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Die Zerschmetterung der serbischen Armeen.

Der in einem früheren Kapitel erzählte Siegeslauf der Armee Mackensen mit den Armeeteilen Koeveß und Gallwitz nahm auch im zweiten Drittel des November seinen Fortgang. Gleichzeitig drangen auch die Bulgaren mit unwiderstehlicher Tapferkeit weiter vor.

Hilfe von außen konnte den Serben, die mit Recht dem Untergange geweiht waren, nicht mehr gebracht werden. Die in Saloniki gelandeten französischen und englischen Truppen waren dazu nicht ausreichend. Sie wurden fortgesetzt von den Bulgaren geschlagen, wie folgende Meldung aus Sofia vom 9. November bewies: »Die Ententetruppen haben eine neue Niederlage erlitten. Zwischen Krivolac und Prilep, wo die Bulgaren in der Defensive sind, richteten die Ententetruppen gestern heftige Angriffe gegen die bulgarischen Stellungen, die aber von den Bulgaren unter riesigen Verlusten für den Gegner zurückgeschlagen wurden. Es wurden zahlreiche Gefangene gemacht.« (Krivolac liegt im Wardar-Tale, 35 Kilometer südöstlich von Köprüli (oder Vely), ebenso weit westlich von Strumitza. Prilep liegt 50 Kilometer westlich davon an der albanischen Grenze, 45 Kilometer südwestlich von Köprüli. Ueber Prilep führt eine Straße in südlicher Richtung nach Monastir (35 Kilometer.)

Die Meldung Mackensens vom 10. November lautete: »Die Verfolgung ist überall in rüstigem Fortschreiten. Die Beute von Krusevac beträgt nach den nunmehrigen Feststellungen: 103 fast durchweg moderne Geschütze, große Mengen Munition und Kriegsmaterial. Die Armee des Generals Bojadjieff meldet 3660 serbische Gefangene; als Beute von Nisch 100, von Leskovac 12 Geschütze.«

Die jetzigen Ereignisse in Serbien waren am Ende wohl imstande, die Serben auch einmal wieder zur Ueberlegung zu bringen. Die Russenfreundschaft Serbiens war ja durchaus keine Naturnotwendigkeit. Es hatte auch in Serbien stets starke Strömungen gegeben, die den Nächstliegenden Anschluß an Oesterreich und Deutschland gewünscht hatten. Es waren aber diese Strömungen mit mehr oder weniger Gewalt unter dem Einflusse des russischen Botschafters und durch die harte Hand des verblendeten Ministeriums Paschitsch unterdrückt worden. Jetzt bekamen sie wieder Luft, nachdem vor den deutschen Kanonen auch die Ketten zerbrachen, die jenen serbischen Freunden Oesterreichs angelegt worden waren. Man konnte natürlich noch nicht sagen, welche praktischen Folgen das politisch haben sollte. Man konnte aber soviel annehmen, daß die Lösung der serbischen Frage hier eine Erleichterung finden sollte. Diejenigen serbischen Gebiete, die von uns oder den Bulgaren besetzt worden waren, zeigten jedenfalls durchaus nicht den Fanatismus, mit dem uns von seiten der Entente gedroht worden war. All die Verleumdungen, mit denen man unsere Truppen durch die falschen Greuelberichte in den Augen der Bevölkerung von vornherein zu verdächtigen suchte, verschwanden mit dem Auftreten dieser Truppen von selbst. Es ging ein Aufatmen durch die serbischen Dörfer, die die Schrecken des Krieges an sich vorübergehen sahen und die nun ungestört ihrer alten Arbeit wieder nachgehen konnten. Man korrigierte sein Urteil, nachdem die einseitige serbische Zensur gebrochen und der nüchternen Sprache der Tatsachen der Weg wieder freigegeben war. Da sah man denn ein, daß im Grunde genommen Serbien gar nicht mehr für sich selber kämpfte, sondern nur noch für die Entente.

Große Beute meldete der bulgarische Heeresbericht vom 7. November: »Unsere Truppen, welche fortfuhren, die geschlagene serbische Armee zu verfolgen, sind am 7. November auf ihrer ganzen Front bis an die Morawa gelangt und bereiten sich vor, auf ihr linkes Ufer überzusetzen. Besetzt wurden die Städte Aleksinac, Wlasotinec, Iltovac und in Mazedonien die Stadt Tetowo. Auf den anderen Fronten keine Aenderung. Unsere Truppen wurden in Nisch von der Bevölkerung mit Blumen, Freudenrufen, Hurra und »Willkommen, Befreier!« empfangen. Die Stadt war von den abziehenden serbischen Soldaten geplündert worden. Als Kriegsbeute wurden in Nisch und Umgebung bis jetzt gezählt: 42 Festungsgeschütze, Tausende von Gewehren und Kisten mit Munition, 700 Eisenbahnwaggons, die Mehrzahl beladen mit Lebensmitteln, viele Automobile, viel Sanitätsmaterial, unter anderem 12 Desinfektionsmaschinen, 500 Wasserpumpen, 500 neue Fahnen, Hunderttausende von Soldatenwäschestücken und Uniformen. Es sind noch viele Pulverdepots in der Stadt und Umgebung. Weiter ließen die Serben bei ihrem Rückzuge noch zahlreiche Geschütze, Maschinengewehre und Gewehre zurück, die noch nicht gezählt sind. Bis jetzt wurden in Nisch 5000 Gefangene gezählt.«

Aus Saloniki wurde geschrieben: »Uesküber Nachrichten zufolge, die über Monastir kommen, befanden sich auf der Bahnstrecke Branja–Belgrad im ganzen 2800 Waggons und 45 Lokomotiven, die dem Sieger in die Hände fielen. Bei der Besetzung von Uesküb legten die Bulgaren ihre Hände auf 500 Waggons und zehn Maschinen, während versucht wird, 300 Waggons und zehn Maschinen der Strecke Gewaheli–Demirkapu nach Griechenland zu befördern. Die vor einer Woche in Monastir eingetroffene geflüchtete serbische Bevölkerung fühlte sich dort nicht sicher und wandte sich größtenteils nach Saloniki. Am 31. Oktober war Monastir schon gänzlich von serbischen Truppen geräumt, nur Gendarmen blieben zurück. Die einheimische Bevölkerung, soweit sie nicht serbisch ist, sah den kommenden Ereignissen mit Ruhe entgegen, obgleich der Notstand sehr gestiegen und die serbische Währung so entwertet war, daß der Dinar in Monastir nur die Hälfte soviel galt wie in normalen Zeiten.«

Unter dem äußerst wertvollen Kriegsmaterial, das den Bulgaren bei ihrem raschen Siegeszuge in die Hände fiel, befanden sich auch über 100 neue Lokomotiven, hauptsächlich italienischen Ursprungs. 45 Lokomotiven hatte Serbien noch in den letzten Wochen vom Vierverband als Geschenk erhalten. Weiterhin erbeuteten die Bulgaren auch zwei schwere Flußmonitoren, die Serbien ebenfalls vom Vierverband zur Verfügung gestellt worden waren. Der eine der Monitoren war mit 20, der andere mit 25 Kanonen bestückt. Die Munitionskammern enthielten größtenteils Bomben mit giftigen Gasen. Die Fahrzeuge lagen seit Ende Mai auf der Morawa.

Die Entente-Truppen, die sich zur Offensive gegen den bulgarischen Flügel in der Bardar-Ebene anschickten, erlitten eine entscheidende Niederlage. Die feindlichen Truppen waren längs der Eisenbahnlinien Saloniki–Krivolac und Saloniki–Monastir konzentriert. Nach dem Kampfverlauf zu urteilen, betrug ihre Zahl ungefähr achtzigtausend Mann. Die Bulgaren traten ihnen auf der Front Prilep–Krivolac–Strumitza in einer Frontlänge von mehr als fünfzig Kilometern in unerwarteter Weise entgegen. Die Engländer und Franzosen operierten hauptsächlich mit ihren Flügeln, in der Hoffnung, dadurch die Lage der Bulgaren schwierig zu gestalten. Der Kampf währte zwei Tage. Anfangs hielten sich die Truppen der Entente hartnäckig. Als aber die Bajonettangriffe begannen, ergaben sie sich in Haufen oder ergriffen die Flucht. Die Verluste der Feinde waren ungeheuer, während die der Bulgaren verhältnismäßig gering waren.

Oesterreichisch-ungarische Vorposten im Hochgebirge Montenegros.

Die strategischen Folgen der Niederlage der Engländer und Franzosen waren größer als die des Falles von Nisch, das früher oder später den Bulgaren nicht entgangen wäre. Dagegen war die englisch-französische Armee eine tagtäglich zunehmende Gefahr, die aufs rascheste beseitigt werden mußte. Dies war vollständig gelungen, und damit war die allerletzte Hoffnung Serbiens endgültig begraben.

Der österreichische Bericht vom 10. November lautete: »Oesterreichisch-ungarische Truppen der Armee des Generals von Koeveß haben südwestlich von Ivanjica die stark besetzte Höhe Osolisto genommen und auf Eldoviste, dem Südausläufer der Jelica Planina, eine aus mehreren hintereinander liegenden Schützengräben bestehende Stellung gestürmt. Südwestlich von Kraljevo dringen deutsche Streitkräfte beiderseits der Ibar vor; südwestlich von Krusevac gewannen sie den Raum von Aleksandrovac. Die Bulgaren warfen den Feind bei Nisch und Aleksinac auf das linke Ufer der südlichen Morawa zurück.«

Mackensen meldete am nächsten Tage: »Die Verfolgung der Serben im Gebirge südlich der westlichen Morawa hat gute Fortschritte gemacht. Ueber 4000 Serben wurden gefangen genommen. Die Armee des Generals Bojadjieff hat die Morawa an mehreren Stellen überschritten.«

Als die Bevölkerung aus Belgrad bei Regen und nassem Schnee nach Süden zog, mußten Männer und Frauen knietief durch Moraste waten. Viele Frauen hatten Säuglinge auf den Armen und Kinder an der Hand. Inmitten von Kuhheerden, Schafen und Schweinen sah man Greise und Kinder. Manchmal geriet der Zug hilflos in Unordnung. Nichts verriet eine Panik, man konnte nur dumpfe Resignation wahrnehmen. So schleppten sie sich fort, meist ohne zu wissen, wohin. Wovon sich die Menschenmenge nährte, wußte niemand, denn die wenigen Herbergen längs des Weges waren leer. Es war die Zahl der serbischen Flüchtlinge, die infolge des Vormarsches der Bulgaren täglich auf griechisches Gebiet übertraten, jetzt so groß, daß die Präfekten in den Grenzgebieten von der Regierung die sofortige Sendung von Geld und Nahrungsmitteln verlangten, um den unglücklichen Flüchtlingen schnellstens helfen zu können. Das Elend unter diesen sei unbeschreiblich; die meisten kamen nur in Lumpen gekleidet, viele waren erkrankt.

Der österreichische Generalstab meldete am 11. November: »Oestlich von Trebinje schlugen wir einen starken montenegrinischen Angriff ab. Der Feind erlitt große Verluste. Die von Uzice südwärts vordringenden österreichisch-ungarischen Truppen hatten gestern den halben Weg nach Novo Baros zurückgelegt. Nordöstlich von Ivanjica warfen wir den Feind aus mehreren Stellungen auf dem Cemerno-Rücken. Die deutschen Divisionen des Generals von Koeveß drängen die Serben im Gebiete der Stovoli Planina zurück. Oestlich davon erkämpften sich k. u. k. Streitkräfte den Aufstieg auf die Krnja Jela und den Pogled. In Trstenik fielen 1000 Serben in unsere Hand. In Brnjacka Banja südwestlich Trstenik haben die Serben ein Feldspital mit 1000 verwundeten Soldaten und Offizieren und einem Arzt zurückgelassen. Die Armee des Generals von Gallwitz kämpft nordöstlich von Brus und an den Nordfüßen des Jastrebac-Gebirges. Bulgarische Streitkräfte überschreiten bei Aleksinac die Morawa.«

Die in größter Unordnung fliehende serbische Armee wurde Mitte November von unterrichteter Seite auf nur noch höchstens 80 000 Mann geschätzt. Es verlautete, daß der serbische König bereits die montenegrinische Grenze überschritten habe.

Mackensen meldete am 12. November: »Die Verfolgung wurde fortgesetzt. Südlich der Linie Kraljevo–Trstenik ist der erste Gebirgskamm überschritten, im Rasina-Tal südwestlich von Krusevac drangen unsere Truppen bis Dupci vor. Weiter östlich ist Ribare und das dicht dabei liegende Ribarska Banja erreicht. Gestern wurden über 1700 Gefangene gemacht und elf Geschütze erbeutet.«

Der k. k. Generalstab meldete am gleichen Tage: »Auf der ganzen Front sind die Verfolgungskämpfe im Gange. Im Ibar-Tal haben die deutschen Truppen Bogutovac und die beiderseitigen Höhen erstürmt. Die Armee von Gallwitz nähert sich den Höhenkämmen des Jastrebac-Gebirges. Die neuerliche Beute beträgt hier 1400 Mann, elf Geschütze, 16 Munitionswagen und einen Brückentrain. Die bulgarische Armee hat an ihrer ganzen Front den Morawa-Uebergang erzwungen.«

Die deutsche Depesche vom 12. November lautete: »Die Verfolgung im Gebirge schreitet fort. Die Paßhöhen des Jastrebac (Berggruppe südöstlich von Krusevac) sind von unseren Truppen genommen. Ueber 1100 Serben fielen gefangen in unsere Hand; ein Geschütz wurde erbeutet.«

Die Armee von Koeveß machte in erfolgreichen Gebirgskämpfen weitere Fortschritte. Die Visegrader Gruppe hatte sich nach heftigen Kämpfen dem unteren Limgebiet genähert. Auf der Straße nach Javor wurden die Höhen Karagjorgjev Sanac, im Ibar-Tale der Nordhang des Planinica-Rückens erreicht. Im oberen Rasina-Gebiet hatte sich der geworfene Gegner über Brus und Ploca zurückgezogen. Die Armee hatte in diesen Kämpfen 13 Offiziere und 1200 Mann gefangen genommen. Die Armee von Gallwitz drängte den Feind in das Toplica-Tal zurück. Im Anschluß daran waren die bulgarischen Streitkräfte überall im Vorgehen.

Der nächste österreichische Bericht meldete: »Unsere Visegrader Gruppe hat die Vorstellungen des Gegners im unteren Limgebiet genommen. Die über Ivanjica vorgehenden österreichisch-ungarischen Truppen haben die Höhen Welka, Livada und Cervena Gora erkämpft. Eine andere Gruppe hat nach Ueberwindung aller durch Schneefall, Kälte und hohes Gebirge gegebenen Schwierigkeiten im Raume zwischen dem Ibar- und Moravica-Tal die wichtigen Höhen Smrcak und Kosutica erstürmt und einige Gegenangriffe abgewiesen. Die Armee des Generals von Gallwitz erkämpfte die Paßhöhen im Jastrebac-Gebirge und machte 1100 Gefangene. Die bulgarische Armee hat den Morawa-Uebergang fortgesetzt.«

Ein Albaner aus der Gegend von Monastir.

Aus Sofia erfuhren wir von den Kämpfen im Strumitza Abschnitt: »In diesem Frontteil standen die bulgarischen Kräfte französischen und englischen Truppen gegenüber und fochten sehr heftige Kämpfe um jeden Fußbreit Boden. Tag und Nacht waren die hier operierenden Kräfte beinahe unausgesetzt in Tätigkeit. Die Verluste des Feindes beliefen sich in einigen Gefechten allein an Toten auf Tausende. Die Verluste der mazedonischen Truppen sind im Verhältnis zu den feindlichen gering, obwohl sie sich meistens in der Offensive befanden. Sehr zum Vorteil gereichte ihnen die Kenntnis des Geländes. Im einzelnen wird gemeldet: Nördlich vom Doiran-See ist der Kampf sozusagen permanent. Nach viertägigen, sehr blutigen Gefechten wurden die Franzosen aus Kalai Memesli und Dorolubs verdrängt. Die Franzosen, deren rechte Flanke durch jüngst eingetroffene Engländer verstärkt war, zogen sich drei Kilometer weiter nördlich in stark ausgebaute Stellungen zurück. Die englischen Truppen machten oberhalb der Ortschaft Paplist Halt, konnten aber den vom Wardar vordringenden Mazedoniern nur kurz widerstehen. Sie waren genötigt, Paplist zu räumen, das dann die Mazedonier besetzten. Auf dem linken Wardar-Ufer wurden die Franzosen aus starken Stellungen geworfen und flüchteten bis Gadsko. Die vom Ornajafluß vorgedrungenen Bulgaren verdrängten die Franzosen ebenfalls, die besonders in schweren Kämpfen bei den Bergen Kamenijol und Debricka furchtbare Verluste hatten. Hunderte von Toten lagen in Bergschluchten. Unter den bei Walandowo kämpfenden Franzosen befanden sich auch Serben. Die bulgarische Artillerie schoß äußerst wirksam, ebenso waren die Nachstürme der Mazedonier sehr erfolgreich.

Ueber die Kampfweise der Engländer und Franzosen berichtete ein Verwundeter: »Der Kampfwert der Entente-Truppen wird, da diese buntgemischt sind, sehr verringert. Reine Franzosen übergeben sich bei der ersten Gelegenheit, oft aus Scham, daß sie gemeinsam mit Wilden gegen ein Kulturvolk kämpfen sollten. Hartnäckiger sind die Kolonialtruppen, welche aber unter dem rauh werdenden Klima sehr zu leiden beginnen. Die Expedition hat schöne Pferde, aber keine Maultiere, um die Geschütze auf die Höhen zu bringen. Schon in der ersten Schlacht bei Walandowo wurde eine ganze Brigade der Fremdenlegion aufgerieben; sie hatte nicht genügend Artillerie. Die Bulgaren unternahmen gegen sie nur Bajonettangriffe, die unter den Engländern und Franzosen Entsetzen hervorriefen. Das gleiche Schicksal ereilte eine zweite, wenn auch besser bewaffnete Brigade.

Die Armeen der Generale von Koeveß und von Gallwitz warfen am 14. November auf der ganzen Front in teilweise hartnäckigen Kämpfen den Gegner erneut zurück. 13 Offiziere, 1760 Mann wurden gefangen genommen und zwei Geschütze erbeutet. Die Armee des Generals Bojadjieff war im Anschluß an die deutschen Truppen von der südlichen Morawa her im Vordringen.

Mackensen berichtete am 15. November: »Die Verfolgung blieb überall in Fluß. Gestern wurden im ganzen über 8500 Gefangene und 12 Geschütze eingebracht, davon durch die bulgarischen Truppen etwa 7000 Mann und sechs Geschütze.«

Am 15. November war die Lage folgende: Die linke Flügelgruppe der Armee Gallwitz hatte bei Prokuplje an der serbischen Heerstraße nach Kursumilja die Vereinigung mit der bulgarischen Armee Bojadjieff vollzogen. Die zwischen beiden Heeresteilen eingeklemmten serbischen Nachhuten in Stärke von 7000 Mann wurden abgefangen und zwei Haubitzen erbeutet. Der Armee Koeveß fielen zur selben Zeit 850 Mann und zwei Maschinengewehre zur Beute. Alle drei Armeen setzten die Vorrückung unter steten Verfolgungskämpfen und durch Kälte, Schneesturm und Regen stark behindert fort. Die Visegrader Gruppe hatte nächst Sokolovic montenegrinische Abteilungen über den Limfluß zurückgeworfen.

Eine gute Nachricht aus dem Kolonialkrieg.

Eine rheinische Zeitung erhielt im Oktober 1915 den Bericht eines Offiziers, der den Krieg in Deutsch-Südwestafrika mitgemacht hatte. Danach erlitten im Süden die Engländer schwere Schlappen. Englische Offiziere bezifferten ihren Verlust an Mannschaften auf 9000 Mann, doppelt so viel, als die deutsche Schutztruppe überhaupt Streiter hatte. Zwischen den zwangsweise unter die englischen Unionstruppen gesteckten Buren und den Engländern kam es zu schweren Ausschreitungen, wobei die Buren meistens standrechtlich erschossen wurden. Die Engländer bemühten sich jetzt hartnäckig, die deutschen Untertanen zu naturalisieren, was aber bisher von allen Seiten zurückgewiesen wurde. Man glaubte in Südafrika fest an den endgültigen deutschen Sieg. Ein aufrichtiger Kolonialengländer versicherte, daß die deutsche Sache in Europa ausgezeichnet stehe.

Ueber die Hinrichtung einer englischen Kriegsverräterin.

Durch feldgerichtliches Urteil vom 9. Oktober 1915 waren in Brüssel wegen Kriegsverrats verurteilt worden: fünf Personen zum Tode, vier Personen zu je 15 Jahren Zuchthaus; 17 weitere Beschuldigte wurden von der Anklage des Kriegsverrats freigesprochen. Gegen einen Belgier und eine Engländerin wurde das Todesurteil sodann vollstreckt. Die zum Tode verurteilten Personen hatten nach eigenem Geständnis viele Monate hindurch, die vorgenannte Engländerin während neun Monaten, mitgewirkt, versprengte englische Offiziere und Soldaten, sowie wehrfähige Franzosen und Belgier nach Holland zu befördern, damit sie sich dem Heere unserer Feinde anschließen konnten. Die Verurteilten bildeten eine wohlorganisierte Gesellschaft, die trotz der wiederholten Warnungen des Generalgouverneurs mit verteilten Rollen etappenweise im großen Stile die Anwerbung und Zuführung Wehrfähiger für die feindliche Armee betrieben hatte.

Halbamtlich wurde dazu bekannt gegeben: In der ausländischen Presse werden die kürzlich in Belgien vollzogenen Verurteilungen und Strafvollstreckungen wegen Kriegsverrats entweder falsch oder mit starken Uebertreibungen geschildert. Deshalb ist es notwendig, die Sache nochmals so darzustellen, wie sie sich tatsächlich verhält. Dies ist um so mehr erforderlich, als das englische Oberhaus sich auch mit der Sache beschäftigte und den Fall der Engländerin Edith Cavall zum Gegenstand der Erörterung machte. Die in dem großen Prozesse Verurteilten haben monatelang unter Einrichtung von Etappen und unter Mitwirkung einer großen Anzahl von Helfern die Anwerbung militärpflichtiger Belgier und die Fortschaffung versteckter französischer und englischer Deserteure betrieben. Die Seele des durch den Prozeß aufgedeckten Werbesystems war die Cavall. Wenn man sie als eine Frau darstellt, deren Berufsleben dem Zweck gewidmet war, anderen Menschen das Dasein in selbstloser Weise zu erleichtern, so sei auf die Tatsache hingewiesen, daß sie als Geschäft eine Pension für Kranke unterhielt, deren hohe Preise sie nur Begüterten zugänglich machten. Daß ein Todesurteil an einer Frau vollzogen wurde, sollte unseren Feinden im übrigen keinen Anlaß zur Entrüstung geben, denn auch die französische Regierung hat mehrfach im Verlauf des Krieges Todesurteile an Frauen vollstrecken lassen, zum Beispiel im März 1915 an der Deutschen Margarete Schmidt und im Mai in Bourges an der Deutschen Ottilie Moß. Die englische Regierung aber brauchte nur an die Grausamkeiten zu denken, die Lord Kitchener an den Frauen und Kindern während des Burenkrieges sich hat zuschulden kommen lassen. Unsere Gegner sind allerdings nicht in der Lage, nennenswerte feindliche Gebiete zu besetzen und daher der Schwierigkeit enthoben, in Feindesland den Rücken des eigenen Heeres zu decken. In Belgien kann von einer Willkürherrschaft um so weniger die Rede sein, als die Verurteilten meistens offen ihre Vergehen eingestanden und auch erklärten, gewußt zu haben, welchen strengen Strafen sie sich aussetzten. Die in öffentlicher Sitzung nach Recht und Gesetz erfolgten Verurteilungen beruhen auf den Bestimmungen des Reichsstrafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzbuches über Kriegsverrat und Spionage. Weder Sonderbestimmungen eines Spezialgesetzes für Belgien, noch der sogenannte Kriegsbrauch haben bei der Urteilsbildung gegen sie mitgewirkt. Der Generalgouverneur hat wiederholt auf das dringendste vor den immer mehr ausgedehnten Bestrebungen gewarnt, versteckte Belgier und französische und englische Deserteure über die Grenze zu bringen und auf die notwendigen und unvermeidlichen Folgen strenger Bestrafung hingewiesen. Es bedeutet also nur Selbsterhaltung, wenn man die Zuwiderhandelnden zur Verantwortung zieht, besonders wenn sie in wohlorganisierten Banden Auftreten. Kein Volk kann sich das gefallen lassen, und der Generalgouverneur würde pflichtvergessen handeln, wenn er nicht dagegen einschritte.

Vom serbischen Kriegsschauplatz: Serbische Komitatschis (Banden), auf der Flucht vor den Bulgaren und Deutschen.

Weiter wurde amtlich erklärt: Im »Manchester Guardian« finden wir folgende von einem englischen Offizier beglaubigte »Heldentat« eines jungen französischen Mädchens: »Es war ein Mädchen von 17 Jahren in der Stadt, die wundervolle Heldentaten in der Nacht des Angriffs ausführte. Sie half bei den Verwundeten im Keller, der schnell als Krankenstation hergerichtet war, während zwei deutsche Schützen von einem Nachbarhause aus in den Keller feuerten. Wir konnten sie nicht kriegen, da sie durch die Tür des Hauses gedeckt waren. Sie sah dies, nahm den Revolver eines verwundeten Offiziers, kletterte heraus und von hinten an das Haus heran und erschoß die beiden deutschen Soldaten. Dann kam sie zurück, legte den Revolver hin und sagte: »C'est fait«. Nunmehr fuhr sie fort, weiter die Verwundeten zu verbinden. Dies ist absolut wahr. Sie verstand zufällig, mit Feuerwaffen umzugehen, da ihr Bruder und Vater, die beide im Kriege getötet worden sind, gute Schützen waren.« – Die englische Presse scheute sich also nicht, die Tat eines Mädchens bekannt zu geben und zu verherrlichen, das aus dem Hinterhalt zwei deutsche Soldaten erschoß. Wenn solche Taten, die jedem Kriegsgebrauch Hohn sprechen, noch obendrein gefeiert werden, sollen sich Engländer und Franzosen nicht wundern, wenn mit den Schuldigen, gleichgültig welchem Geschlecht sie angehören, nach den Kriegsgesetzen verfahren wird. Wäre das Mädchen ergriffen und dann verdientermaßen von unseren Truppen erschossen worden, so würde sich die englische Presse in ihrem Entrüstungsgeschrei über die »barbarische Kriegsführung der Deutschen« nicht haben genug tun können, genau wie sie jetzt die öffentliche Meinung der Welt gegen uns aufzubringen suchte, weil in Belgien ein den Kriegsgesetzen gemäß ergangenes Todesurteil an einer Engländerin vollstreckt wurde, die des Kriegsverrats überführt worden war.


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