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Vom Orientkrieg im Februar 1916.

An der Kaukasusfront war der russische Vormarsch vorwärts Erzerum endgültig zum Stehen gekommen. Auch die Russen mußten zugestehen, daß die Türken bereits wieder an einzelnen Stellen zu Gegenstößen übergingen. Weiter westlich am Tortum-See wie auch südöstlich Erzerum bei Chmys-Kala wollten die Russen Fortschritte gemacht haben. Von Kriegsbeute wußten aber auch sie nichts zu erzählen. Der türkische Bericht wußte nur von Vorpostengefechten zu melden, und die wortkarge russische Meldung schien das unausgesprochen zu bestätigen.

Die Griechen mußten das ihnen auferlegte Joch weiter tragen. Nachdem Saloniki eine französisch-englische Militärkolonie geworden war, dehnten die »Beschützer der kleinen Nationen« ihre Besetzungen immer weiter aus. So wurde jetzt ein Teil der griechischen Halbinsel Chalkidike in der Nähe von Saloniki besetzt. Ueber die Besetzung von Kara-Burun wurde gemeldet: Morgens fünf Uhr erschienen zwei französische Regimenter samt acht Aeroplanen auf der Landseite von Kara-Burun, während gleichzeitig ein Schiffsgeschwader vor dem Kap Anker warf. Drei französische Offiziere überbrachten dem griechischen Kommandanten den Befehl, das Fort zu räumen. Als der Kommandant sich weigerte, begab sich der Befehlshaber der französischen Streitkräfte zu ihm und erklärte, daß eine friedliche Kapitulation notwendig sei, es handle sich um keinen Akt der Feindseligkeit, sondern um eine Sache, die im Interesse der Entente wie Griechenlands liege. Der griechische Kommandant erklärte, da er keine Instruktionen habe, könne er das Fort nicht übergeben, worauf der Franzose erwiderte, daß er dann leider zur Gewalt greifen müsse. Die Griechen zogen ab, während die Ententetruppen das Gewehr präsentierten. Die griechische Besatzung des Forts Kara-Burun, 200 Mann stark, wurde nach Saloniki gebracht. Das Fort wurde jetzt von englischen und französischen Landtruppen und englischen, französischen, russischen und italienischen Landungs-Abteilungen besetzt; die Flaggen der Alliierten und mitten unter ihnen die griechischen Farben wehten jetzt über dem Fort.

Die Nachrichten des bei der mesopotamischen Armee des Generals Aylmer zugelassenen englischen Zeitungskorrespondenten ließen die Lage des in Kut-el-Amara mit den Resten seiner Division eingeschlossenen Generals Townshend sehr kritisch erscheinen. Die türkischen Stellungen wurden als sehr stark bezeichnet.

Aus Konstantinopel wurde am 4. Februar gemeldet: »An der Irakfront versuchte der Feind, mit einem Teil seiner Kräfte von Felahie vorzustoßen. Er wurde durch unseren Gegenangriff zurückgeworfen und gezwungen, sich auf seine früheren Stellungen zurückzuziehen. An der Kaukasusfront kam es in den verschiedenen Abschnitten zu Vorpostengefechten und zu örtlichen Kämpfen.«

Der amtliche Bericht vom 6. Februar lautete: »An der Kaukasusfront wurden feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen und Vorposten in verschiedenen Abschnitten abgeschlagen. An den Dardanellen verfolgte ein von Leutnant Kronhaiß gelenktes türkisches Kampfflugzeug am 4. Februar einen englischen Doppeldecker und schoß ihn ab, so daß er zwischen Imbros und Kabatepe ins Meer stürzte. Zwei Kreuzer feuerten auf Tekke Burun und die Umgebung von Sedd-ul-Bahr. Nachdem unsere anatolischen Batterien geantwortet hatten, zogen sich die feindlichen Kreuzer nach Abfeuerung von dreißig Granaten zurück. Am 3. Februar feuerten zwei feindliche Kriegsschiffe ohne irgend einen Schaden anzurichten im Abschnitt von Bergama vierzig Granaten gegen zwei Oertlichkeiten am Nord- und Südufer des Golfes von Tschanderli ab.«

In Konstantinopel eingetroffene Nachrichten besagten, daß die Russen bei Muendzil eine schwere Niederlage erlitten. Mirza Kuetschuk Khan griff mit den Miehzsahidstämmen die Russen an. In einer mehrtägigen Schlacht, in der zwei Regimenter persischer Mohammedaner gegen die Russen mitkämpften, wurden die Russen zurückgeschlagen. Die Russen verloren außer Toten und Verwundeten 600 unverwundete Gefangene und zahlreiches Kriegsgerät.

Auch die Briten gestanden jetzt zu, daß die Kolonne Aylmer im Irak vollkommen zum Stehen gekommen war. Die Ueberschwemmungen hatten aufgehört, aber inzwischen hatten die Türken ihre Stellungen anscheinend stark ausgebaut. Beide Parteien lagen einander gegenüber; für die Osmanen war das nur günstig. Denn Kut-el-Amara blieb umlagert; die britischen Kräfte aber waren durch die blutigen Bewegungskämpfe derart geschwächt worden – sollen sie doch allein 18 Regiments-Kommandeure verloren haben –, daß an eine Wiederaufnahme der Angriffe großen Stils vorerst nicht zu denken war.

Am 10. Februar meldete das türkische Hauptquartier: »An der Irakfront zeitweiliges Feuer der Artillerie und der Infanterie. Der Feind, der vom rechten Ufer aus vordringen wollte, wurde nach zwei heftigen Gefechten gezwungen, auf seine alten Stellungen zurückzugehen. Bei Kut-el-Amara keine Veränderung. An der Kaukasusfront scheiterten heftige Angriffe feindlicher Vorposten an unserem kräftigen Gegenstoß. An der Dardanellenfront schleuderte am Nachmittag des 9. Februar ein Kreuzer auf der Höhe von Jenischehir fünf Bomben gegen Tekke-Burun. Unsere anatolischen Batterien erwiderten das Feuer, worauf sich der Kreuzer nach Imbros zurückzog. Zwei Monitore, die vor dem Eingang zur Meerenge kreuzten, wurden gezwungen, sich zu entfernen.«

Die Konstantinopeler Telegraphen-Agentur Milli meldete: »Die in der Umgebung von Aden verschanzten Engländer wurden von unseren tapferen Soldaten angegriffen. Sie haben sich an einzelnen Punkten in die Feuerzone ihrer Kriegsschiffe zurückgezogen und sie verharren dort seit Monaten unter dem fortwährenden Druck unserer Truppen, ohne sich zu rühren. In den ersten Dezembertagen griffen zwei Abteilungen unserer Meharisten einen feindlichen Posten an, der sich zwischen Cheik Osman und der Ortschaft Hur befand. Sie fügten dem Feinde empfindliche Verluste an Mannschaften und Tieren zu. Am 8. Dezember fand ebenfalls ein Zusammenstoß zwischen unseren Meharisten-Abteilungen und einer englischen Kavallerie-Abteilung statt. Trotz seiner zahlenmäßigen Ueberlegenheit wurde der Feind verjagt. Er erlitt zahlreiche Verluste. Nachdem die englische Kavallerie in der Nacht zum 9. Dezember nochmals geschlagen worden war, wurde sie auf ihrem Rückzuge von unseren Abteilungen überfallen, die durch Stämme verstärkt waren, welche östlich Elvahta nach Süden aufgebrochen waren. Nach diesem Schlag konnte der Feind sich auf seiner zügellosen Flucht kaum nach der Oertlichkeit östlich von Cheik Osman flüchten. Es wurde nachher festgestellt, daß bei dieser Flucht Tiere des Feindes in großer Zahl unterwegs an der Hitze und Erschöpfung zugrunde gingen. In der Nacht vom 10. Dezember gab es ebenfalls einen heftigen Kampf zwischen unserer Kavallerie und der des Feindes bei Mejale. Das Gefecht endete damit, daß die feindlichen Kräfte in der Richtung auf Cheik Osman in die Flucht geschlagen wurden.«

Die Konstantinopeler Meldung des Hauptquartiers vom 14. Februar besagte: »An der Irakfront wurde festgestellt, daß der Feind infolge des erfolggekrönten Ueberfalls, den wir am Vormittag des 7. Februar gegen das englische Lager von Bathia (bei Korna) ausführten, geflohen ist und alle Lagergeräte sowie fünfhundert Tote auf dem Platze gelassen hat. Außerdem wurde eine kleine feindliche Abteilung in dem gleichen Gefecht umzingelt und vollkommen aufgerieben. Weiter erlitt der Feind gelegentlich eines Ueberfalls, den wir gegen Suk-el-Schiuh, zwischen Korna und Nasria, unternahmen, schwere Verluste. Ein englischer politischer Agent wurde verwundet. An zwei Stellen wurden feindliche Hilfskräfte, deren Lager sich in der Umgebung befand, zum Rückzug gezwungen, als sie zum Entsatz herbeieilten. Sie ließen eine Menge Gefallener auf dem Gelände. An der Kaukasusfront nahmen im Zentrum die Vorpostengefechte an Heftigkeit zu und breiteten sich in den letzten Tagen an einigen Stellen bis zu den vordersten Teilen der Hauptstellung aus. Feindliche Angriffe wurden durch Gegenangriffe aufgehalten. Zwei russische Flugzeuge wurden durch unser Feuer beschädigt und zum Landen gezwungen.«

Die Russen hatten inzwischen im Kaukasusgebiet ungeheure Truppenmassen zusammengezogen, so daß sich die Türken genötigt sahen, die Festung und Stadt Erzerum aufzugeben. Die Russen posaunten natürlich die Besetzung von Erzerum als einen »gewaltigen Sieg« aus.

Aus Smyrna wurde gemeldet: »Eine Bande von 400 bis 500 Griechen, die durch einen feindlichen Kreuzer aus Kastellorizo herangeführt wurde, landete bei der Ortschaft Tschakil bei Bayender an der anatolischen Küste und drang in den Ort Endesi ein, unterstützt durch die Artillerie und das Maschinengewehrfeuer des Kreuzers, der auch 200 französische Soldaten an Land setzte. Diese letzteren nahmen alles weg, was sie im Orte fanden, und kehrten sodann an Bord des Kreuzers zurück, der sich unverzüglich in Richtung auf Kastellorizo entfernte. Die griechische Bande, die als Vorhut gedient hatte, plünderte alle Häuser des Ortes vollständig aus und raubte alles Vieh. Eine andere, einige Tage nachher an Land gegangene Streitmacht wurde von uns kräftig verfolgt und gezwungen, sich wieder einzuschiffen.

Der deutsche Kampfflieger Hauptmann Buddeke, dem es innerhalb kurzer Zeit gelang, auf dem türkischen Kriegsschauplatz fünf feindliche Flugzeuge abzuschießen.

Ueber die Gährung unter den indischen Truppen in Aegypten führte ein Kenner die unerhörten Gewaltmaßregeln der Engländer, die schwersten Prügelstrafen und Hinrichtungen wegen nur geringer Vergehen an. Namentlich mißbrauchten die berüchtigten australischen Offiziere ihre Dienstgewalt in unerhörter Weise. Die englisch-australischen Offiziere knallten ohne Erbarmen ihre indischen Untergebenen, wenn sich diese mißliebig machten, nach Gutdünken rücksichtslos nieder. Besonders hatten sie es auf die mohammedanischen Inder abgesehen. Ein Hauptmann schoß am 10. Januar seine beiden mohammedanischen Diener wegen einer Ungeschicklichkeit nieder, worauf zwei Inder, die diesen brutalen Vorgang aus nächster Nähe beobachtet hatten, herbeistürzten und den Hauptmann mit dem Bajonett töteten. Hierauf erhob sich das ganze indische Regiment gegen seine Offiziere, von denen sich der größte Teil durch schleunige Flucht rettete, während zwölf von ihnen, darunter ein Regimentskommandeur und ein Major, getötet wurden. Mehrere indische Abteilungen wurden gegen die Aufrührer geschickt; ein Teil weigerte sich, auf die Meuterer zu schießen, ein anderer Teil ging zu diesen über. Nach zweistündigem scharfen Gefecht der australischen Regimenter gegen die Meuterer gelang es einem großen Teil, in die Wüste zu entfliehen, andere wurden getötet und verwundet. Auch bei anderen indischen Truppenteilen waren schwere Fälle von Meuterei vorgekommen. Die Engländer wachten mit größter Strenge darüber, daß nichts in die Oeffentlichkeit gelangte.

Das türkische Hauptquartier meldete am 18. Februar: »An der Irakfront bei Kut-el-Amara Artillerie- und Infanteriefeuer. Im Abschnitt von Felahie wurden feindliche Kräfte, die auf dem rechten Ufer des Tigris vorstoßen wollten, nach einem dreistündigen Kampf gezwungen, zu weichen, und bis in die zweite Linie ihrer Verschanzungen verfolgt. Nach einem Kampf mit einer feindlichen Eskadron floh diese unter Hinterlassung von mehr als 30 Toten. In Persien südwestlich von Hamadan wurden die Russen, die Khengaver anzugreifen versuchten, nach einem Gegenangriff unserer aus persischen Freiwilligen bestehenden Abteilung verjagt. Sie erlitten beträchtliche Verluste. An den Dardanellen schossen ein feindlicher Kreuzer und Torpedoboote in der Höhe der Meerengen am 15. und am 16. Februar einige Granaten ab und zogen sich dann auf die Erwiderung unserer Batterien hin zurück. Drei feindliche Flugzeuge, die die Meerenge überflogen, wurden durch unser Feuer vertrieben.«

Die amtliche türkische Meldung vom 22. Februar über die Räumung von Erzerum lautete: »Unsere Armee hat sich aus militärischen Rücksichten ohne Verlust in westlich von Erzerum gelegene Stellungen zurückgezogen, nachdem sie die 15 Kilometer östlich der Stadt befindlichen Stellungen sowie 50 alte Stationen, die nicht weggeschafft werden konnten, an Ort und Stelle zerstört hatte. Die von den Russen verbreiteten phantastischen Nachrichten, wonach sie in Erzerum tausend Kanonen erbeutet und 80 000 Gefangene gemacht hätten, widersprechen der Wahrheit. In Wirklichkeit hat, abgesehen von den in den erwähnten Stellungen vorgekommenen Kämpfen, kein Kampf in der Umgebung von Erzerum stattgefunden. Im Grunde genommen war Erzerum keine Festung, sondern eine offene Stadt. Die in der Umgebung befindlichen Forts hatten keinen militärischen Wert. Aus diesem Grunde wurde es auch nicht in Erwägung gezogen, die Stadt zu halten.«

An der Irakfront wurde am 23. Februar ein feindliches Bataillon aus Felahie zum Rückzug gezwungen und ließ zahlreiche Tote zurück. Unter den während der letzten Kämpfe Gefallenen befanden sich sieben englische Offiziere. An der Kaukasusfront dauerten die Kämpfe fort. Feindliche Kreuzer und Torpedoboote bombardierten vom 18. bis 22. Februar zeitweilig Sedd-ul-Bahr und Tekke Burun ohne Erfolg. Die türkischen Batterien zwangen sie bald zum Rückzug. Am 20. Februar beschoß ein feindlicher Kreuzer, der in den Golf von Saros eingedrungen war, erfolglos die Küste bei Galata (Galikoli).

Am 25. Februar teilte das Hauptquartier mit: »Am 23. Februar schleuderten an den Dardanellen ein feindlicher Panzer und zwei Kreuzer, deren Feuer durch Beobachtungsflugzeuge geleitet wurde, erfolglos einige Granaten gegen die Küsten von Kilia und Palamutluk. Eins unserer Wasserflugzeuge trieb die feindlichen Flugzeuge in die Flucht. Ein anderes Linienschiff und ein Kreuzer schleuderten ebenfalls erfolglos einige Geschosse gegen Sedd-ul-Bahr und Tekke Burun und zogen sich darauf zurück. Von den verschiedenen anderen Fronten ist keine Nachricht über wichtige Veränderungen eingetroffen.«

Auf die Frage, ob es möglich wäre, daß die Russen nach der Einnahme von Erzerum auch die neue Verteidigungslinie durchbrechen könnten, erklärte der türkische Gesandte in Bern einem Vertreter des Berner Tageblattes, das sei nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen, denn die neue Front sei so gelegen, daß die Verproviantierung der Armee leicht bewerkstelligt werden könne. Jetzt hätten die Russen diejenigen Schwierigkeiten zu überwinden, die die Türken zuvor hatten. Die Türkei habe über zwei Millionen Mann unter den Waffen. Die Armee werde dank den ununterbrochenen deutschen Kriegslieferungen täglich stärker.

Gesamtansicht von Verdun.


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