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Die Meldungen der Admiralitäten im Mai 1916.

Die den deutschen und österreichisch-ungarischen Marinestäben unterstellten See- und Luftwaffen übten auch im zweiundzwanzigsten Kriegsmonat ihre erfolgreiche Tätigkeit aus.

Die erste Meldung des deutschen Admiralstabes lautete: »Am 1. Mai wurden die militärischen Anlagen von Moonsund und von Pernau von einem Marine-Luftschiff mit gutem Erfolg angegriffen. Das Luftschiff ist ungefährdet gelandet. Gleichzeitig belegte ein Geschwader unserer Seeflugzeuge die militärischen Anlagen und die Flugstation von Papenholm auf Oesel mit Bomben und kehrte unversehrt zurück. Gute Wirkung wurde beobachtet. Ein feindliches Flugzeuggeschwader wurde an demselben Tage gegen unsere Marineanlagen in Windau angesetzt, mußte aber, durch Abwehr gezwungen, unverrichteter Sache zurückkehren.«

Einen schönen großen Luftangriff auf England meldete die amtliche Bekanntgabe vom 4. Mai: »Ein Marine-Luftschiffgeschwader hat in der Nacht vom 2. zum 3. Mai den mittleren und nördlichen Teil der englischen Ostküste angegriffen und dabei Fabriken, Hochöfen und Bahnanlagen bei Middelsborough und Stockton, Industrie-Anlagen bei Sunderland, den befestigten Küstenplatz Hartlepool, Küstenbatterien südlich des Teesflusses, sowie englische Kriegsschiffe am Eingang zum Firth of Forth ausgiebig und mit sichtbar gutem Erfolg mit Bomben belegt. Alle Luftschiffe sind trotz heftiger Beschießung in ihre Heimatshäfen zurückgekehrt, bis auf »L 20«, das infolge starken südlichen Windes nach Norden abtrieb, in Seenot geriet und bei Stavanger verloren ging. Die gesamte Besatzung ist gerettet. Am 3. Mai nachmittags griff eines unserer Marineflugzeuge eine englische Küstenbatterie bei Sandwich südlich der Themse-Mündung, sowie eine Flugstation westlich Deal mit Erfolg an. Auch in der Ostsee war die Tätigkeit unserer Marineflieger lebhaft. Ein Geschwader von Wasserflugzeugen belegte erneut das russische Linienschiff »Slawa« und ein feindliches U-Boot im Moonsund mit Bomben und erzielte Treffer. Ein feindlicher Luftangriff auf unsere Küstenstation Pissen hat keinerlei militärischen Schaden angerichtet. Eines unserer U-Boote hat am 30. April vor der flandrischen Küste ein englisches Flugzeug heruntergeschossen, dessen Insassen von einem feindlichen Zerstörer aufgenommen wurden.«

Am 3. Mai nachmittags hatte ein österreichisches Seeflug-Geschwader Bahnhof, Schwefelfabrik und Kaserne in Ravenna mit Bomben belegt, gute Wirkung, Brände in der Schwefelfabrik und am Bahnhof beobachtet. Von zwei Abwehr-Batterien heftig beschossen, waren alle Flugzeuge unversehrt zurückgekehrt. Um dieselbe Zeit stieß eine rekognoszierende Torpedobootsflottille südöstlich der Po-Mündung auf vier feindliche Zerstörer. Es entspann sich ein erfolgloses Feuergefecht auf große Distanz, da die überlegene Geschwindigkeit des Feindes ein Näherkommen nicht zuließ. Mehrere Flugzeuge beteiligten sich am Kampf und beschossen die feindlichen Torpedofahrzeuge mit Maschinengewehren.

Ein deutsches Luftschiff erlitt in den ersten Maitagen an der norwegischen Küste Schiffbruch. Es war durch heftigen Sturm dorthin abgetrieben worden. Aus Stavanger wurde darüber gemeldet: »Das Luftschiff »L 20« wurde vormittags gegen zehn Uhr über dem südlichen Teile der Jäderküste ziemlich nahe dem Lande gesichtet, es flog langsam nordwärts und kam der Küste immer näher, bis nach Hafsfjord, wo es auf dem Wasser niederging. Der Zeppelin ist anscheinend beschädigt. Von Molde aus wird alles versucht, um Hilfe zu bringen. Nach einer ergänzenden Meldung trieb der Zeppelin gegen eine Felskuppe und das Achterschiff brach direkt vor der hinteren Gondel und stürzte herab. Eine Rettung des Schiffes war unmöglich; es brach mitten durch und stürzte in den Hafsfjord. Ein Torpedoboot, welches längs der Küste gefolgt war, rettete die Besatzung. Das vollständig wrack gewordene Luftschiff trieb im westlichen Teile des Hafsfjords, unmittelbar bei seiner Mündung ins Meer an.« – Die Besatzung des Luftkreuzers wurde gerettet.

Aus dem k. u. k. Kriegspressequartier wurde am 5. Mai bekannt: »Soweit die verkohlten Reste eines durch österreichisch-ungarische Kampfflieger über dem Görzer Exerzierplatz abgeschossenen italienischen Luftschiffes erkennen lassen, handelt es sich um keins der italienischen Systeme sondern wahrscheinlich um einen Lenkballon des französischen Clément-Bayard-Typs. Dadurch, daß die langen gitterförmigen Gondelträger der älteren, unstarren Clément-Bayard-Luftschiffe bei ihm durch eine Stahlgondel mit Auslegern ersetzt und die Propeller hochgelegt sind, ähnelt der abgeschossene Lenkballon dem Parseval-Typ. Die Besatzung des Luftschiffes bestand aus einem Offizier als Führer, einem Steuermann, einem Chauffeur und einem Bombenwerfer, die alle umgekommen sind. Da schon am 8. Juni 1915 das 12 000 Kubikmeter fassende halbstarre Luftschiff »Citta di Ferrara« durch das k. u. k. Marineflugzeug »L 48« in Brand geschossen wurde, war dies bereits der zweite Fall einer Vernichtung italienischer Luftschiffe durch österreichisch-ungarische Flieger. Keiner der nach Tausenden zählenden Ententeflieger kann sich bislang eines ähnlichen Erfolges rühmen, da die Behauptung des seither abgeschossenen englischen Fliegers Warneford, er habe über Belgien einen Zeppelin abgeschossen, unbestätigt geblieben ist.«

Am 7. Mai wurde gemeldet: »Vor der flandrischen Küste wurde am 5. Mai nachmittags ein feindliches Flugzeug im Luftgefecht unter Mitwirkung eines unserer Torpedoboote abgeschossen. Hinzukommende englische Streitkräfte verhinderten die Rettung der Insassen. Ferner erbeutete eines unserer Torpedoboote am 6. Mai vor der flandrischen Küste ein unbeschädigtes englisches Flugzeug und machte die beiden Offiziere zu Gefangenen. Westlich Horns Riff wurde am 5. Mai morgens das englische Unterseeboot »E 31« durch Artilleriefeuer eines unserer Schiffe zum Sinken gebracht. Das Luftschiff »L 7« ist von einem Aufklärungsfluge nicht zurückgekehrt. Nach amtlicher Veröffentlichung der englischen Admiralität ist es am 4. Mai in der Nordsee durch englische Seestreitkräfte vernichtet worden. Die Besatzung wurde gerettet.«

Am 5. Mai machten deutsche Luftschiffe einen Angriff auf Saloniki. Ein Zeppelin ging dabei leider verloren. Ueber diesen Zeppelin-Angriff lagen zahlreiche Berichte vor, die darin übereinstimmten, daß das Luftschiff gegen morgens zwei Uhr über der Halbinsel Chalkidike erschien. Es wurde sofort von den Kriegsschiffen entdeckt und unter lebhaftes Feuer genommen. Nach einer Viertelstunde ging es, offenbar getroffen, auf der Mündung des Wardar nieder.

Der englische Vizeadmiral meldete: »Die Ueberlebenden der Besatzung des bei Saloniki abgeschossenen Zeppelins, vier Offiziere und acht Mann, wurden zu Gefangenen gemacht.«

Ueber ein Seegefecht bei Ostende wurde am 9. Mai berichtet: »Gelegentlich einer Erkundungsfahrt hatten zwei unserer Torpedoboote nördlich Ostende am 8. Mai vormittags ein kurzes Gefecht mit fünf englischen Zerstörern, wobei ein Zerstörer durch Artillerie-Treffer schwer beschädigt wurde. Unsere Torpedoboote sind wohlbehalten in den Hafen zurückgekehrt.«

Wie die Petersburger Telegraphen-Agentur meldete, erschien die »Midilli« (»Breslau«) am 7. Mai, vier Uhr morgens, außerhalb der Reede von Eupatoria in der Krim. Fünf Werst von der Küste entfernt, eröffnete sie plötzlich das Feuer auf einen Dampfer und auf Segelschiffe, die auf der Reede ankerten, und warf auch einige Granaten auf die Stadt. Nach vierzig Minuten fuhr das Schiff wieder fort, indem es noch auf ein Segelschiff Feuer abgab, das sich Eupatoria näherte. In der Stadt wurde eine Person getötet und zwei verwundet, auf den Schiffen drei Personen getötet und neun verwundet.

In dem türkischen Hauptquartiersbericht war mitgeteilt worden, daß der Kreuzer »Midilli« zwischen Sebastopol und Eupatoria ein Schiff von 4000 Tonnen und eine Anzahl von Segelschiffen vernichtet hatte.

England suchte inzwischen auch Spanien in den Seekrieg gegen Deutschland und Oesterreich zu hetzen. Es richtete am 18. April eine geheime Note an Spanien, worin es die Regierung aufforderte, die in spanischen Häfen liegenden deutschen Schiffe zu konfiszieren und die Meerenge von Gibraltar abzusperren. Damit wollte England erreichen, daß der holländische und griechische Handel gehemmt werde. England versprach, daß es, wenn Deutschland wegen der Konfiszierung seiner Schiffe Spanien den Krieg erklärte, die spanischen Schiffe verteidigen und nach dem Kriege Tanger Spanien übergeben wollte. Die spanische Regierung hielt aber die Note geheim und wies die englische Aufforderung zurück.

Eine vom deutschen Volke mit Genugtuung aufgenommene Meldung gab der Admiralstab am 15. Mai bekannt: »Die U-Boot-Erfolge im Monat April 1916 sind: 96 feindliche Handelsschiffe mit rund 225 000 Brutto-Registertonnen durch deutsche und österreichisch-ungarische Unterseeboote versenkt oder durch Minen verloren gegangen.« – Das war kurz und bündig und erfreulich!

Am 16. Mai nachmittags erschienen englische Seestreitkräfte vor der flandrischen Küste. Deutsche Torpedoboote und Bewachungs-Fahrzeuge liefen daraufhin aus, wobei es zu einem kurzen Artilleriegefecht auf große Entfernungen kam. Eines der deutschen Flugzeuge warf während des Gefechts auf einen feindlichen Zerstörer Bomben ab und erzielte dabei einen Treffer am hinteren Kommandoturm des feindlichen Fahrzeuges.

Man hörte aus Paris, daß jetzt nahezu sämtliche Dampfer der französischen Handelsflotte mit Geschützen versehen waren. Die Franzosen forderten die englische Regierung auf, unverzüglich ebenfalls die allgemeine Bewaffnung der englischen Handelsdampfer durchzuführen. Dies sei der beste Schutz zur Erhaltung der englischen Handelsflotte im Unterseebootskriege.

Die Liverpooler Versicherungs-Gesellschaft bezifferte die hauptsächlichsten Schiffsverluste im April des Jahres 1916 auf 118 183 000 Mark gegen 42 Millionen Mark im April 1915 und 6½ Millionen Mark im April 1914.

Ueber einen neuen Flaggenmißbrauch eines englischen U-Bootes wurde aus Schweden berichtet: »Ein englisches Unterseeboot, welches die deutsche Kriegsflagge gehißt hatte, hat den deutschen Dampfer »Orave« aus Lübeck östlich von Kullen versenkt. Die Mannschaft wurde gerettet. Der deutsche Dampfer befand sich auf schwedischem Gebiet, ging aber in das neutrale Gewässer, als das Unterseeboot die deutsche Kriegsflagge zeigte. Erst nach der Versenkung des deutschen Schiffes holte das Unterseeboot die Flagge herunter.« – Der versenkte Dampfer faßte etwa tausend Tonnen. Kap Kullen liegt am nördlichen Ausgang des Oere-Sundes.

In der Nacht vom 19. zum 20. Mai hatte ein Marine-Flugzeuggeschwader von der flandrischen Küste aus die Hafen- und Befestigungs-Anlagen von Dover, Deal, Ramsgate, Broadstairs und Margate ausgiebig mit Bomben belegt und dabei an zahlreichen Stellen gute Brand- und Sprengwirkung beobachtet. Die Flugzeuge wurden von feindlichen Landbatterien und Bewachungs-Fahrzeugen heftig beschossen, kehrten aber sämtlich unversehrt zurück.

Unterseeboot in Fahrt. Vom Beobachtungsturm des U-Bootes gemachte photographische Aufnahme.

Deutsche Seeflugzeuge hatten am 22. Mai im nördlichen Aegäischen Meere zwischen Dedeagatsch und Samothraki einen feindlichen Verband von vier Schiffen angegriffen und auf einem Flugzeugmutterschiff zwei Volltreffer erzielt. Die feindlichen Schiffe entfernten sich darauf in der Richtung nach Imbros.

Von einer sehr hübschen U-Boot-Tat berichtete das österreichische Flotten-Kommando: »Eines unserer Unterseeboote hat am 23. Mai, morgens, die bedeutenden Hochöfen von Portoferrario auf der Insel Elba sehr erfolgreich beschossen. Das Feuer wurde von einer Strandbatterie wirkungslos erwidert. Anschließend an die Beschießung versenkte das Unterseeboot den italienischen Dampfer »Washington«.

In der Nacht vom 25. zum 26. Mai hatte ein deutsches Flugzeuggeschwader die russische Flugzeugstation Papenholm auf der Insel Oesel erneut mit Bomben belegt und dabei gute Treffer, größtenteils in den Flughallen selbst, erzielt. Trotz heftiger Beschießung waren alle Flieger wohlbehalten zurückgekehrt.

Die U-Boots-Gefahr war inzwischen derart gestiegen, daß ein Teil der englischen Flotte aus dem Aermel-Kanal nach dem Mittelmeer beordert wurde, um die englisch-französischen Transporte nach Saloniki und Aegypten zu schützen. Vielfach benutzten die Engländer jetzt für die Truppen- und Munitions-Transporte im Mittelmeer griechische und spanische Dampfer.

Man meldete am 30. Mai aus Stockholm: »Bei Oxeloesund (an der schwedischen Südwestküste) wurde vorgestern abend vom Meere her heftiges Geschützfeuer gehört, das eine Viertelstunde andauerte. Es rührte von dem Angriff eines feindlichen Unterseebootes auf vier deutsche Erzdampfer her, die von drei deutschen bewaffneten Vorpostenschiffen begleitet waren. Der Angriff mißglückte, das Unterseeboot stellte plötzlich das Gefecht ein. Die sieben deutschen Schiffe passierten gestern vormittag die südschwedische Insel Oeland. Es ist unbekannt, aus welchem Grunde das Unterseeboot das Gefecht unvermittelt abbrach.«

Die deutsche Regierung gab am 31. Mai bekannt: »Eines der kürzlich von einer Unternehmung im Atlantik zurückgekehrten deutschen U-Boote versuchte am 2. Mai in der Nähe von Quessant einen etwa 3000 Tonnen großen Frachtdampfer ohne neutrale Abzeichen durch Warnungsschuß anzuhalten. Der Dampfer eröffnete darauf nach wenigen Minuten das Feuer aus einem etwa Fünf-Zentimeter-Kaliber großen Heckgeschütz. Das deutsche U-Boot konnte sich durch Ablauf mit hoher Fahrt in Sicherheit bringen. Es gelang ihm aber später nicht, an den mit Zickzack-Kursen ablaufenden Dampfer wieder heranzukommen. Am Nachmittag des nächsten Tages folgte dasselbe U-Boot einem größeren Dampfer und schoß auf große Entfernung einen Warnungsschuß, um diesen zum Stoppen zu veranlassen. Der Dampfer eröffnete darauf sofort das Feuer aus einem Geschütz von etwa 12- bis 15-Zentimeter-Kaliber und lief dem U-Boot mit hoher Fahrt fort.«

Aus einer Luftdebatte im englischen Oberhause war besonders eine neuerliche Behauptung hervorzuheben, daß England gegen Luftangriffe so gut wie unverteidigt sei. Zum Beweise dafür legte einer der edlen Lords den Brief eines Fliegeroffiziers vor, der lautete: »Heute flog ein Luftgeschwader von zwölf Flugzeugen ab, von denen nur noch drei heil sind. Bei gutem Wetter wurde der Kurs nach Dover genommen. Sofort nach der Abfahrt verlor eine Maschine einen Zylinder und mußte notlanden. Die zweite Maschine bekam einen Motordefekt und mußte eine Notlandung versuchen. Die dritte Maschine verunglückte gleichfalls durch einen Maschinendefekt. Die vierte Maschine kenterte im Sturm; ihr Schicksal kennt niemand. Drei weitere Maschinen verunglückten durch Maschinendefekt. Der Zustand von zweien der Flieger ist hoffnungslos. Die achte Maschine endlich kam wohlbehalten in Dover an, doch die Landung verdarb alles; die Maschine liegt in Stücken und unser bester Führer befindet sich im Hospital. Die übrigen vier Flugzeuge stiegen am nächsten Tage zum Fluge über den Kanal auf. Drei kamen im Hauptquartier an, einer verunglückte unterwegs.« Der Lord meinte, die Regierung würde nun vielleicht bald einsehen, was jeder Flieger längst wüßte: Der wahre Motor ist das nicht. – Wir konnten ja mit dieser Schilderung der deutschen Erfolge nur zufrieden sein.

Der Sieger konnte vom Frieden sprechen.

Im Mai 1916 – also nach zweiundzwanzig Monaten siegreichen Kampfes – gewährte der deutsche Reichskanzler von Bethmann Hollweg einem amerikanischen Pressevertreter eine hochpolitische Unterredung, in der der Vertreter des siegreichen Deutschland offen und ehrlich darlegte, daß Deutschland bereit sei, dem furchtbaren Kampf ein Ende zu machen, wenn unsere Gegner die Lage der kriegerischen Verhältnisse anerkennen wollten. Deutschland war der starke Sieger und konnte daher vom ehrlichen Frieden sprechen.

Wir können die gesamten langen Ausführungen des deutschen Kanzlers nicht abdrucken. Die Grundgedanken der Kanzlerrede stellte ein hervorragender österreichischer Politiker in folgenden Ausführungen zusammen:

Von der zuständigen Stelle wird mir folgende Interpretierung jener Teile der Unterredung des Reichskanzlers, welche Deutschlands Bereitwilligkeit zu Friedensverhandlungen betreffen, als zutreffend bestätigt:

Erstens: Sir Edward Greys (des englischen Außenministers) letzthin ausgesprochene Forderung, die Anbahnung von Friedensverhandlungen nur von einem Vermittlungsvorschlag abhängig zu machen, der der Schuld am Kriegsausbruch Rechnung trägt, lehnt Deutschland als indiskutabel ab. Einerseits ist diese Frage zur Genüge geklärt, andererseits hat der Reichskanzler die feste Ueberzeugung gewonnen, daß solche Erörterungen unter keinen Umständen ein positives Resultat ergeben können. Der Reichskanzler beabsichtigt demnach, wie er andeutete, nicht mehr auf diesen Punkt zurückzukommen.

Zweitens: Sehr energisch muß die deutsche Regierung jeden Versuch seiner Gegner ablehnen, auf dem Umweg über die Friedenskonferenz innerdeutsche Angelegenheiten in die Erörterung zu ziehen oder gar Einfluß auf sie zu nehmen.

Drittens: Deutschland ist zum Frieden bereit. Die einzige Grundlage für Verhandlungen kann aber nur die gegenwärtige Kriegslage bieten. Nur Verhandlungen – mögen sie früher oder später kommen –, die von der Basis der jeweiligen Kriegslage ausgehen, haben Aussicht auf Erfolg. Damit ergibt sich von selbst, daß sich mit der weiteren Entwicklung der Kriegslage auch die Friedensbedingungen Deutschlands entsprechend ändern.

Die Tatsache, daß der Reichskanzler bei dieser Unterredung, namentlich aber bei früheren Reden, nur vom Friedenswillen Deutschlands und von den Friedensbedingungen Deutschlands sprach, hat durchaus nichts Befremdliches. Es beweist nur, daß der Reichskanzler als rein deutscher Staatsmann sprach und weit davon entfernt war, die Rolle des Führers einer Mächtegruppe auf sich zu nehmen. Daß Deutschland mit seinen Verbündeten konform handelt, bedarf keiner Erörterung. Sofern der Reichskanzler nicht aus einem selbstverständlichen Empfinden heraus jede Erwähnung der Friedensbedingungen der Verbündeten unterließ, sollte auch der Eindruck vermieden werden, daß der Reichskanzler von einer höheren Warte aus spreche, als von der eines deutschen Ministers. Diese Tatsache ist vielleicht am bezeichnendsten für die Stellung der Verbündeten zu einander, im Gegensatz zu den Verhältnissen, wie sie bei der feindlichen Koalition herrschen.


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