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Die Ruhe vor dem Sturm im Orientkrieg.

An der Dardanellenfront, im Kaukasusgebiet und in Mesopotamien waren die Kriegsereignisse in der ersten Hälfte des November nur von untergeordneter Bedeutung. Alles Interesse der kriegführenden Mächte führte jetzt nur nach Serbien. Die treue Waffenbrüderschaft der Türkei mit den Deutschen fand vorzüglichen Ausdruck in einem Telegramm, das der türkische Generalissimus Enver Pascha am Nationalfesttage der Türken – dem sogenannten Beiramfeste – an den deutschen Chef der osmanischen Flotte, Vizeadmiral Souchon, richtete:

»Das heutige Beiramfest, das wir im brandenden Krieg um die Erstarkung unseres Vaterlandes feiern, veranlaßt mich, unseren tapferen Streitkräften zu Wasser und zu Lande, sowie unseren treuen Verbündeten nochmals für die glänzenden Waffentaten zu danken, wobei ich zum Beiramfeste meine herzlichsten Glückwünsche entbiete. Dank dem allmächtigen Lenker der Schlachten, der unsere Waffen gesegnet hat und der unsere Streitkräfte unter seinem Schutze zum Siege führen wird! Fernerhin zusammenzuhalten, vereint mit unseren Waffenbrüdern, bis zur Vernichtung unserer Gegner und einem segensreichen Frieden, das sei unsere Losung.

(gez.) Enver Pascha.«

Das Konstantinopeler Hauptquartier teilte am 1. November mit: »Auf der Dardanellenfront nichts von Bedeutung, abgesehen von örtlichen, teilweise schwachen Feuergefechten. Bei Sedd-ul-Bahr nahmen zwei feindliche Kreuzer an dem Feuer teil, indem sie verschiedene Stellen wirkungslos beschossen. Bei Sedd-ul-Bahr und Ari Burnu zerstörte unsere Artillerie drei Minenwerferstellungen des Feindes. Unsere Batterien in den Meerengen zerstörten feindliche Truppenansammlungen, die bei Mortoul und Elias Butun gesichtet wurden. Auf der Front des Kaukasus schlugen wir mit Erfolg zwei Ueberfallsversuche des Feindes in zwei Abschnitten zurück. Englische Zeitungen verbreiten lügenhafte Berichte über die Mitwirkung der von »Goeben« und »Breslau« auf Gallipoli ausgeschifften Maschinengewehr-Abteilung. Diese Angaben entstammen, wie festgestellt wurde, dem amtlichen Bericht des Generals Sir Jon Hamilton vom 26. August. Danach sollen fünf deutsche Offiziere gefangen, der Führer der Abteilung getötet und »das Maschinengewehr« zerstört worden sein. Tatsächlich ist nur ein schwerverwundeter Offizier in der feindlichen Stellung in Gefangenschaft geraten, während die aus zahlreichen Maschinengewehren bestehende Landungsabteilung weiter mit gutem Erfolge Schulter an Schulter mit den türkischen Bundesgenossen auf Gallipoli ficht. Diese Feststellung der unwahren englischen Berichterstattung läßt deutlich erkennen, wie weit man den englischen amtlichen Berichten von den Dardanellenkämpfen Glauben schenken darf.«

Blick auf die von den Franzosen und Engländern benutzte Bahn von Saloniki nach Serbien.

Am 2. November lautete der Bericht des Hauptquartiers: »An der Dardanellenfront hielt gestern das örtliche Feuergefecht an. Ein Linienschiff nahm in der Umgegend von Kemikliliman und ein Torpedoboot bei Ari Burnu erfolglos an dem feindlichen Feuer auf dem Lande teil. Unsere Artillerie beschädigte einen Schlepper von feindlichen Schaluppen, die westlich von Ari Burnu infolge eines Sturmes gescheitert waren. Wir machten eine Mine unbrauchbar, die der Feind bei Sedd-ul-Bahr auf dem linken Flügel legte. Auf der Kaukasusfront wiesen wir in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November verzweifelt unternommene Angriffe des Feindes an verschiedenen Stellen ab.«

An der Dardanellenfront dauerte das örtliche Feuergefecht mit stärkerem gegenseitigem Artilleriekampf auch am nächsten Tage an. Ein Torpedoboot bei Ari Burnu und zwei Kreuzer bei Sedd-ul-Bahr nahmen an diesem Feuer teil. Die türkische Artillerie zerstörte zwei feindliche Maschinengewehrstellungen bei Kansilirt (Ari Burnu) und vor dem türkischen rechten Flügel bei Sedd-ul-Bahr. Die Küstenbatterien verjagten ein feindliches Transportschiff, das sich der Landungsstelle bei Sedd-ul-Bahr zu nähern versuchte. An der Kaukasusfront wurde ein feindlicher Ueberfall im Abschnitt von Narman zurückgeschlagen.

Wie aus Erzerum bekannt wurde, war der Versuch eines russischen Angriffs in der Umgegend von Olty unternommen worden. Die Russen wurden zurückgeschlagen und ließen eine Menge Waffen auf dem Platze. Russische Gefangene erzählten, daß zwischen den russischen Truppen und denjenigen, die anderen Nationalitäten angehören, große Feindseligkeit herrsche. Die nichtrussischen Truppen würden streng überwacht. Ein Soldat, der gegen seinen Regimentskommandanten eine Bombe geworfen habe, war hingerichtet worden. Die türkischen Blätter betonten fortgesetzt die Bedeutung der Eröffnung des Donanweges für den weiteren Verlauf des Krieges und wiesen darauf hin, daß die Türken sich auch als Wacht an den Dardanellen bewährt hätten, indem sie die Verbindung Rußlands mit seinen Bundesgenossen verhinderten. Die Blätter gaben der Ueberzeugung Ausdruck, daß die Entente, die nicht imstande war, den Weg durch die Dardanellen zu öffnen, den Weg von der Nordsee bis zum Indischen Ozean niemals werde versperren können.

Am 5. November lautete der Bericht: »Bei Anaforta verhinderten unsere Patrouillen durch Bomben feindliche Truppen an der Fortsetzung von Befestigungsarbeiten. Am 3. November zwang unsere Artillerie feindliche Kriegsschiffe vor Kemikliliman, sich zurückzuziehen. Ein Panzerkreuzer wurde dreimal, ein Frachtschiff einmal getroffen; auf diesem Schiff brach ein Brand aus; es wurde gegen Westen abgeschleppt. Als unsere Artillerie auf eine feindliche Kompagnie feuerte, die Hebungen abhielt, hißten diese Flaggen mit dem Roten Kreuz, damit wir unser Feuer einstellten. – Am 4. November beschossen ein Monitor und ein Torpedoboot des Feindes ungefähr zwei Stunden lang das offene Dorf Enos und zerstörten einige Häuschen.«

Ueber eine englische Niederlage in Mesopotamien erfuhren wir aus Bagdad: »Die englische Expedition gegen Mesopotamien hat unter den Arabern der Südküste Arabiens von Bab-el-Mandeb bis Maskat große Erregung hervorgerufen. Seit der Einnahme von Lahadsch durch türkische Truppen ist die Erregung gewachsen. Die das Bergland von Hadramaut bewohnenden Stämme griffen unter dem Gouverneur von Djebel Inerim, der den Heiligen Krieg verkündet hatte, zu den Waffen und griffen die englischen Kolonien an der Küste an. Nachdem die Engländer in Makalla Verstärkungen gelandet hatten, fand im Innern des Landes ein Kampf statt. Obwohl die Engländer über Kanonen und Maschinengewehre verfügten, wurden sie von 12 000 Arabern umzingelt, die drei Kanonen, sieben Maschinengewehre und mehr als 800 Gewehre sowie Munition erbeuteten. Eine große Zahl von Engländern wurde getötet, der Rest flüchtete nach Makalla in Kanonenbooten und räumte Makalla in Erwartung indischer Verstärkungen. Die Niederlage, die von den Engländern geheim gehalten wurde, rief bei der indischen Regierung große Beunruhigung hervor.«

General Groener, der verdienstvolle Chef des deutschen Feldeisenbahnwesens.

Das Hauptquartier teilte am 7. November mit: »An der Dardanellenfront beschoß unsere Artillerie bei Anaforta ein Torpedoboot und ein Transportschiff mit Feinden, die bei Kemikliliman lagen. Es wurden mehrere Treffer erzielt; der Transport entfernte sich, in Rauch gehüllt. Am 6. November beschädigte unser Feuer ein feindliches Flugzeug, das in der Gegend von Kutschukkemikli ins Meer fiel, wo unsere Artillerie es weiter beschädigte. Seine Trümmer wurden vom Feinde in der Nähe von Lazarettzelten ans Ufer gezogen. In diesem Abschnitt nahmen drei feindliche Panzer und ein Torpedoboot, wie gewöhnlich, erfolglos an dem Feuergefecht teil. Bei Ari Burnu Feuergefecht und auf dem linken Flügel lebhafteres Bombenwerfen. Bei Sedd-ul-Bahr versuchte der Feind im Zentrum nach einem Feuerüberfall gegen unsere Stellungen vorzustoßen, indem die Soldaten Bomben warfen. Der Versuch scheiterte unter unserem Feuer und der Feind wurde vollständig vertrieben. In diesem Abschnitt fand wie gewöhnlich anhaltendes Feuergefecht statt. Der Feind schleuderte innerhalb 24 Stunden gegen unseren linken Flügel etwa 1300 Granaten, ohne irgendeinen Erfolg zu erzielen.«

Das französische Unterseeboot »Turquoise«, das vor einigen Tagen in den Dardanellen versenkt worden war, war wieder flott gemacht und in gutem Zustand nach Konstantinopel gebracht worden. Es wurde in die türkische Marine eingereiht. Sodann fand die Zeremonie der Neubenennung und der Hissung der türkischen Flagge statt, wobei das Publikum zur Besichtigung des Unterseebootes zugelassen wurde. Der Ertrag der Eintrittsgelder wurde zugunsten bedürftiger Soldatenfrauen verwandt. Das Unterseeboot ist nach dem Kanonier, der es durch einen wohlgezielten Schuß versenkte, »Achmed« genannt worden.

Nach Bukarester Meldungen wurden das erste und zweite französische Infanterie-Regiment und das zehnte englische Infanterie-Regiment von der Halbinsel Gallipoli zurückgezogen. Immerhin blieben noch beträchtliche Streitkräfte auf der Halbinsel, die jedoch keine großzügige Aktion versuchten. Ursprünglich war nur die Zurückziehung der englischen Truppen von der »Hölleninsel« vorgesehen. Als aber dies zur Kenntnis der Franzosen gelangte, räumten sie freiwillig einige Stellungen und vernichteten Drahthindernisse, so daß das Oberkommando es für ratsam hielt, auch Franzosen zu entlassen.

Am 11. November teilte das türkische Hauptquartier mit: »An der Dardanellenfront hält in den drei Abschnitten die gegenseitige Beschießung an. Bei Anaforta kam es in der Nacht vom 9. zum 10. November zu einem Zusammenstoß zwischen den gegnerischen Patrouillen. Die Unseren brachten den feindlichen Patrouillen Verluste bei und zwangen sie, in ihre Stellungen zu fliehen. Bei Ari Burnu brachte unsere Artillerie die an der Mündung des Korkudere aufgestellte feindliche Artillerie zum Schweigen. Bei Sedd-ul-Bahr vernichtete eine Mine, die der Feind auf dem linken Flügel springen ließ, durch Rückschlag einen Teil seiner eigenen Truppen und Schützengräben. Unsere Artillerie verjagte zwei feindliche Monitore, die das Feuer gegen die Küste von Saros eröffnet hatten. An der Kaukasusfront nichts Wichtiges außer Patrouillenkämpfen.«

Der Bericht vom 12. November gab Kunde von einem schönen Erfolg: »Dank der neuen von unserer Flotte getroffenen Schutzmaßnahmen ist das englische Unterseeboot »E 20« am 5. November in den Dardanellen zum Sinken gebracht worden. Drei Offiziere und sechs Matrosen der Besatzung sind gefangen genommen worden. Das erwähnte Unterseeboot, eines der modernsten der englischen Marine, hatte sich vor zwei Monaten in den Dardanellen gezeigt. Es war 61 Meter lang, verdrängte 800 Tonnen und hatte an der Oberfläche des Wassers eine Geschwindigkeit von 19 Meilen und unter Wasser eine solche von 14 Meilen. Es hatte acht Torpedoschußrohre, zwei Schnellfeuerkanonen und eine Besatzung von 30 Mann. Jedesmal, wenn die Monitoren den Golf von Saros zu beschießen versuchten, brachte sie unsere Artillerie zum Schweigen und zwang sie, sich zu entfernen. Bei Anaforta und Kemikliliman zwang unsere Artillerie die feindlichen Schiffe, die sich dort befanden, sich zu entfernen. Das am 10. November in der genannten Bucht gestrandete Torpedoboot ist vollständig gesunken. Bei Ari Burnu und Kansilirt zerstörten wir eine feindliche Bombenwerferstellung. Bei Sedd-ul-Bahr fügte unsere Artillerie den feindlichen Truppen, die damit beschäftigt waren, Drahtverhaue vor dem linken Flügel zu errichten, ziemlich starke Verluste zu. Ein Kreuzer und zwei Monitoren des Feindes nahmen bei Anaforta und Sedd-ul-Bahr, ohne eine Wirkung zu erzielen, an dem Feuer der Landtruppen teil.«

Die berühmte Eisenbahnbrücke Semlin-Belgrad, die von den Serben bei ihrem Rückzug zerstört wurde. Die aufstrebenden Teile der Brücke sind durch österreichisch-ungarische Truppen von den Pfeilern hinweggenommen worden und über die unbeschädigten Pfeiler ist eine neue Eisenbahnbrücke gebaut.


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