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Vom Stellungskrieg in Nordfrankreich.

Der achtzehnte Kriegsmonat (Januar 1916) brachte auf dem westlichen Kriegsschauplatz nur verhältnismäßig unbedeutende Kämpfe. Das gegenseitige Artilleriefeuer dauerte an. Die Franzosen verschwendeten eine große Menge von Munition, um die deutschen Gräben zu schädigen, richteten aber dabei nur wenig aus. Wie stark sie ihre mit teurem Gelde gekaufte amerikanische Munition verfeuerten, geht daraus hervor, daß ein uns bekannter Leutnant, der mit seinem Zuge an der Aisne lag, in der ersten Januarhälfte täglich 60 bis 100 Granaten auf sein Grabenstück erhielt.

In der Nacht zum 1. Januar wurden Versuche stärkerer englischer Abteilungen, in unsere Stellung bei Frelinghem (nordöstlich von Armentières) einzudringen, vereitelt. Nordwestlich von Hulluch besetzten unsere Truppen nach erfolgreicher Sprengung den Trichter. Bei der Eroberung eines feindlichen Grabens südlich des Hartmannsweilerkopfes fielen über 200 Gefangene in unsere Hände.

Eine große Sprengung nördlich der Straße La Bassée–Béthune hatte am 2. Januar vollen Erfolg. Kampf- und Deckungsgraben des Feindes, sowie ein Verbindungsweg wurden verschüttet. Der überlebende Teil der Besatzung, der sich durch die Flucht zu retten versuchte, wurde von unserer Infanterie und von Maschinengewehren wirksam gefaßt. Ein anschließender, auf breiter Front ausgeführter Feuerüberfall überraschte die feindlichen Grabenbesatzungen, die teilweise ihr Heil in eiliger Flucht suchten. Bei der Beschießung von Lutterbach im Elsaß durch die Franzosen wurden am Neujahrstage beim Verlassen der Kirche ein junges Mädchen getötet, eine Frau und drei Kinder verwundet.

An der Front fanden in den nächsten Tagen stellenweise teilweise lebhafte Artilleriekämpfe statt. Die Stadt Lens wurde vom Feinde fortgesetzt beschossen. Nordöstlich von Le Mesnil wurde der Versuch eines feindlichen Handgranatenangriffs leicht vereitelt. (Ein gegnerischer Luftgeschwaderangriff auf Douai blieb erfolglos. Durch deutsche Kampfflieger wurden zwei englische Flugzeuge abgeschossen, das eine durch Leutnant Bölcke, der damit sein siebentes feindliches Flugzeug außer Gefecht gesetzt hatte.

Aus Flandern: Der Stadtkommandant Blankenberghe, Kapitänsleutnant Ostermann, verhört Einwohner von Blankenberghe.

Nachdem die indischen Truppen von der Westfront zurückgezogen waren, hatte der englische Oberbefehlshaber General Haig Ersatztruppen aus England gefordert. In der Begründung sagte er, daß die englische Armee an der Westfront seit dem 1. Oktober 1915 durch Verluste und Rücktransporte ein Fünftel ihrer Zahl einbüßte, wofür nur ganz geringe Ersatzabteilungen eintrafen. Die englische Front im Westen sei jedoch ausgebreitet worden, so daß es notwendig wurde, die Reservelinien der Engländer stellenweise mit französischen Truppen auszufüllen. Wenn kein Ersatz aus England komme, werde also in einem Jahre das englische Heer im Westen aufgebraucht sein.

Der deutsche Kronprinz hatte an seine wackeren Kämpfer zu Neujahr geschrieben: »Kameraden der fünften Armee! Zum zweiten Male sieht uns der Jahreswechsel im Felde in Feindesland. Das verflossene Jahr hat die Bande, die uns verknüpfen, um mich und meine Armee noch enger geschlungen. Ich weiß, was ich an euch habe. Ich weiß, daß ich mich auf euch verlassen kann, wenn, was Gott geben möge, das neue Jahr uns zur Entscheidung ruft. Nur ein Gedanke lebt dann in uns allen: Vorwärts' mit Gott für Kaiser und Reich, einer großen Zukunft entgegen. Wilhelm, Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen.«

Der französische Generalissimus hatte in einem Armeebefehl sich und seinen Soldaten wieder einmal Vorschußlorbeeren gestreut. Daß er seinen Truppen Ruhm und Sieg in Aussicht stellte, wollen wir ihm nicht verübeln. Die französischen Truppen mochten das nach den Erfahrungen des Jahres 1915 nötig haben. Denn die fürchterlichen Niederlagen, die sie uns während des vergangenen, Jahres beigebracht hatten, bestanden eben nur in Herrn Joffres überaus fruchtbarer Phantasie. Wie er diese Aufschneiderei vor seinem eigenen Gewissen und vor seinem Lande verantworten wollte, das sollte uns nicht bekümmern. Uns interessierte es nur, daß der französische Oberbefehlshaber in der Sucht, unsere Erfolge zu verkleinern, den Balkankriegsschauplatz als »nebensächlich« hinstellte. Denn den hat er doch wohl im Sinn gehabt, wenn er von den »leichten und vorübergehenden« Erfolgen sprach, die wir auf den Hauptfronten zu erringen verzichteten. Und trotzdem schickten die Bundesbrüder Truppen über Truppen nach diesem »nebensächlichen« Kriegsschauplatze und gaben sich die größte Mühe, Italiener, Griechen, Rumänen auf diesem Kriegsschauplatz wider uns mobil zu machen. Da hätte doch eigentlich Herr Joffre über unsere Erfolge am Balkan besser geschwiegen, ähnlich wie er seinen Leuten gar nichts von den Vorgängen an der russischen Front erzählte.

Der Vertreter des englischen Kriegsministeriums teilte als Antwort auf eine Anfrage wegen der Verluste in der Schlacht bei Loos mit, daß die Gesamtverluste an der Westfront zwischen 25. September und 8. Oktober 1915 sich auf 773 Offiziere tot, 1288 verwundet, 317 vermißt, sowie 10 345 Mann tot, 38 095 verwundet und 8848 vermißt beliefen. Hiernach hatten also die Gesamtverluste der Engländer in der Schlacht bei Loos 2378 Offiziere und 57 288 Mannschaften, also 59 666 Mann betragen. Das deutsche Hauptquartier hatte in seinem Bericht vom 3. Oktober 1915 die englischen Gesamtverluste auf 60 000 Mann geschätzt.

Die Gefechtstätigkeit wurde in den nächsten Tagen auf dem größten Teile der Front durch die Witterung ungünstig beeinflußt. Südlich des Hartmannsweilerkopfes wurde am 7. Januar den Franzosen durch einen überraschenden Vorstoß ein Grabenstück entrissen. Ueber 60 Jäger fielen gefangen in unsere Hand.

Einen schönen Sieg meldete der amtliche Bericht vom 9..Januar: »Südlich des Hartmannsweilerkopfes, am Hirzstein, gelang es gestern, den letzten der am 21. Dezember in Feindeshand gefallenen Gräben zurückzuerobern, dabei 20 Offiziere, 1083 Jäger gefangen zu nehmen und 15 Maschinengewehre zu erbeuten.«

Nordwestlich von Massiges in Gegend des Gehöftes Maison de Champagne führten am 10. Januar Angriffe unserer Truppen zur Wegnahme der feindlichen Beobachtungsstellen und Gräben in einer Ausdehnung von mehreren hundert Metern. 423 Franzosen, unter ihnen sieben Offiziere, ferner fünf Maschinengewehre, ein großer und sieben kleine Minenwerfer fielen in unsere Hand. Ein französischer Gegenangriff östlich des Gehöftes scheiterte. Ein deutsches Flugzeuggeschwader griff die feindlichen Etappen-Einrichtungen in Furnes an.

Aus Paris erfuhren wir, daß in Nancy eine Panik infolge einer heftigen Beschießung ausbrach. Es erfolgte ein wahrer Sturm auf die Bahnhöfe, etwa 30 000 Personen reisten ab, weshalb der Präfekt Mirman den Besuch des Präsidenten Poincaré erbat. Dadurch wurde indessen die Befürchtung der Bevölkerung nicht beseitigt. Die dritte Beschießung von Nancy richtete einen furchtbaren Materialschaden an. Die Flüchtlinge verbreiteten angeblich übertriebene Einzelheiten darüber, um ihre eigene Flucht zu beschönigen. Bezeichnend für die Verwirrung in Nancy war die Tatsache, daß der Präfekt die Verursacher der Panik in angeschlagenen Plakaten mit dem Kriegsrecht und damit zugleich die Flüchtlinge zur Rückkehr nach Nancy aufforderte, damit der patriotische Mut erhalten bleibe.

Ein von Artillerie beschossener Flieger. Die weißen Wölkchen sind platzende Schrapnells.

Feindliche Vorstöße gegen die nordwestlich von Massiges genommenen Gräben wurden am 10. Januar abgewiesen. Ein französisches mit einer 3,8-Zentimeter-Kanone ausgerüstetes Kampfflugzeug wurde bei Woumen (südlich Dixmuiden) durch Abwehrfeuer und einen Kampfflieger zur Landung gezwungen. Das Flugzeug war mit seinen Insassen unversehrt in unsere Hand gefallen. Bei Tournai wurde im Luftkampf ein englischer Doppeldecker abgeschossen.

Nordöstlich von Le Mesnil in der Champagne griffen die Franzosen am 11. Januar unsere Stellung in einer Breite von etwa 1000 Metern an. Der Angriff zerschellte. Der Feind suchte eiligst unter unserem wirksamen Feuer in seine Gräben zurück zu gelangen. Eine Wiederholung des Angriffs wurde durch unser Artilleriefeuer verhindert. In der südlichen Umwallung von Lille flog am 11. Januar früh das in einer Kasematte untergebrachte Munitionslager eines Pionierparks in die Luft. Die angrenzenden Straßen wurden natürlich in sehr erheblichem Umfange in Mitleidenschaft gezogen. Die Rettungsarbeiten hatten bis zum Abend zur Bergung von 70 toten und 40 schwerverletzten Einwohnern geführt. Die Bewohnerschaft der Stadt glaubte das Unglück auf einen englischen Anschlag zurückführen zu müssen. Die für einige Zeit aus der Nähe des Bahnhofs Soissons entfernten Rote-Kreuz-Flaggen wurden bei unserer erneuten Beschießung der Bahnanlagen wieder gehißt.

Nordöstlich von Armentières wurde am 12. Januar der Vorstoß einer stärkeren englischen Abteilung zurückgeschlagen. In den frühen Morgenstunden des 13. Januar wiederholten die Franzosen in der Champagne den Angriff nordöstlich von Le Mesnil. Sie wurden glatt abgewiesen. Ebenso scheiterte ein Angriffsversuch gegen einen Teil der von uns am 9. Januar bei dem Gehöft Maison de Champagne genommenen Gräben. Die Leutnants Bölcke und Immelmann schossen nordöstlich von Tourcoing und bei Bapaume je ein englisches Flugzeug ab. Den unerschrockenen Offizieren wurde in Anerkennung ihrer außerordentlichen Leistungen durch Seine Majestät den Kaiser der Orden Pour le Mérite verliehen. Ein drittes englisches Flugzeug wurde im Luftkampf bei Roubaix, ein viertes durch unser Abwehrfeuer bei Linsy (südwestlich von Lille) heruntergeholt. Von den acht englischen Fliegeroffizieren sind sechs tot, zwei waren verwundet.

Ein nordöstlich von Albert durch Leutnant Bölcke abgeschossenes feindliches Flugzeug fiel am 14. Januar in der englischen Linie nieder und wurde von unserer Artillerie in Brand geschossen.

Eine von Belfort kommende Persönlichkeit erklärte, daß die Verluste der Franzosen während der Kämpfe am Hartmannsweilerkopf sehr bedeutend waren. Auf französischer Seite seien mindestens 6000 Verwundete hinter die Front geschafft worden.

Ein feindlicher Monitor feuerte am 15. Januar wirkungslos in die Gegend von Westende. Die Engländer schossen in das Stadtinnere von Lille; es wurde nur geringer Sachschaden durch einen Brand festgestellt. An der Front stellenweise lebhafte Feuerkämpfe und Sprengtätigkeit. In der Stadt Lens wurden durch das feindliche Artilleriefeuer 16 Bewohner getötet und verwundet.

Eine englische Mitteilung signalisierte in der letzten Woche einen deutschen Fliegerangriff gegen Saint Omer im Departement Pas de Calais, welcher nach einer Meldung der Lyoner »Nouvelliste« gegen Boulogne sur Mer stattgefunden hatte. Zwei Tauben, die aus dem Innern des Landes kamen, überflogen die Stadt und schleuderten acht Bomben in verschiedene Stadtviertel. Alle Bomben platzten, töteten mehrere Personen und verwundeten andere schwer. Die Gewalt der Explosionen war fürchterlich. Der angerichtete Sachschaden war bedeutend.

Am 18. Januar wurde gedrahtet: »Allgemein war die Feuertätigkeit bei meist klarem Wetter gesteigert. Lens wurde wiederum lebhaft beschossen. Zwei englische Flugzeuge unterlagen bei Passchendaele und Dadizeele (Flandern) im Luftkampf. Bon den vier Insassen sind drei tot. Ein französisches Flugzeug wurde bei Medewich (Moyenvic) von einem unserer Flieger abgeschossen; Führer und Beobachter sind gefangen genommen.«

An der Yser-Front stieß eine kleine deutsche Abteilung am 18. Januar in den feindlichen Graben vor und erbeutete ein Maschinengewehr. Lebhafte beiderseitige Sprengtätigkeit auf der Front westlich Lille bis südlich der Somme. Nachts warfen feindliche Flieger Bomben auf Metz. Es wurde nur Sachschaden gemeldet. Ein feindliches Flugzeug stürzte gegen Morgen südwestlich von Thiaucourt ab; von seinen Insassen war einer tot.

Unsere Stellungen nördlich von Frelinghien wurden am 19. Januar abends von den Engländern unter Benutzung von Rauchbomben in einer Breite von einigen hundert Metern angegriffen; der Feind wurde zurückgeschlagen, er hatte starke Verluste. Feindliche Artillerie beschoß planmäßig die Kirche von Lens. Ein englischer Kampf-Doppeldecker mit zwei Maschinengewehren wurde bei Tourcoing von einem deutschen Flugzeug aus einem feindlichen Geschwader heruntergeholt. An der Yser zwang das Feuer unserer Ballonabwehrgeschütze ein feindliches Flugzeug zur Landung in der feindlichen Linie. Das Flugzeug wurde sodann durch unser Artilleriefeuer zerstört. Die militärischen Anlagen in Nancy wurden nachts von uns mit Bomben belegt.

Von einem Zeppelinbesuch über Paris. Die Einschlagstelle einer Bombe von einem »Z« über dem Tunnel der Pariser Untergrundbahn, wodurch der Tunnel bloßgelegt und zum Teil verschüttet wurde. (Nach einer englischen Darstellung.)

Der Pariser »Alsacien-Lorrain« setzte seine Klagen über die schlechte Behandlung der Elsaß-Lothringer in Frankreich fort. Viele, die aus Liebe zur alten Heimat nach Frankreich gekommen seien, habe man in ein Sammellager gesperrt und nur mit Widerstreben freigelassen. An vielen Orten behandle man sie als »Boches«, sei es, weil sie eine schlechte Aussprache hätten oder deutsche Papiere vorlegten. Die Elsaß-Lothringer hätten ein halbes Jahrhundert sich für Frankreich geopfert – sollten sie etwa jetzt die Freude und Ehre, wieder Franzosen zu sein, mit neuen Leiden bezahlen, mit Mißachtung, Herabsetzung und Härte, so daß mancher seine langjährige Treue bedauern würde?

Humorvolle Ansichten äußerte im Januar der frühere englische Minister Rosebery, indem er in einer politischen Rede sagte, nach dem Kriege würde der Handel mit den Mittelmächten so eingeschränkt werden, daß er ganz unbedeutend sein werde. Rosebery fügte hinzu, Deutschland werde zwischen der undurchdringlichen Mauer von Briten und Franzosen im Westen und dem unabsehbaren Strom von Russen im Osten zermalmt werden. Eine englische Zeitung war noch mehr von blutigem Kriegshumor erfüllt, als sie schrieb: Täglich müßten 20 000 Deutsche von den Engländern getötet werden! Wenn das so leicht in die Tat umzusetzen ginge, hätten es die Engländer wahrscheinlich schon längst versucht.

Südöstlich von Ypern zerstörten wir am 21. Januar durch eine Mine die feindlichen Grüben in einer Breite von 70 Metern. Unsere Stellungen zwischen der Mosel und den Vogesen, sowie eine Anzahl von Ortschaften hinter unserer Front wurden vom Feinde ergebnislos beschossen.

Im Hauptquartier des Kronprinzen von Bayern sahen sich Vater und Sohn wieder. Begleitet vom Kronprinzen fuhr der König täglich zu den Standorten der Truppen: er überreichte persönlich zahlreiche Auszeichnungen an Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften. In seinen Reden, die er an die Soldaten hielt, sprach er ihnen in herzlichen Worten die Anerkennung und den Dank für ihre Leistungen aus, durch die sie der Jahrhunderte alten Geschichte des bayerischen Heeres neue Ruhmesblätter angefügt hätten. »Es ist eine schwere Aufgabe,« so schloß der König eine seiner Reden, »in monatelangen Kämpfen im Stellungskriege feindliche Uebermacht abzuwehren. Aber ihr habt diese Aufgabe glänzend gelöst, und ihr werdet, das erwarte ich von euch und dessen bin ich sicher, eure Pflicht auch tun, wenn es wieder vorwärts geht. Daß der Zeitpunkt, in dem es wieder vorwärts geht, recht bald komme, das wünsche ich euch von Herzen und ich zweifle nicht, daß der Krieg, der siegreich begonnen, auch siegreich enden wird.«

Gegenüber den Landsturmbataillonen, die der König in den Etappen sah, gab er seine Freude über ihre gute militärische Haltung Ausdruck. Er wies darauf hin, daß, obschon die Aufgabe des Landsturms darin bestehe, den Rücken der kämpfenden Armee zu decken und zu sichern, sie doch auch schon wiederholt zum Kampfe gegen den Feind gerufen worden seien und daß auch diese Landsturmleute ihre Treue zum Vaterlande mit dem Leben besiegelt hätten. Er lobte ihr korrektes Verhalten gegenüber der Einwohnerschaft des Landes und mahnte sie, stets militärischer Zucht und Sitte eingedenk zu sein, damit die Bewohner des Landes mich nach ihrem Abzug nur mit Achtung von ihnen sprechen. – Von der Front begab sich der König nach Brügge, um Zeebrügge und die Küstenbefestigungen bis Ostende zu besichtigen; von da kam er nach Antwerpen. Nach der Rundfahrt durch die Stadt und den Hafen besuchte er verschiedene Sehenswürdigkeiten und nahm aus dem Fort Wavre-St. Catherine einen Vortrag des Gouverneurs über den Angriff und die Einnahme des Forts entgegen. Alsdann traf der König in Brüssel ein, von wo er die Rückreise nach München antrat.

Die amtlichen Berichte vom 23. und 24. Januar lauteten:

»Bei Neuville (nördlich von Arras) bemächtigten sich unsere Truppen nach einer erfolgreichen Minensprengung der vordersten feindlichen Stellung in einer Breite von 250 Metern; wir machten 71 Franzosen zu Gefangenen. In den Argonnen besetzten wir nach kurzem Handgranatenkampf ein feindliches Grabenstück. Militärische Anlagen östlich von Belfort wurden mit Bomben belegt.«

»Rege Artillerie- und Fliegertätigkeit auf beiden Seiten. Ein feindliches Geschwader bewarf Metz mit Bomben, von denen je eine auf das bischöfliche Wohngebäude und in einen Lazaretthof fiel; zwei Zivilpersonen wurden getötet und acht verwundet. Ein Flugzeug des Geschwaders wurde im Luftkampf abgeschossen. Die Insassen sind gefangen. Unsere Flieger bewarfen Bahnhöfe und militärische Anlagen hinter der feindlichen Front. Sie behielten dabei in einer Reihe von Luftkämpfen die Oberhand.«

In Flandern nahm unsere Artillerie am 24. Januar die feindlichen Stellungen unter kräftiges Feuer. Patrouillen, die an einzelnen Stellen in die stark zerschossenen Gräben des Gegners eindrangen, stellten große Verluste bei ihm fest, machten einige Gefangene und erbeuteten vier Minenwerfer. Der Templer-Turm und die Kathedrale von Nieuport, die dem Feinde gute Beobachtungsstellen boten, wurden umgelegt. Oestlich von Neuville griffen unsere Truppen im Anschluß an erfolgreiche Minensprengungen Teile der vordersten französischen Gräben an, erbeuteten drei Maschinengewehre und machten über hundert Gefangene. Mehrfach angesetzte feindliche Gegenangriffe gegen die genommenen Stellungen kamen über klägliche Anfänge nicht hinaus; nur einzelne beherzte Leute verließen ihren Graben; sie wurden niedergeschossen. Deutsche Flugzeuggeschwader griffen die militärischen Anlagen von Nancy und den dortigen Flughafen, sowie die Fabriken von Baccarat an. Ein französischer Doppeldecker fiel bei St. Benoit (nordwestlich von Thiaucourt) mit seinen Insassen unversehrt in unsere Hand.

Die Franzosen versuchten am 25. Januar durch eine große Zahl von Gegenangriffen die ihnen entrissenen Gräben östlich von Neuville zurückzugewinnen. Sie wurden jedesmal, mehrfach nach Handgemenge, abgewiesen. Französische Sprengungen in den Argonnen verschütteten auf einer kleinen Strecke unseren Graben. Bei Höhe 285 nordöstlich von La Chalade besetzten wir den Sprengtrichter, nachdem wir einen Angriff des Feindes zum Scheitern gebracht hatten. Marineflugzeuge griffen militärische Anlagen des Feindes bei La Panne, unsere Heeresflugzeuge die Bahnanlagen von Loos(südwestlich von Dixmuiden) und von Béthune an.

In Verbindung mit einer Beschießung unserer Stellung im Dünengelände durch die feindliche Landartillerie belegten am 26. Januar feindliche Monitore die Gegend von Westende mit ergebnislosem Feuer. Beiderseits der Straße Vimy-Neuville stürmten unsere Truppen nach vorangegangener Sprengung die französische Stellung in einer Ausdehnung von 500-600 Meter, machten einen Offizier, 52 Mann zu Gefangenen und erbeuteten ein Maschinengewehr und drei Minenwerfer. Nach fruchtlosen Gegenangriffen des Feindes entspannen sich hier und an den anderen in den letzten Tagen eroberten Gräben lebhafte Handgranatenkämpfe. Die Stadt Lens lag unter starkem feindlichem Feuer. In den Argonnen zeitweise heftige Artilleriekämpfe.

Der englische Dampfer »Appam« als S. M. S. »Appam«. Vom einem deutschen Schiffe wurde der englische Dampfer »Appam« gekapert und von einer deutschen Prisenmannschaft unter dem Kommando von Leutnant Berg in einen neutralen Hafen gebracht. S. M. S. »Appam« hatte außer der Besatzung von sechs versenkten feindlichen Schiffen auch eine Anzahl von den Engländern in Kamerun gefangener deutscher Zivilisten an Bord, die dadurch befreit wurden. (Nach einer englischen Darstellung.)

Weitere schöne Siege wurden an den nächsten beiden Tagen gemeldet. Am 28. hieß es: »In dem Frontabschnitt von Neuville wurden Handgranaten-Angriffe der Franzosen unter großen Verlusten für sie abgeschlagen. Einer unserer Sprengtrichter ist in der Hand des Feindes geblieben. Die Beute vom 26. Januar hat sich um vier Maschinengewehre und zwei Schleudermaschinen erhöht. Vielfache Beschießung von Ortschaften hinter unserer Front durch die Franzosen beantworteten wir mit Feuer auf Reims. Bei Höhe 285 nordöstlich von La Chalade besetzten unsere Truppen nach Kampf einen vom Feinde gesprengten Trichter. Ueber einen nächtlichen feindlichen Luftangriff auf die offene Stadt Freiburg liegen abschließende Meldungen noch nicht vor.«

Die »Umlegung« des Templerturmes und der Kathedrale in Nieuport war für den ganzen nächst der Küste verlaufenden Teil der deutschen Front von größter Wichtigkeit. Der Feind hatte hiermit seinen einzigen erhöhten Beobachtungsposten in diesem völlig flachen Gelände eingebüßt, für den er keinen Ersatz schaffen konnte. Der Turm der Kathedrale fiel zwar schon vor längerer Zeit, doch blieb immer noch das hochragende Dach des Kirchenschiffes, das nun auch ausgeschaltet wurde. Viel schwieriger war aber die Zerstörung des Templerturmes, der in seiner breiten Massigkeit ein Wahrzeichen der Gegend bildete. Seine Zerstörung wollte nicht gelingen, da das vielhundertjährige, sieben Meter dicke Mauerwerk wie massiver Fels widerstand. Nur einige große Trümmer an den Kanten waren ihm bisher auszubrechen gewesen. Nun war auch dieser historische Bau harter militärischer Notwendigkeit durch ein technisches Meisterwerk zum Opfer gefallen.

Am 29. Januar lautete die amtliche Depesche: »Nordwestlich des Gehöftes La Folie (nordöstlich von Neuville) stürmten unsere Truppen die feindlichen Gräben in 1500 Metern Ausdehnung, brachten 237 Gefangene, darunter einen Offizier, sowie neun Maschinengewehre ein. Vor der kürzlich genommenen Stellung bei Neuville brachen wiederholte französische Angriffe zusammen, jedoch gelang es dem Feinde, einen zweiten Sprengtrichter zu besetzen. Im Westteil von St. Laurent (bei Arras) wurde den Franzosen eine Häusergruppe im Sturm entrissen. Südlich der Somme eroberten wir das Dorf Frise und etwa 1000 Meter der südlich anschließenden Stellung. Die Franzosen ließen unverwundet 12 Offiziere, 927 Mann, sowie 13 Maschinengewehre und vier Minenwerfer in unserer Hand. Weiter südlich bei Lihons drang eine Erkundungsabteilung bis in die zweite feindliche Linie vor, machte einige Gefangene und kehrte ohne Verluste in ihre Stellung zurück. In der Champagne lebhafte Artillerie- und Minenkämpfe. Auf der Combres-Höhe richtete eine französische Sprengung nur geringen Schaden an unserem vordersten Graben an. Unter beträchtlichen Verlusten mußte sich der Feind nach einem Versuch, den Trichter zu besetzen, zurückziehen. Bei Apremont (östlich der Maas) wurde ein feindliches Flugzeug durch unsere Abwehrgeschütze heruntergeholt; der Führer ist tot, der Beobachter schwer verletzt. Der Luftangriff auf Freiburg in der Nacht zum 28. Januar hat nur geringen Schaden verursacht. Ein Soldat und zwei Zivilisten sind verletzt.«

An und südlich der Straße Vimy–Neuville dauerten am 30. Januar die Kämpfe um den Besitz der von uns genommenen Stellung an. Ein französischer Angriff wurde abgeschlagen. Die südlich der Somme eroberte Stellung hatte eine Ausdehnung von 3500 Metern und eine Tiefe von 1000 Metern. Im ganzen fielen dort 17 Offiziere, 1270 Mann, darunter einige Engländer, in unsere Hand. Die Franzosen versuchten nur einen schwachen Gegenangriff, der leicht abgewiesen wurde. In der Champagne kam es zeitweise zu lebhaften Artilleriekämpfen. Auf der übrigen Front wurde die Feuertätigkeit durch unsichtiges Wetter beeinträchtigt. Gegen Abend eröffneten bei klarer Sicht die Franzosen lebhaftes Feuer gegen unsere Front östlich von Pont-à-Mousson. Das Vorgehen feindlicher Infanterie-Abteilungen wurde vereitelt.

Am 31. Januar wurden unsere neuen Gräben in der Gegend von Neuville gegen französische Wiedereroberungsversuche behauptet. Die Zahl der nordwestlich des Gehöftes La Folie gemachten Gefangenen erhöhte sich auf 318 Mann, die Beute auf elf Maschinengewehre. Gegen die am 28. Januar südlich der Somme von schlesischen Truppen genommene Stellung richteten die Franzosen mehrfache Feuerüberfälle. Allgemein litt die Gefechtstätigkeit unter dem nebligen Wetter. In Erwiderung des Bombenabwurfs französischer Luftfahrzeuge auf die offene, außerhalb des Operationsgebietes liegende Stadt Freiburg hatten unsere Luftschiffe in den beiden letzten Nächten die Festung Paris mit anscheinend befriedigendem Erfolge angegriffen.

In der Gegend um Neuville nördlich Arras konnten wir wiederum in glücklichem Vorstoß dem Feinde Gelände entreißen; nordwestlich von La Folie (an der Straße Vimy–Neuville) wurden die feindlichen Gräben in einer Ausdehnung von 1500 Metern gestürmt; der Feind verlor auch eine beträchtliche Anzahl von Gefangenen. Feindliche Gegenangriffe, die sich auch gegen die unlängst eroberten Stellungen bei Neuville richteten, blieben im wesentlichen ohne Erfolg. In der unmittelbaren Nähe von Arras konnten wir einige Häuser des Dorfes St. Laurent stürmen. Noch beträchtlichere Erfolge konnten wir freilich in einem Abschnitt ernten, in dem es schon seit vielen Monaten verhältnismäßig ruhig herging, in dem Gelände südlich der Somme. Hier stießen wir unmittelbar südlich des Flusses westlich Péronne vor und warfen die Feinde in 3½ Kilometer Frontbreite um einen Kilometer zurück. Das zur Verteidigung eingerichtete Dorf Frise wurde von uns gestürmt und nahezu 1300 Mann gefangen genommen. Unter ihnen auch einige Engländer, die wir damit auch in diesem von der ehemaligen englischen Front recht weit südlich gelegenen Abschnitt festgestellt hatten. Noch weiter südlich bei Lihons (nördlich der Straße Amiens–Nesle–La Fére) drangen kecke Erkundungs-Abteilungen der Unseren bis in die zweite feindliche Grabenlinie vor und verließen sie nur unter Mitnahme einiger Gefangenen. Was der Feind an den anderen Frontabschnitten unternahm, war, an der Kraft dieser kühnen Angriffsstöße gemessen, sehr wenig eindrucksvoll. Ziemlich wenig ergiebige Sprengungen auf der Combres-Höhe (südöstlich Verdun), ein schon im Keime erstickter Angriffsversuch östlich Pont-à-Monsson – das war alles, was von jener Seite, abgesehen von Gegenangriffen, zu melden war. Gewiß, es handelte sich auch auf unserer Seite nur um örtliche Vorstöße, »Frontverbesserungen«.

Leutnant Berg, der vielgenannte Führer der »Appam«. Leutnant Berg ist in Schönberg, Kreis Apenrade geboren. Seiner Militärpflicht genügte er als Einjährig-Freiwilliger. Er ging als Obermatrose ab. Als er zum Kriegsanfang eingezogen wurde, nahm er an einem Offizierkursus teil und wurde zum Leutnant befördert.

In der Nacht zum 31. Januar versuchten kleine englische Abteilungen einen Handstreich gegen unsere Stellungen westlich von Messimes. Sie wurden sämtlich zurückgeworfen, nachdem es ihnen an einer Stelle vorübergehend gelungen war, in unseren Graben einzudringen. Bei Fricourt (östlich von Albert) hinderten wir durch Feuer den Feind an der Besetzung eines von ihm gesprengten Trichters. Nördlich davon drangen deutsche Patrouillen bis in die englische Stellung vor und kehrten mit einigen Gefangenen ohne eigene Verluste zurück. Südlich der Somme verloren die Franzosen im Handgranatenkampf noch weiteren Boden.

Die Gesamtkriegsbeute der Mittelmächte.

Es betrug die Beute der Mittelmächte in den bisherigen siebzehn Kriegsmonaten: 470 000 Geviertkilometer feindlichen Gebietes, fast drei Millionen Kriegsgefangene, 10 000 Geschütze und 40 000 Maschinengewehre, abgesehen von dem sonstigen Kriegsmaterial.


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