeresleitung aus strategischen Gründen gleich zu Kriegsbeginn geräumten Gebiete. Sonst war ihnen nirgends ein Erfolg von Dauer beschieden. Wo sie mit Daransetzung unzähliger Opfer in unsere Stellungen einbrechen konnten, mußten sie nach kurzer Erringung unbedeutender Vorteile wieder unter schweren Verlusten abziehen. Denselben nun schon typisch gewordenen Verlauf nahmen auch die jüngsten Kämpfe am Isonzo, wo die Italiener bei San Martino und Solavia in vorgeschobene Schützengräben eindrangen. Sie vermochten sie aber im Nahkampf gegen unsere erbitterten und todesmutigen Mannschaften nicht zu behaupten. Unsere Verluste während dieses ersten Kriegshalbjahres sind im Vergleich zu denen der Italiener gering.«

Der österreichische Generalstab gab am 24. November folgenden Bericht: »Der Görzer Brückenkopf stand zwar auch gestern unter lebhaftem Geschütz- und Minenwerferfeuer. In Infanteriekämpfen trat jedoch eine Pause ein, da die Italiener nicht angriffen. Um so erbitterter wurde beiderseits des Monte San Michele gerungen. Nördlich des Berges drangen starke italienische Kräfte nachmittags in unsere Stellungen ein. Steierische Infanterie und Honveds schritten zum Gegenangriff und warfen den Feind nach wechselvollen wütenden Nahkämpfen vollständig zurück. Mehrere Angriffe auf den Monte San Michele selbst und im Raume von San Martino wurden unter schwersten Verlusten der Italiener abgewiesen, Angriffsversuche gegen unsere Stellungen auf dem Monte dei Sei Busi sofort durch Feuer erstickt. Gegen die Straßensperre bei Zagora warf der Gegner schwere Minenwerferbomben, die giftige Gase entwickelten. An der Tiroler Südfront wurden der Bahnhof und der alte Stadtteil von Riva wieder beschossen. Einer unserer Flieger belegte Baracken und Magazine von Ala mit Bomben.«

Marine-Infanterie mit Schutzmasken gegen feindliche Gasangriffe ausgerüstet vor den Drahthindernissen.

Die erbitterten Kämpfe im Raume zwischen der Wippach-Mündung und San Martino dauerten nach dem Bericht vom 25. November Tag und Nacht fort. Nördlich des Monte San Michele griff der Feind unaufhörlich mit starken Kräften an. Mehrmals gelang es ihm, in österreichische Gräben einzudringen. Immer jedoch, zuletzt in vielstündigem Nachtkampf, warfen ihn die braven alpenländischen Infanterie-Regimenter Nr. 7 und 27 wieder hinaus. Ein Angriff der Italiener auf den Monte San Michele scheiterte gleich allen früheren. Auch bei San Martino wogte der Kampf den ganzen Tag hin und her, bis es schließlich spät abends den bewährten Honvedtruppen gelang, auch hier die österreichische Stellung vollständig zurückzugewinnen und zu behaupten. Der Brückenkopf von Görz, der Südteil der Stadt, dann die Ortschaften Savogna und Rupa standen unter heftigem Artilleriefeuer. Mehrere feindliche Bataillone griffen bei Oslavija an. Sie wurden zurückgeschlagen, zwei Kompagnien vernichtet. Zwei österreichische Flieger warfen Bomben auf Tolmezzo ab.

Am 27. November wurde mitgeteilt: »Die Lage im Görzischen hat sich nicht geändert: die heftigen Kämpfe dauern fort. Wiederholte Angriffe des Feindes gegen den Abschnitt von Oslavija scheiterten. Am Nordhang des Monte San Michele war das Gefecht nachts noch im Gange. Ein Angriff auf den Gipfel dieses Berges wurde durch unser Feuer erstickt. Vorstöße gegen den Raum von San Martina wurden abgeschlagen. Je deutlicher die Italiener die Nutzlosigkeit auch ihrer jüngsten Offensive erkennen, desto häufiger fallen schwere Bomben und Handgranaten in die Stadt Görz, die nun planmäßig von den Italienern in Trümmer geschossen wird. Täglich steigt die Zahl der abgebrannten und zerstörten Häuser und Kirchen. Der bisherige Schaden an Baulichkeiten ist mit 25 Millionen Kronen zu bewerten, jener an Privateigentum, Kunstwerken und Sammlungen überhaupt nicht abzuschätzen.«

Die italienischen Angriffe richteten sich somit seit drei Tagen mit furchtbarem Nachdruck gegen die südliche Sperre zum Taleingang von Görz, den 275 Meter hohen Monte San Michele, der die Nordwestecke des Plateaus von Doberdo bildet. An seinem Fuß mündet das Flüßchen Wippach in den Isonzo. Der Angriff erfolgte sowohl zentral gegen den Berg selbst, auf dessen Schützengräben Tag und Nacht die schweren Granaten der feindlichen Artillerie trommelten, als auch flankierend gegen das am Südrand gelegene Dorf San Martina und aus Norden von der Wippachmündung aus. Hier hielten steierische und ungarische, dort Kärntner und ungarische Regimenter die bombardierten Stellungen, gegen welche die Italiener in zehn- bis zwanzigfachen Sturmkolonnen immer wieder angingen. In erbitterten Nahkämpfen gelang es, den eingedrungenen Feind jedesmal wieder hinauszuwerfen. Nur am Nordhang des Monte San Michele vermochten sich italienische Sturmkolonnen in österreichischen Gräben stellenweise festzusetzen. Der Gegenangriff war dort im Gange. Görz selbst wurde von der italienischen Artillerie systematisch zusammengeschossen. Brand, Tod und Verheerung verwandelten die anmutige Stadt in rauchende Trümmerhaufen.

Ein Berichterstatter, der die Kampfgegend sah, berichtete: »Schon auf der Straße von Ovcja nach Draga beobachtet man den Brand der Stadt. In dem Talkessel von Görz lagern dichte Rauchwolken. Die Stadt brennt an vielen Stellen. Einzelne Häuser sind bereits bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Italienische Granaten fielen zwischen den Zypressen des Friedhofes nieder. Die Piazza Grande ist vollständig verödet. Der ganze Platz ist wie von Granaten aufgeackert. Von der Ignatiuskirche sind nur noch Mauerreste übriggeblieben. In der Via Trieste fielen allein gegen 600 Geschosse nieder. In der Via Dante und in der Via Morelli ist kein Hans unbeschädigt geblieben. Auch in die Domkirche schlugen die Granaten ein; eine platzte in der Nähe des Hauptaltars und zerstörte die Sakristei. Viele Granaten und Schrapnells explodierten auf den Straßen und töteten Zivilpersonen. In der letzten Woche sind 30 Menschen, darunter Frauen und Kinder, auf diese Weise ums Leben gekommen. Durch die italienische Beschießung sind im ganzen etwa 1300 Häuser schwer beschädigt worden. Hundert sind teils niedergebrannt, teils zerstört. Während der dritten Isonzoschlacht waren von den 33 000 Einwohnern noch etwa 14 000 zurückgeblieben. Erst als die Bevölkerung zu der Erkenntnis kam, daß die Granaten auf die Stadt selbst gemünzt waren, packte sie ihre Habe und flüchtete. Furchtbar waren die letzten Tage. In der Nacht auf Sonntag begann ein höllisches Granatenfeuer über die Stadt hereinzubrechen. Pechbomben flogen in die Häuser und entzündeten sie. In die großen Keller der öffentlichen Gebäude hatten sich viele Personen geflüchtet, wo sie mit den notwendigsten Habseligkeiten aneinandergekauert das Ende des Schreckens erwarteten. Das bischöfliche Palais in der Via Signori ist von einem Volltreffer in der Mitte aufgerissen worden.«

Auch in den nächsten Tagen dauerte die schwere Schlacht an. Der Bericht vom 27. November besagte: »Die Artillerie- und Angriffstätigkeit der Italiener erstreckte sich gestern auf die ganze küstenländische Front. Vorstöße gegen unsere Stellungen auf dem Mrzli Vrh und südlich dieses Berges wurden teils im Handgemenge, teils vor den Hindernissen unter schweren Verlusten des Feindes abgewiesen. Vor dem Tolmeiner Brückenkopf hielt unsere Artillerie jeden Angriffsversuch nieder. Auch bei Plava griffen die Italiener vergebens an. Am heftigsten waren die Kämpfe am Görzer Brückenkopf. Bei Oslavija schlugen Abteilungen des dalmatinischen Infanterie-Regiments Nr. 22 sechs feindliche Stürme blutig ab. Das gleiche Schicksal hatten starke Angriffe gegen Pevma und die Podgora-Höhe. Die Stadt Görz steht unter andauerndem Feuer schwerer Kaliber. Einer unserer Flieger brachte im Luftkampf einen feindlichen Doppeldecker zum Absturz nach San Lorenzo di Mossa, wo das italienische Flugzeug durch unsere Artillerie zusammengeschossen wurde. Im Abschnitte der Hochfläche von Doberdo endete das Gefecht um Nordhang des Monte San Michele mit der vollen Behauptung unserer Kampffront. Am Südhang des Berges gerieten die feindlichen Angriffsbewegungen schon in unserem Geschützfeuer ins Stocken. An der Tiroler Front wurden vereinzelte Angriffsversuche in den Dolomiten vereitelt.«

Am 28. November wurde hinzugefügt: »Die Italiener setzten ihre Angriffstätigkeit an der ganzen küstenländischen Front fort. Ihre nach wie vor vergeblichen Anstrengungen des gestrigen Tages kosteten sie besonders große Blutopfer. Am schwersten war der Kampf am Görzer Brückenkopf, wo der Gegner durch unausgesetzte Angriffe mit immer wieder frischen, starken Kräften, namentlich bei Oslavija, längs der Straße durchzubrechen versuchte. Kurze Zeit war die Kuppe nordöstlich des Ortes in Feindeshand; nach heftigem Feuer unserer Artillerie gewannen unsere Truppen alle ursprünglichen Gräben stürmend zurück. Auch im Südteil der Podgora-Stellung drangen die Italiener ein, wurden wieder hinausgeworfen und durch wirksamstes Feuer verfolgt. Das Gelände vor dem Brückenkopf ist mit Feindesleichen bedeckt; bei Oslavija allein liegen über tausend. Am Rande der Hochfläche von Doberdo beschränkten sich die Italiener auf einen Vorstoß südwestlich San Martina, der abgewiesen wurde. Ebenso fruchtlos waren alle Angriffe im nördlichen Isonzo-Abschnitte, so bei Zagora, Plava, gegen mehrere Stellen des Tolmeiner Brückenkopfes, den Mrzli Vrh, wo 400 Tote vor unserer Front liegen, und auf die Vrsic-Stellung. Die Lage ist somit unverändert, die Isonzo-Front fest in der Hand unserer Truppen. An der Tiroler Grenze wurde ein Angriff auf unsere Stellungen am Westhange des Monte Piano und bei der Schluderbacher Grenzbrücke blutig abgeschlagen.«

Bau eines Unterstandes für Munition im Osten.

Die Isonzo-Schlacht dauerte auch am 29. November fort. Auch die letzten harten Kämpfe endeten für die österreichischen Truppen wieder mit der vollen Behauptung aller ihrer Stellungen. Gegen den Görzer Brückenkopf führten die Italiener abermals neue Regimenter heran. Ungeachtet ihrer nutzlosen Verluste folgte Sturm auf Sturm. Nur bei Oslavija und auf der Podgora gelang es dem Feinde, in die österreichischen Stellungen einzudringen; er wurde aber wieder zurückgeworfen. Ansonsten scheiterten alle Vorstöße schon im Feuer der Oesterreicher. Der Raum beiderseits des Monte San Michele wurde gleichfalls von sehr bedeutenden italienischen Kräften vergeblich angegriffen. Bei San Martina waren das Infanterie-Regiment Nr. 39 und das Egerländische Landsturm-Regiment Nr. 6 hervorragend beteiligt. Im nördlichen Isonzo-Abschnitt wurden heftige Angriffe gegen die Bergstellungen nördlich Tolmein abgeschlagen.

Die wichtigsten Ereignisse der letzten Tage an der österreichisch-ungarischen Front bildeten wütende Kämpfe am Görzer Brückenkopf, die den Italienern nicht nur den üblichen Zusammenbruch ihrer mit außerordentlich schweren Verlusten verbundenen Angriffe, sondern außerdem noch eine empfindliche taktische Niederlage eintrugen. Während nämlich die Italiener einen mehrfach gestaffelten, stundenlang ununterbrochenen Angriff auf Oslavija und Podgora richteten, zog die österreichisch -ungarische Artillerie an einer Stelle ihr Feuer auf einen vor kurzem verloren gegangenen, von den Italienern besetzten und als Vorstellung benutzten Graben zusammen, der schließlich überraschend gestürmt wurde. Dieser Vorstoß ermöglichte es Sturmgruppen anschließender Regimenter, vorzugehen und auch Nachbarstellungen zu nehmen. Der Generalsturm auf Oslavija wurde hierdurch verhindert, von dessen Plan man aus Gefangenenaussagen Kenntnis erhalten hatte.

Am letzten Novembertage lautete der amtliche Bericht: »Es zeigt sich immer mehr, daß die Italiener in diesen Tagen, koste es, was es wolle, wenn möglich bei Görz einen Erfolg erzwingen wollen. Gestern waren ihre Angriffe gegen die ganze Front zwischen Tolmein und dem Meere, mit besonderer Heftigkeit aber gegen unsere beiden Brückenköpfe und den Nordteil der Hochfläche von Doberdo gerichtet. Vorstöße gegen unsere Bergstellung nördlich von Tolmein brachen bald zusammen. Der Tolmeiner Brückenkopf stand nachmittags unter Trommelfeuer. Hierauf folgten drei starke Angriffe auf den nördlichen, mehrere schwächere auf den südlichen Abschnitt; alle wurden unter größten Verlusten des Feindes abgeschlagen. Ebenso erfolglos waren mehrere Angriffsversuche auf Plava. Vor dem Görzer Brückenkopf sind sehr starke italienische Kräfte aller Fronten zusammengezogen. Zum Angriff schritt der Feind gestern nur bei Oslavija. Er wurde zurückgeschlagen; nur ein schmales Frontstück wurde etwas zurückgenommen. Görz erhielt wieder nachts etwa hundert schwere Bomben in das Stadtinnere. Im Abschnitte der Hochfläche von Doberdo setzten nach vierstündiger Artillerievorbereitung Angriffe von besonderer Wucht und Zähigkeit gegen den Monte San Michele und den Raum von San Martina ein. Auf dem Monte San Michele wurden acht Massenstürme blutig abgeschlagen; San Martina wurde dreimal in dichten Massen erfolglos angegriffen. Auch südwestlich des Ortes scheiterte ein feindlicher Angriff.«


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