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Ergebnisse des Luftangriffs auf England in der letzten Januarnacht.

Von amtlicher Stelle wurde uns folgende Uebersicht über diesen großen Luftsieg gegeben:

1. Liverpool. Hauptziele des Angriffs waren die Docks, Hafen- und Fabrikanlagen. Die Wirkung der Bomben war gut. Während der Rückfahrt der Schiffe war noch weithin ein mächtiger Brand sichtbar. Eine Reihe von Brücken- und Hafenanlagen wurde so schwer beschädigt, daß sie vorläufig nicht mehr benutzbar sind. Es soll auch eine Anzahl von Schiffen auf dem Mersey schwer getroffen sein, u. a. ein unterhalb Birkenhead liegender Kreuzer und ein Transportschiff der Leyland-Linie. Eine Stallung mit 200 Pferden wurde durch Feuer zerstört; die Pferde und die kanadischen Wachmannschaften sollen dabei umgekommen sein. In Birkenhead, Garston und Bootle ist großer Schaden angerichtet worden. Die Booth Linie und Yeoward Linie sind durch die teilweise Zerstörung ihrer Dockanlagen schwer geschädigt. Drei Schiffe wurden sehr mitgenommen. Die angrenzenden Trockendocks und Maschinenfabriken, sowie die »Birkenhead Drydock, Engine and Boiler Works« wurden vollkommen zerstört. Im ganzen wurden über 200 Häuser durch Bomben oder Brand zerstört. An der Mersey-Mündung (in Bootle) wurde eine Pulverfabrik völlig zerstört. In Crewe, südöstlich von Liverpool, sind die Bahnanlagen stark beschädigt, wodurch der Verkehr mit London unterbrochen wurde. Militärlager sollen dort in Brand gesetzt worden sein.

2. Manchester. Angriffsziel waren in erster Linie die Hochofenwerke, die mit gutem Erfolge mit Bomben belegt wurden. Zwei Hochofenwerke und zwei größere Fabriken (Eisenwerke) wurden völlig zerstört. Eine Reihe anderer Fabrikanlagen hat beträchtlichen Schaden erlitten.

3. Sheffield. Im Süden der Stadt wurden zwei Hochöfen beworfen, von denen der eine zum großen Teil zerstört wurde. Ferner wurden mehrere große Industrie-Anlagen und der Bahnhof mit Bomben belegt. Außerdem sollen zwei Schuppen, die militärischen Zwecken dienen, zerstört sein. Starke Brände wurden nach dem Angriff noch lange Zeit beobachtet.

4. Nottingham. Angriffe wurden ausgeführt auf große Fabrikanlagen und Hochöfen, wobei sehr gute Wirkung beobachtet wurde. Ferner auf eine Batterie, die, nachdem sie unsere Luftschiffe wirkungslos beschossen hatte, zum Schweigen gebracht wurde. Eine Munitionsfabrik und mehrere Fabrikanlagen wurden stark beschädigt. Oestlich von Nottingham bei Grantham wurden die Bahnanlagen zerstört, so daß der Betrieb mehrere Tage unterbrochen werden mußte. Der bei weitem größte Schaden ist in Sheffield und Nottingham angerichtet worden; Londoner Versicherungsgesellschaften schätzen denselben auf 400 000 Pfund Sterling.

5. Birmingham. Zwei große Regierungswerke und zwei Munitionsfabriken sind völlig zerstört, eine Brauerei beschädigt. Großer Schaden wurde überhaupt in Staffordshire, Shropshire, Ceshire, Leicestershire, Lincolnshire und Yorkshire angerichtet. In Eccleshill bei Bradford wurden eine Munitionsfabrik und drei Spinnereien, in Partington wurden durch eine Bombe 22 Häuser zerstört.

6. Humber. Eine Batterie, die ihr Feuer ohne Ergebnis auf eines unserer Luftschiffe richtete, wurde angegriffen und zum Schweigen gebracht. Geschütze und Scheinwerfer der Batterie wurden zerstört. Ferner wurden auf eine Anzahl von Industrie-Anlagen am Humber, sowie auf ein Hochofenwerk mit ausgedehnten Anlagen Bomben geworfen. Ueberall wurden gute Erfolge beobachtet. In Grimsby wurden die Kais, Werften und Lagerhäuser zum Teil schwer beschädigt, ebenso mehrere Fracht- und Fischdampfer. Ein Heu- und Strohlager ist niedergebrannt, wodurch beträchtlicher Schaden entstanden ist. Zwischen Hedon und Salt Enden (unterhalb Hull) wurde ein Pulvermagazin zerstört. In der Nähe von Hull ist eine Eisengießerei schwer beschädigt. In Hull selbst sollen die Verheerungen sehr groß gewesen sein und denen in Sheffield und Nottingham nahezu gleichkommen. In der Kingstreet ist ein Häuserblock gänzlich zerstört. Die Bahn- und Hafenanlagen haben derart gelitten, daß große Schwierigkeiten in den Betrieben entstanden sind. Mehrere in den Docks liegende Handelsschiffe sollen beschädigt sein. Oberhalb Goole wurde ein Hochofen schwer beschädigt. Ferner sind auf dem Humber der kleine Kreuzer »Caroline« und die Zerstörer »Eden« und »Nith« versenkt worden. Der kleine Kreuzer »Caroline« ging in sechs Minuten unter, 31 Mann der Besatzung wurden getötet, 58 verwundet und 47 ertranken.

7. Great Yarmouth. Eine Fabrik und verschiedene Industrie-Anlagen wurden mit Bomben belegt, wobei gute Wirkung beobachtet wurde. Ferner wurde an der englischen Ostküste noch eine Batterie zum Schweigen gebracht. An der Ostküste Englands ist weiterhin der englische Dampfer »Franz Fischer« von einem der Luftschiffe versenkt worden. –

Die moralische Wirkung des Angriffs scheint sehr stark gewesen zu sein. Bestätigt wird dies indirekt durch die englische Presse, die über die bisher wirkungslosen Abwehrmaßnahmen klagt, und die die Forderungen des englischen Binnenlandes nach Luftschiffabwehrgeschützen und Flugzeugen lebhaft unterstützt. Der Finanzausschuß der Liverpool Corporation hat beschlossen, alle in ihrem Besitz befindlichen öffentlichen Gebäude der Stadt gegen Schaden durch Luftangriffe zu versichern. Der gesamte Betrag dieser Versicherungen durch lokale Gesellschaften soll etwa drei Millionen Pfund Sterling betragen.

Ein Luftkampf über Laibach.

Der groß angelegte Versuch der Italiener, das Luftbombardement auf Mailand durch einen Ueberfall auf die krainische Landeshauptstadt zu rächen, mißlang durchaus. Die Annäherung eines feindlichen Flugzeuggeschwaders an Görz wurde am 18. Februar, ½9 Uhr morgens, gemeldet. Sofort schwangen sich einige k. u. k. Flugzeuge in die Luft und die Abwehrgeschütze gaben Feuer. Von den acht italienischen Flugzeugen mußten fünf schon vor Görz umkehren. Drei verschwanden im dichten Nebel und wurden erst wieder über Adelberg und Oberlaibach gesichtet. Und um 9 Uhr platzte die erste Bombe auf dem Laibacher Straßenpflaster und riß ein Loch hinein. Drei andere Bomben hatten die gleiche harmlose Wirkung, und zwei krepierten überhaupt nicht. Ein großes Glück war, daß eines der Luftgeschosse, das in der Nähe eines Reservespitals abgeworfen wurde, das Gebäude nicht traf. Die feindlichen Flieger verschwanden dann in der Richtung gegen Saule und Salloch und warfen noch auf jeden dieser Orte mehrere Bomben ab, die aber wieder keinerlei Schaden anrichteten. Als die drei italienischen Flieger nun umkehrten, fanden sie über dem Wippachtal neun österreichisch-ungarische Flugzeuge in den Lüften, nämlich vier Fokker und fünf Doppeldecker. Angesichts dieser Uebermacht zerstreute sich das feindliche Geschwader. Je ein Flugzeug trachtete, sich über Opcina und Adelsberg in Sicherheit zu bringen, wurde aber angegriffen und verfolgt. Das dritte Flugzeug, ein zum Kampf ausgerüsteter großer Caproni, wurde bei Merna abgeschossen. Von den beiden italienischen Hauptleuten, die im Flugzeug saßen, wurde der Beobachter getötet, während der Pilot lebend in Gefangenschaft geriet. Gegen 11 Uhr vormittags gelangte ein anderer feindlicher Flieger über Britof und Gadowitsch bei Idria und Oberlaibach nach Laibach. Von den Bomben, die er abwarf, explodierte eine vor der Zuckerraffinerie, so daß viele Fenster des großen Gebäudes zerbrachen. Zwei Pferde wurden von den Splittern verletzt und auch sonst hier und da geringer Schaden angerichtet. Das war der einzige handgreifliche Erfolg der groß angelegten Racheexpedition.

Deutsche Infanteristen bei ihrem Vormarsch in die Stellungen an der Westfront.

Deutsche »Barbarei« auf See.

In einem anderen Kapitel haben wir erzählt, wie ein englischer Dampfer die schiffbrüchige Besatzung eines ins Meer gefallenen Zeppelins nicht aufnahm, sondern elend umkommen ließ. Als Gegenstück dazu sei folgendes Vorkommnis mitgeteilt: Anfang Mai 1915 kreuzten vor Zeebrügge die englischen Zerstörer »Maori« und »Crusador«. Als ersterer auf eine Mine lief und in den Bereich der Landbatterie trieb, wurde er von unseren Küstenbatterien unter Feuer genommen. Bald darauf war von Land aus zu erkennen, daß die Besatzung des sinkenden »Maori« ihr Schiff verließ und in die Boote ging. Sofort stellten unsere Batterien das Feuer ein; sie sollten nicht auf hilflose Menschen im Wasser schießen. Der »Maori« versank alsbald in die Tiefe. Inzwischen setzte der »Crusador« noch ein Boot aus, um sich an der Rettung der »Maori«-Mannschaft zu beteiligen. Als jedoch eines unserer Kampfflugzeuge sich dem »Crusador« näherte, ergriff dieser die Flucht und dampfte mit voller Fahrt nach Westen, seine Kameraden hilflos im Stich lassend. Diesen Zeitpunkt nutzte eines unserer Wachtfahrzeuge aus – gerade ein solcher Fischdampfer, wie er bei »L. 19« war – und fuhr mit einer Besatzung von 23 Mann zu den in den Booten treibenden »Maori«-Leuten, um sie zu retten. Als es bei den Booten ankam, die inzwischen bis auf 12 Seemeilen von der Küste abgerudert waren, bemerkte der an Bord befindliche deutsche Seeoffizier, daß er sechs Fahrzeuge vollbesetzt mit Menschen vor sich hatte. Nach Schätzung mußten in den Booten nahezu hundert Mann sein. So wie die Lage war, mußte zudem mit der naheliegenden Möglichkeit gerechnet werden, daß der »Crusador« zurückkehrte und dann den deutschen Fischdampfer kaperte oder in Grund schoß. Der Offizier zögerte keinen Augenblick, sämtliche Schiffbrüchigen trotz ihrer mehr als vierfachen Uebermacht an Bord zu nehmen. Die genaue Zählung ergab sieben Offiziere und 88 Mann, also genau die vierfache Uebermacht gegenüber der Besatzung des deutschen Fischdampfers. Kurz vor Dunkelwerden kam der Fischdampfer mit den Geretteten glücklich in Zeebrügge an.

Der englische Fischdampfer »King Stephen« hatte mindestens eine Besatzung von zwölf Mann an Bord, konnte demnach die längere Zeit im Wasser treibenden und somit sehr erschöpften 22 Mann von »L. 19«, also nicht einmal die doppelte Uebermacht, mit Leichtigkeit aufnehmen, ohne irgend welche Gefahr zu laufen. Mit zynischer Offenheit hat der Kapitän zugegeben, daß er es nicht tat; seine Landsleute haben ihn ob seiner Handlungsweise gelobt. Wie anders das Verhalten des deutschen Fischdampfers, der eine frisch von Bord gekommene, also tatkräftige vierfache Uebermacht, bei welcher noch mit bewaffnetem Widerstand zu rechnen war, an Bord nahm. Er habe nie daran gezweifelt, erklärte der Kommandant des »Maori« abends einem Offizier des Stabes in Zeebrügge, daß die deutsche Marine in einem solchen Falle so handeln würde, wie sie es heute getan. »We are all Sailors« – »Wir sind alle miteinander Seeleute« – fügte er hinzu, d. h. »wenn der andere in Seenot ist, hat die Feindschaft ein Ende«. Damals waren Engländer die Schiffbrüchigen, damals fand jedermann in England die Rettungstat selbstverständlich. Heute klingt es anders.


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